Die Probleme beim schwedischen Batteriehersteller Northvolt haben möglicherweise auch Auswirkungen auf den Bau und den Start der Fabrik im schleswig-holsteinischen Heide. Northvolt-Chef Peter Carlsson sagte nach einem Bericht der „Financial Times“, der Ausbau geplanter Fabriken in Deutschland, Kanada und Schweden könne sich verzögern. Im Gespräch mit der schwedischen Zeitung „Dagens Industri“ sagte Carlsson: „Wir waren in unseren Expansionsplänen ein wenig zu aggressiv, und das überprüfen wir jetzt.“ Die Bauarbeiten für die geplante „Gigafactory“ in Heide hatten offiziell im März 2024 begonnen.
Ministerium: „Keine Konsequenzen“
Der Bau der Fabrik in Heide wird von der Bundesregierung mit 564 Mio. Euro gefördert, vom Land Schleswig-Holstein kommen noch einmal 136 Mio. Euro hinzu. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte auf Anfrage von Capital, die Auszahlung der Gelder erfolge wie üblich „mit dem Projektfortschritt“. Das Unternehmen sei „mit Northvolt in engem Austausch“. „Wir sehen vor diesem Hintergrund keine Konsequenzen für den Standort Heide“, so die Sprecherin.
Eine mögliche Verzögerung bei Northvolt würde zu einer weiteren Belastung für eines der größten Prestigeprojekte der europäischen Industrie. Zu den Anteilseignern bei Northvolt gehören Volkswagen, Goldman Sachs und BMW. Vor allem die deutschen Autobauer erhoffen sich von den Schweden Zugang zu einem eigenen europäischen Batterielieferanten, um weniger abhängig von asiatischen Anbietern zu sein. Zudem wirbt Northvolt damit, die Produktion ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien zu betreiben – ein wichtiges Argument angesichts des Drucks zur Klimaneutralität. BMW hatte allerdings Mitte Juni einen Großauftrag mit Northvolt im Volumen von gut 2 Mrd. Euro ohne Angabe von Gründen storniert.
Unglücksfälle in einem Northvolt-Werk
Bei Northvolt häufen sich damit die Probleme. Nach Medienberichten läuft die Produktion im schwedischen Stammwerk in Skellefteå nur äußerst zögerlich an. Die Produktion wird außerdem von zahlreichen Unglücksfällen begleitet. Die schwedische Tageszeitung „Dagens Nyheter“ berichtete von mindestens 26 schweren Unfällen. Unter anderem sei ein 25-jähriger Mann nach einer Explosion zu Tode gekommen.
In Reaktion auf die Vorwürfe sagte Carlsson zu „Dagens Industri“, der „Gedanke, dass es gefährlich sein könnte, bei Northvolt zu arbeiten“, sei ihm fremd. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein sicherer und geschützter Arbeitsplatz sind“, so Carlsson, der einst als Verantwortlicher für Beschaffung und Logistik beim kalifornischen Autobauer Tesla gearbeitet hatte. Northvolt ist ursprünglich eines der Projekte der schwedischen Firmenschmiede Vargas, die seit Jahren gezielt in den Ausbau grüner Technologien investiert. Eine Vargas-Sprecherin wollte sich nicht zu den Problemen bei Northvolt äußern und sagte man verweise derzeit alle Anfragen an den schwedischen Batteriehersteller.
Für die großen europäischen Autohersteller gilt ein eigener Batterielieferant als wichtiger Faktor. Batterien machen in Elektroautos einen großen Anteil an der Wertschöpfung aus und kommen derzeit fast ausschließlich von asiatischen Herstellern. In der Branche heißt es, Northvolt stoße nicht nur auf Anlaufschwierigkeiten bei der eigenen Fertigung, sondern kämpfe auch mit den Überkapazitäten auf dem Weltmarkt – die es schwerer machen, zu wettbewerbsfähigen Preisen Batterien anzubieten. Auch dieser Umstand könnte den Ausbau bremsen, mit möglichen Kosequenzen.
Die Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums wies darauf hin, dass die Förderung des Bundes auch an die Bedingung geknüpft ist, dass „während des Aufbaus zu bestimmten Zeitpunkten eine bestimmte Produktionskapazität sowie ein bestimmter Beschäftigungsstand erreicht werden müssen“.