Anzeige

Arbeitsmarkt In welchen Branchen neue Jobs entstehen und wo Stellen wegfallen

Kinder mit Lehrerin während eines Werkunterrichtes in einer Schule
Im Erziehungsbereich werden noch Mitarbeiter gesucht, andere Branchen entlassen Arbeitskräfte
© dpa | Waltraud Grubitzsch / Picture Alliance
Die deutsche Wirtschaft kriselt, besonders in der Industrie gehen jeden Monat tausende Jobs verloren. Doch es gibt Ausnahmen

Gute Nachrichten zum Arbeitsmarkt sind zum Jahreswechsel gewöhnlich nicht zu erwarten. Winterbedingt steigt die Zahl der Arbeitslosen meist an. So lag die Quote mit sechs Prozent im Dezember wenig überraschend leicht über dem Vormonat (+ 0,1 Prozentpunkte). Doch auch im Jahresdurchschnitt registrierte die Bundesagentur für Arbeit wie schon für 2023 einen Zuwachs bei der Arbeitslosenquote (+ 0,3 Prozentpunkte).

Zwar behauptete sich der Arbeitsmarkt damit „alles in allem weiterhin“, wie die Jobvermittler jüngst mitteilte, doch die wirtschaftlichen Probleme sind nicht wegzureden. „Die Industrie befindet sich in der Krise. Sie verliert derzeit mehr als 10.000 Jobs pro Monat“, sagte Arbeitsmarktexperte Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung auf Anfrage von Capital. Der Forscher blickt mit Sorge auf die Transformation, wo wenig Neues entstehe: „Noch nie lagen die Betriebsgründungen in der Industrie so niedrig, die Meldung neuer Stellen ist auf dem Tiefpunkt, die Investitionen sinken seit Jahren.“  

Verarbeitende Industrie verliert fast 100.000 Jobs

Meldungen über geplante Sparprogramme von Unternehmen wie VW, BASF oder Thyssenkrupp machten zuletzt sichtbar, in welchen Bereichen künftig Jobs wegfallen könnten. Arbeitsmarktexperte Weber sieht vor allem Arbeitsplätze in kleineren Industriebetrieben mit weniger als 100 Mitarbeitenden gefährdet. Dort sei die Beschäftigung im Vorjahresvergleich um zwei Prozent zurückgegangen.

Das spiegelt sich auch in den jüngsten Branchendaten der Arbeitsagentur, die stets mit einem Nachlauf von zwei Monaten veröffentlicht werden. Den größten Rückgang gab es demnach im verarbeitenden Gewerbe, worunter beispielsweise Jobs bei Chemie-, Metall- oder Stahlunternehmen fallen. Dort gab es allein im Oktober rund 94.000 Jobs weniger als noch im Vormonat. Auch die Bauwirtschaft trifft es hart: 30.000 weniger Jobs gab es dort zu verzeichnen. Die Branche leidet unter hohen Zinsen und Materialkosten.

Zurückgefahren wurde zudem der Einsatz von Zeitarbeit. So wurden Betrieben im Oktober rund 72.000 weniger Arbeitskräfte überlassen als noch im November. Auf Jahressicht ist der Abwärtstrend sogar noch deutlicher: „Die Beschäftigung ist bereits um fast 20 Prozent gesunken“, so Weber weiter. Die Entwicklung trifft besonders Langzeitarbeitslose. Diese haben es nun häufig noch schwerer, eine neue Stelle zu finden.

Viele Jobs in Pflege- und Gesundheitsberufen 

Es gibt aber auch positive Nachrichten: Gerade wer einen Job im Gesundheitswesen suchte, hatte zuletzt gute Chancen. Der Bundesagentur für Arbeit zufolge stieg in diesem Bereich die Zahl der Beschäftigten im Oktober um 65.000 – ein Plus von 2,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. 

Ähnlich verhält es sich mit Jobs in der Pflege und dem Sozialwesen: Dort gab es zuletzt 57.000 mehr Beschäftigte. Ebenfalls bei Arbeitgebern gefragt: Fachkräfte im Bereich Erziehung und Unterricht (+ 31.000) und Verkehr (+ 28.000). Auch der Öffentliche Dienst (+ 51.000) erweist sich als stabiler Jobmotor.

Für dieses Jahr rechnen Experten dennoch mit weiterhin steigenden Arbeitslosenzahlen. Es wird erwartet, dass die Zahl zwischenzeitlich bei mehr als drei Millionen liegen könnte. Immerhin: Eine Massenarbeitslosigkeit wie Anfang der 2000er-Jahre droht Deutschland wohl nicht – anhaltende Konjunkturflaute und Strukturwandel zum Trotz: „Damals lag die Zahl der Arbeitslosen bei fast 5 Millionen“, sagte Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) dem Stern. Davon sei man mit derzeit 2,8 Millionen Arbeitslosen weit entfernt. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir so hohe Zahlen jemals wieder erreichen.“ Ein Grund sei der bleibende Fachkräftemangel.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel