Europas Rechte: Hier sind sie am stärksten
Der extreme Rechtsruck ist bei der Europawahl und in Frankreich ausgeblieben. Doch wie wird es bei den ostdeutschen Landtagswahlen aussehen? Der Datendienst Statista hat dazu untersucht, in welchen Ländern in Europa rechte und rechtspopulistische Parteien bei den zurückliegenden Parlamentswahlen am stärksten abgeschnitten haben. Auf Platz zehn landete Großbritannien. Dort kam die Partei des rechten Populisten Nigel Farage, Reform UK, im Juli 2024 auf etwa 14 Prozent der Stimmen. Wegen des britischen Mehrheitswahlrechts reichte es aber nur für fünf Sitze im Parlament. Farage selbst schaffte es, seinen Wahlkreis zu gewinnen.
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) von Parteichef Manfred Kickl war bei der Europawahl 2024 mit rund 26 Prozent der Stimmen in ihrem Land die Siegerin. Sie holte über acht Prozentpunkte mehr als bei der vorherigen Abstimmung. Bei der Nationalratswahl 2019 hatte es dagegen eine herbe Niederlage für die rechtspopulistische Partei gegeben. Sie stürzte zehn Punkte auf 16 Prozent ab. Damit lag die FPÖ laut Statista im europaweiten Vergleich auf Platz neun der Länder mit der stärksten Rechten. Die Österreicher stimmen im Superwahljahr 2024 am 29. September über die Zusammensetzung ihres Parlaments ab. Laut Umfragen könnte die FPÖ stärkste Partei werden.
Der Rechtsruck im einst so liberalen Skandinavien gilt auch in Deutschland als Warnsignal. Das gilt auch für Finnland. Bei der Parlamentswahl im April 2023 wurde die rechtspopulistische Partei „Die Finnen“ (Perussuomalaiset, kurz: PS) zweitstärkste Kraft. Sie erzielte mit rund 20 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis. Wahlsiegerin wurde die konservative Nationale Sammlungspartei. Den Sozialdemokraten der damaligen Ministerpräsidentin Sanna Marin blieb nur der dritte Platz. Die Parteivorsitzende der „Finnen“, Riikka Purra, wurde Finanzministerin.
Bei aller Liberalität: Rechtsnationalismus ist auch in Schweden mitnichten eine neue Bewegung. Die Schwedendemokraten (Sverigedemokraterna, kurz: SD) wurden 1988 gegründet. Sie erzielten bei der Reichtstagswahl 2022 knapp 21 Prozent und stiegen zur zweitstärksten Kraft auf. Bei der Europawahl 2024 wurden die Rechtspopulisten aber mit Platz vier abgestraft.
Statista führte Slowenien auf Platz sechs der europäischen Länder mit der stärksten (extremen) Rechten. Begründet wurde dies mit dem Wahlergebnis von rund 23 Prozent der regierenden Slowenischen Demokratischen Partei (Slovenska demokratska stranka, SDS). Die Partei des damaligen Ministerpräsidenten Janez Janša (Bild) unterlag bei der Parlamentswahl 2022 klar der neuen, pro-europäischen Freiheitsbewegung (Gibanje Svoboda, GS) seines Amtsnachfolgers Robert Golob, die aus dem Stand über 34 Prozent holte.
Die Asylkrise hat in den Niederlanden 2023 zu einem Rechtsruck geführt. Eigentlich hätte das Land erst 2025 ein neues Parlament wählen sollen. Im Juli 2023 zerbrach aber die Koalition von Mark Rutte am Nachzug von Angehörigen von Flüchtlingen. Bei der vorgezogenen Neuwahl wurde die Partei für die Freiheit (Partij voor de Vrijheid, PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders (Bild) zur Siegerin gekürt. Sie konnte ihr Ergebnis mit knapp 24 Prozent mehr als verdoppeln. Ministerpräsident wurde Wilders jedoch nicht, allerdings ist seine Partei erstmals an der Regierung beteiligt.
Vorzeitige Neuwahlen führten auch 2022 in Italien zu einem Rechtsruck. Giorgia Melonis (Bild) oft als „postfaschistisch“ bezeichnete Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens, FdL) hatte bei den vorherigen Parlamentswahlen 2018 rund vier Prozent der Stimmen geholt. Vier Jahre später wurde sie mit 26 Prozent stärkste Kraft und bildete um die neue Ministerpräsidentin Meloni ein Rechtsbündnis.
Bei den Neuwahlen im Juli 2024 sah Marine Le Pen endgültig ihre Zeit gekommen, Meloni als Aushängeschild der neuen Rechten in Europa abzulösen. Es kam anders. Die erwartete beziehungsweise von vielen befürchtete absolute Mehrheit blieb im ersten Wahlgang mit rund 33 Prozent aus. Dennoch wurde Le Pens Rassemblement National (RN, „Nationale Sammelbewegung“) klarer Wahlsieger. Er legte um knapp 15 Prozentpunkte zu. Nach dem zweiten Wahlgang war Le Pens Partei allerdings im Parlament nur noch die Nummer drei. Stärkste Kraft wurde ein neues Bündnis aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und Linksradikalen. Doch die Regierungsbildung gestaltete sich schwierig.
Die absolute Mehrheit verfehlte auch die national-konservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) in Polen. Zwar wurde die Partei von Jarosław Kaczyński bei der Wahl im Oktober 2023 mit rund 35 Prozent stärkste Kraft. Es reichte nach acht Jahren an der Macht aber nicht mehr für eine Mehrheit in den Kammern der polnischen Nationalversammlung. Stattdessen konnte der Opppositionsführer und Ex-EU-Ratspräsident Donald Tusk die Regierung bilden.
Ungarn unterzieht das EU-Modell einer ständigen Zerreißprobe. Bei der Parlamentswahl 2022 errang die regierende Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán im Wahlbündnis mit der KDNP 54 Prozent und damit die absolute Mehrheit der Stimmen. Dies bedeutete auch Platz eins im Ranking der rechten Parteien in Europa mit dem besten Wahlergebnis. Orban scheut keine Provokation: Kurz nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft seines Landes reiste er nach Moskau, wo er vom russischen Diktator Wladimir Putin empfangen wurde. Deutschland landete in dem Vergleich mit zehn Prozent für die AfD bei der Bundestagswahl 2021 auf dem vorletzten Platz. Schlusslicht wurden die Dänemarksdemokraten, die 2022 acht Prozent der Stimmen holten.