Die Ukraine-Krise und die deutsche Abhängigkeit von russischem Erdgas werfen ein Schlaglicht auf die dominante Stellung der Russischen Föderation als Rohstofflieferant. Tatsächlich gehört Russland auch zu den drei führenden erdölexportierenden Nationen, nach Marktführer USA und Saudi-Arabien. Erdöl, Erdgas und mineralische Rohstoffe fallen zusammen mit mehr als der Hälfte aller Exporterlöse ins Gewicht, die 2020 ein Volumen von 337 Mrd. Dollar erreichten. Sie sind auch die Haupteinnahmequelle des Staates.
Der bekam auch den starken Rückgang der Erlöse in der Coronakrise zu spüren. Der Außenhandel litt 2020 stark – vor allem unter dem dramatischen Preisverfall für Erdöl und andere wichtige Exportrohstoffe. Ihr Ausfuhrwert lag um 21 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ähnlich rasant zog das Außenhandelsgeschäft 2021 aber wieder an. Die Exporterlöse kletterten unter dem Strich in den ersten neun Monaten um 42 Prozent. Auch dafür waren hauptsächlich der Öl- und Gasexport verantwortlich. Er hat inzwischen das Vorkrisenniveau überschritten.
Russland bemüht sich, den Außenhandel zu diversifizieren
Moskau ist sehr darum bemüht, den Außenhandel zu diversifizieren. Um Russlands Stellung in der internationalen Wertschöpfungskette zu verbessern, wurde das Ziel ausgegeben, die Nicht-Rohstoff-Ausfuhren bis ins Jahr 2024 auf 250 Mrd. Dollar zu steigern. Zwar spielt die Russische Föderation schon heute in anderen Produktgruppen unter den Top-Ten-Ausfuhrländern mit. Und die Ausfuhren von Lebensmitteln und Elektrotechnik konnten von 2015 bis 2020 um je 70 und 40 Prozent gesteigert werden – mit starken Zuwachsraten auch für IT-Unternehmen. Doch ehrgeizig erscheint das Ziel allemal.
Trotz aller politischen Verwerfungen bleibt die EU ein wichtiger Handelspartner: Mit den Mitgliedsstaaten erwirtschaftet Russland etwa die Hälfte seines Außenhandelsumsatzes. Die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) erweist sich noch nicht als Zugpferd. Ihr Anteil der EAWU an den Exporten lag 2018 bei zehn Prozent. Haupthandelspartner ist China, mit dem 2021 ein neues historisches Hoch erwartet wird. Beide Länder wollen den Austausch von Gütern und Dienstleistungen bis 2024 auf 200 Mrd. Dollar steigern.
Einen Mix aus allen führenden Außenhandelsprodukten nimmt beispielsweise Vietnam ab, mit dem ein Freihandelsabkommen besteht. Dies ist die Rangliste von Russlands wichtigsten Ausfuhrgütern nach Handelskategorien:
Die zehn wichtigsten Exportgüter Russlands

Eine Kupferschmelze in der russischen Region Tscheljabinsk. Mit einem Anteil von unter zwei Prozent am Exportaufkommen und Erlösen in Höhe von 5,65 Mrd. Dollar 2020 ist Kupfer das Schlusslicht unter den zehn führenden Güterklassen von Russlands Ausfuhren – doch steigt seine Bedeutung für unzählige Zukunftstechnologien. Für raffiniertes Kupfer und Kupferlegierungen in Rohform sind die Volksrepublik China und die Niederlande mit je 1,8 und 1,7 Mrd. Dollar die Hauptabnehmer, gefolgt von Kuwait (650 Mio.), Deutschland (390 Mio.) und der Türkei (378 Mio.). Unter den Lieferländern kommt Russland weltweit auf Platz acht.

Mit Herstellern wie Uralkali, der in der Region Perm große Förderstätten unterhält, oder PhosAgro, der von modernen Verladeterminals in Leningrad verschifft, ist Russland Weltmarktführer von Düngemitteln – noch vor China und Kanada. Das neuntwichtigste Gut im Außenhandel brachte 2020 einen Wert von knapp 7 Mrd. Dollar ein. Der größte Abnehmer ist Brasilien mit einem Volumen von knapp 1,4 Mrd. Dollar, gefolgt von Estland, China, Indien und den USA mit je knapp 500 Mio. Dollar Importwert.

Für Russland an achter Stelle steht mit 8,2 Mrd. Dollar die Ausfuhr von Holz und Holzprodukten, wie hier Sperrholz von der Holding Segezha. Moskau hat mit Beschränkungen einen Streit angezettelt, den die EU nun vor die Welthandelsorganisation bringt. Für Industriebetriebe in der EU, die auf russisches Holz angewiesen sind, wird erheblicher Schaden befürchtet – und große Unsicherheit auf dem Weltmarkt. Russland erhöht Ausfuhrzölle und verringert Grenzübergangsstellen von mehr als 30 auf noch eine: in Finnland. Finnland folgt mit Usbekistan, Japan und Deutschland (Importwert 330 Mio. Dollar) auf den Hauptabnehmer China, der mit 3 Mrd. Dollar den Löwenanteil kauft.

