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E-Commerce Onlinehändlern droht der „perfekte Sturm” zum Black Friday

Eine Frau steht mit einer Zalando-Tüte auf einer Einkaufsstraße
Die Geschäfte laufen nicht mehr rund bei Zalando und anderen Online-Händlern
© IMAGO / Michael Gstettenbauer
Onlinehändler wie Zalando und About You kämpfen mit steigenden Kosten, verhaltener Kauflaune und mageren Geschäftszahlen. Brancheninsider rechnen dennoch mit einer historischen Rabattschlacht rund um den Black Friday

Bei Europas größtem Online-Modehändler Zalando ist die Corona-Euphorie längst verflogen. Die Kunden bestellen weniger, der Wachstumsmotor stottert und der Aktienkurs ist im Keller. „Das Jahr ist weiterhin herausfordernd“, sagte Unternehmenschef Robert Gentz am Donnerstag bei der Vorstellung der aktuellen Geschäftszahlen. Nicht nur für Zalando.

Nach den Höhenflügen der vergangen zwei Jahren geht es der E-Commerce-Branche so schlecht wie lange nicht mehr. Vor der wichtigsten Shoppingsaison des Jahres - dem Black Friday am 25. November 2022 und dem anschließenden Weihnachtsgeschäft – schlagen Branchenbeobachter nun Alarm.

„Im Onlinehandel braut sich ein perfekter Sturm zusammen“, sagt Alexander Graf, Gründer der E-Commerce-Software Spryker und Gastgeber des Handelspodcasts „Kassenzone“. In der Branche entfalte sich gerade ein systemisches Insolvenzrisiko, das in den kommenden Monaten zu einer Marktbereinigung führen werde. Ähnlich düster fällt auch der Ausblick der Unternehmensberatung McKinsey aus. „2023 wird eine große Herausforderung für die Branche“, sagt Achim Berg, Senior Partner und Analyst für die Modeindustrie bei McKinsey.

Doch woran liegt das? Und was bedeutet die Krise für das traditionell wichtige Weihnachtsgeschäft?

Schwierige Marktlage trifft Fashion besonders hart

Inflation, steigende Energiepreise und die generelle Unsicherheit im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine drücken aktuell auf die Konsumlaune in nahezu allen Segmenten. Die Modeindustrie trifft das besonders hart, denn angesichts der vollen Kleiderschränke ist Fashion traditionell eine der ersten Posten, bei denen Verbraucher sparen. Das zeigt sich auch in den Marktdaten des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh). Im Segment Bekleidung gingen die Umsätze im dritten Quartal um 15 Prozent zurück. Bei Schuhen war es sogar 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Rezession schlägt sich vor allem in schrumpfenden Warenkörben, vielen Retouren und steigenden Logistikkosten nieder. Zalando musste zum Jahresanfang den ersten Umsatzrückgang in seiner Geschichte verkraften, konnte den Abwärtstrend zuletzt aber wieder stoppen. Anderen Wettbewerbern geht es noch schlechter. Der Hamburger Zalando-Konkurrent About You verzeichnete jüngst sogar ein Minus von rund 43 Mio. Euro. Auch der britische Konkurrent Asos rutsche zuletzt in die roten Zahlen.

Corona-Euphorie rächt sich jetzt

Der Konsumschock hat den Handel nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine kalt erwischt. „Alle haben in der Erwartung eines starken Jahres kräftig eingekauft“, sagt McKinsey-Analyst Berg. Teilweise auch schon für die Herbst- und Wintersaison. Den vollen Lagern stehe nun eine schwache Nachfrage gegenüber.

Die Fehlkalkulation trifft die Onlinehändler noch stärker als die Offline-Konkurrenz. Denn sie haben nach dem Digitalschub aus den Jahren 2020/21 kräftig in neue Kapazitäten investiert, die sie jetzt nicht brauchen. Zalando hat beispielsweise laut der eigenen Webseite vier neue Logistikzentren in Planung. Der Hamburger Konkurrent About You hat seit 2020 ebenfalls drei neue Lager eröffnet, ein viertes befindet sich gerade im Bau. Nun bleiben die Unternehmen auf den hohen Investitionen sitzen.

Gefährliche Preisschlacht zum Black Friday

Die Krise trifft sie zudem gleich doppelt. Die vollen Lager zwingen die Händler zu Preisnachlässen, gleichzeitig steigen die Einkaufspreise für neue Ware. „Langfristig wird das zum Problem“, kommentiert McKinsey-Experte Berg. Vor der wichtigsten Shoppingsaison des Jahres stünden die Onlinehändler nun mächtig unter Druck.

„Die Rabatte werden dieses Jahr zum Black Friday noch höher ausfallen, allerdings geht das zu Lasten der ohnehin schon minimalen Marge“, prognostiziert auch E-Commerce-Experte Alexander Graf. Die Rabattschlacht könne womöglich sogar bis Weihnachten anhalten.

Die große Frage ist, ob die Preisabschläge tatsächlich den erhofften Umsatz-Boost auslösen. Die Branchenbeobachter Graf und Berg sind nur verhalten optimistisch. Und auch beim Handelsriesen Zalando hat man offenbar Zweifel. „Angesichts des Drucks auf die Geldbeutel der Konsumenten und eines zunehmenden Werbeumfelds erwarten wir einen geringeren Wachstumsimpuls als in den Vorjahren“, sagte Zalando-Finanzchefin Sandra Dembeck diese Woche bei der Quartalspräsentation. Heißt im Klartext: Die Mode-Plattform wird bei der Rabattschlacht mitmachen, obwohl sich das eigentlich kaum noch rechnet.

Abschied von „Der Kunde ist König“

Vor allem den kleineren Playern droht angesichts der schwierigen Marktlage ein Insolvenzrisiko. Um in dem gnadenlosen Marktumfeld zu bestehen, schalten die Unternehmen jetzt aus dem Wachstumsmodus auf Effizienz um.

Die Folge ist ein Abschied vom lang gepriesenen Mantra „Der Kunde ist König“, selbst bei den Branchenriesen. So führte Zalando-Chef Robert Gentz im Sommer einen Mindestbestellwert für Gratis-Lieferungen ein. In normalen Zeiten wäre eine solche Maßnahme wohl undenkbar gewesen. „Solche Tabubrüche werden wir jetzt häufiger sehen. Der Wachstumswettbewerb wird jetzt zu einem Profitwettbewerb – und dort gelten andere Regeln“, sagt E-Commerce-Experte Graf.

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