Der Ukraine-Krieg kommt zunehmend in deutschen Supermärkten an. Zahlreiche Einzelhändler haben, nach etlichen Preiserhöhungen in den vergangenen Wochen, eine weitere Preisrunde angekündigt – darunter große Ketten wie Edeka oder Globus. Bei Aldi steigen die Preise etwa ab Montag, dieses Mal bei 20 Artikeln. Schon vor zwei Wochen hatte der Discounter 160 Produkte verteuert. Experten rechnen mittlerweile branchenweit mit Zuwächsen im zweistelligen Prozentbereich.
„Und es wird erst einmal keine anhaltende Abwärtsbewegung mehr bei den Preisen geben“, sagt etwa Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE). Doch: Was sind die Gründe, und: Welche Produkte sind besonders betroffen? Fünf Fragen und Antworten.
Warum steigen die Preise aktuell so stark?
Vor allem Weizen, Futtermittel und Energie sind seit Kriegsausbruch teurer geworden. Dazu kommen höhere Logistikkosten durch steigende Dieselpreise und Kosten für den Aufbau neuer Lieferketten – sowie für den Abbruch alter Beziehungen nach Russland. Die Kosten steigen entsprechend auf breiter Front, was auch die Einzelhändler merken. „Solche Sprünge bei den Einkaufspreisen haben wir noch nicht erlebt“, sagt etwa Florian Scholbeck, Kommunikationschef von Aldi Nord.
Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass die Lebensmittelpreise schon vor Kriegsausbruch deutlich gestiegen sind – allein im Dezember um 22 Prozent. „Diese Entwicklung war im Wesentlichen durch die Angebots- und Nachfragesituation getrieben“, erklärt HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Das Ifo-Institut prognostizierte schon vor Wochen für Lebensmittel sieben Prozent Preissteigerungen in 2022 – und diese Vorhersage gaben die Ökonomen zehn Tage vor Kriegsbeginn ab. Mittlerweile liegen die Schätzungen deutlich zweistellig.
Welche Produkte sind besonders betroffen?
Der Discounter Aldi kündigte Preiserhöhungen für Fleisch, Wurst und Butter an. Auch Kaffee, Backwaren und Tiefkühlprodukte sind betroffen. Nach Informationen der Funke-Mediengruppe werden die Artikel ab Montag zwischen 20 und 50 Prozent teurer. Branchenweit sind vor allem Agrarprodukte betroffen. Weil Futter für die Tiere fehlt, werden aktuell weniger Rinder, Schweine oder Geflügel aufgezogen. Das zeigt sich auch gesamtwirtschaftlich: Unternehmen drosseln ihre Produktion aufgrund der Unsicherheiten, so dass weniger Angebot auf die vorhandene Nachfrage trifft. Das treibt die Preise.
Worauf müssen sich Verbraucher einstellen?
Neben den steigenden Preisen kann es zu vorübergehenden Engpässen durch Hamsterkäufe kommen – aktuell etwa bei Speiseöl und Mehl. Grundsätzliche Versorgungsengpässe drohen aber nicht. Die Versorgung ist für mindestens ein Jahr gesichert, sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied: „Über diesen Zeithorizont hinaus ist eine Prognose aber schwierig.“
Bleiben die Preise auf dem hohen Niveau?
Das hängt maßgeblich vom weiteren Verlauf des Krieges ab – „aber auch von der Pandemie, sowie saisonalen und regionalen Faktoren“, erklärt Genth. Studien über den deutschen Lebensmittelmarkt zeigen, dass vor allem teure Produkte nach Preiserhöhungen nicht wieder günstiger werden. Oder umgekehrt: Je günstiger das Produkt, desto flexibler sind die Preise.
Gibt es denn gar kein Mittel gegen die steigenden Preise?
Die Politik hat bereits zwei Entlastungspakete auf den Weg gebracht, die vor allem bei den hohen Energiepreisen ansetzen. Allerdings kämen bisher ebenso betroffene Unternehmen zu kurz, kritisieren Wirtschaftsverbände wie der HDE. „Wir brauchen die temporäre Einführung eines vergünstigten Gewerbediesels für die Logistik, die deutliche Absenkung der Stromsteuer und die befristete Aussetzung des CO2-Emmissionshandels“, meint etwa Hauptgeschäftsführer Genth. Der Bauernverband fordert darüber hinaus die Freigabe von ökologischen Vorrangflächen und eine Düngemittelreserve für das Frühjahr 2023, um den weiteren Anstieg der Lebensmittelpreise zu bremsen.