Für Maschinen bleibt Deutschland – dicht gefolgt von China – Weltmarktführer. Doch auch für Russland sind Maschinen und Anlagen mit Erlösen von 7,3 Mrd. Dollar bedeutendes Exportgut. Insbesondere Turbojets, Triebwerke – wie im Bild von Perm Engines – oder Turbinen aller Art, inklusive für Windräder, brachten 2 Mrd. Dollar ein. Nicht zu vernachlässigen ist zudem russische Kernreaktortechnik, die weltweit führend ist (38 Prozent Marktanteil) und zuletzt knapp 870 Mio. Dollar einspielte – gefolgt von Schweden und den USA. Zu dem Maschinensegment gehören auch Fabrik- und Laboranlagen oder Land- und Erntemaschinen.

Russand exportiert bei weitem die weltweit größte Menge an Weizen und nimmt bei Gerste Platz 3, bei Mais Rang 7 ein. Die nächstgrößten Weizenlieferanten sind die USA und Kanada. Bei Getreide insgesamt liegt Russland an dritter Stelle nach den USA und der Ukraine. Es spielt Erlöse von 11 Mrd. Dollar ein und macht dabei knapp drei Prozent aller Exporte aus. Die Erntemengen von Getreide sind in China (130 Mio. Tonnen) und Indien (knapp 100 Mio. Tonnen) höher, dort ist der Eigenverbrauch aber höher. Alle Agrarexporte Russlands beliefen sich 2021 auf 36 Mrd. Dollar, schätzt das Landwirtschaftsministerium. Auf Getreide folgen dabei Öle und Fette (7,1 Mrd.) und Fisch (5,9 Mrd.).

Die Förderanlage der Kirow-Kohlegrube gehört zur Siberian Coal Energy Company, dem größten russischen Kohlelieferanten. Mit Ausfuhren im Wert von 12,4 Mrd. Dollar ist Russland drittgrößter Kohleexporteur der Welt – nach Australien und Indonesien. Das Land ist nach den USA Heimstätte der zweitgrößten Kohlereserven der Welt und laut Internationaler Energieagentur sechstgrößter Produzent nach China, Indien, USA, Australien und Indonesien. Über die Hälfte seiner Kohle exportiert Russland nach Asien (vor allem China, Südkorea und Japan), rund 30 Prozent nach Europa.

Auch ein klassischer Industriesektor, der sich aus dem Rohstoffreichtum des weltgrößten Flächenlands entwickelt hat: Russlands viertwichtigste Exportprodukte sind aus Eisen und Stahl, wie hier Rolldraht aus dem Elektrostahlwerk von Abinsk. Die Güterklasse erzielte 2020 ein Volumen von 16 Mrd. Dollar – nach einem Rekordwert von mehr als 23 Mrd. zwei Jahre davor. Russland belegt damit im Welthandel international Rang fünf mit einem Marktanteil von fast sieben Prozent. Es folgt dabei auf China, Japan, Deutschland und Südkorea.

Ein im Freihafen von Wladiwostock geschnittener und geschliffener Diamant. Russland nimmt bei Edelsteinen und Metallen mit einem Exportvolumen von 30 Mrd. Dollar im Jahr 2020 international Platz sechs ein. Davon entfielen nach Branchenangaben etwa 3,7 Mrd. Dollar auf Rohdiamanten (2018). Für sie ist Russland mit einem Weltmarktanteil von knapp 30 Prozent zwar erstes Förderland, aber nur viertgrößter Lieferant – nach Belgien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Botswana. Auch bei Gold- und Silbererzen liegt Russland als Förderer (nach China und Australien) auf Platz drei und vier, rangiert aber nicht unter den Top-5- Exportländern. Bei Aluminium erzielte Russland einen Exportwert von knapp 5,5 Mrd. Dollar und liegt damit auf Platz sechs der von China und Deutschland angeführten Exportliga.

Russland nimmt nach den USA zwar nur noch Platz zwei der führenden Erdgasproduzenten ein, es ist aber als Exportland von Erdgas mit einem Weltmarktanteil von knapp 20 Prozent deutlich in der Führung – gemessen am Ausfuhrwert des gasförmigen oder flüssigen Energielieferanten. Australien und Katar folgen auf den Rängen zwei und drei. Zusammen stellen Erdgas und Mineralöl einen Exportanteil von annähernd 50 Prozent. Ein Fünftel des Gasexports entfällt auf Flüssiggas, das über Terminals wie in Sachalin (im Bild) verladen wird. Moskau will die Infrastruktur für Flüssiggasexporte – auch aus der Arktis – forciert ausbauen, um sich unabhängiger von dem Pipeline-Netz nach Europa zu machen.

In der Region Murmansk entsteht eine Werft zum Bau von Offshore-Anlagen für Öl und Gas. Die beiden Energieträger schenkten dem russischen Staat im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich 43 Prozent seiner Einnahmen. Russland ist weltweit der drittgrößte Erdölproduzent nach den USA und Saudi-Arabien und führender Exporteur mit etwa fünf Millionen Barrel pro Tag im Krisenjahr 2020. Die Ausfuhrerlöse aus fossilen Brennstoffen brachen in dem Jahr von 220 Mrd. Dollar 2019 auf 142 Mrd. Dollar ein – davon Erdöl von 121 Mrd. Dollar auf 72,5 Mrd. Dollar. Russlands größter Ölmarkt ist Europa. Sanktionen des Westens nach der Einnahme der Krim richten sich vor allem auf die Erschließung neuer Vorkommen in der Arktis.