Christian Schütte schreibt an dieser Stelle über Ökonomie und Politik
Der „Veggie Day“ war gestern. Heute ist „Grüner Freiheitskongress“. Die Bundestagsfraktion der Partei hat sich vorgenommen, an diesem Freitag der Sache mit der Freiheit einmal richtig auf den Grund zu gehen. Damit soll dann auch das üble Image einer verbotsfixierten Spießerpartei endlich abgeschüttelt werden. Auf dem Programmheft reitet schon ein blondes Cowgirl geradezu Marlboro-mäßig Richtung Horizont. (Natürlich ohne Zigarette.)
Die Grenzen dieses wilden Ritts sind freilich schon vorher ziemlich klar. Aus Sicht der Grünen verhält es sich mit der Freiheit letztlich genauso wie mit dem Fleisch, dem Zucker oder der Zigarette danach.
Viele Menschen brauchen all das für ihr Wohlbefinden, und ein wenig Genuss gehört ja zum guten Leben. Sollte der Eindruck entstanden sein, dass die Grünen das ganze Volk nur auf Tofu-Diät setzen wollen, dann wird das hier und heute entschieden dementiert. Ein bisschen Spaß muss sein!
Freiheit ist die Lösung, nicht das Problem
Aber das Fleisch wie die Freiheit bleiben im Prinzip doch immer gesellschaftliche Problemfälle. Sie gefährden die Gesundheit und die Natur, ja das Überleben auf diesem Planeten. Also mäßigt Euch, Leute. Macht die Teller nicht so voll!
Wo die Freiheit nur eine Art sündhaftes Genussmittel ist, muss sie immer genau dosiert und kontrolliert bleiben. Wie viel davon im Einzelfall gewährt werden kann, das entscheiden am besten die Experten. Also Grüne und ihre Berater auf einem „Freiheitskongress“.
Mit einem Gesellschaftsentwurf, der die Freiheit tatsächlich in den Mittelpunkt stellt - mit liberalem Denken also – hat das wenig zu tun. Denn in einem solchen Entwurf ist die Freiheit eben nicht das Problem. Sondern die Lösung: Sie ist die größte Chance, neue und bessere Antworten zu finden. Der wichtigste Motor einer entwicklungsfähigen Gesellschaft.
ökologisch-sozialer Universalzusammenhang
Die Freiheit, Dinge auszuprobieren, alles anders zu machen, Experimente zu wagen, erst diese Freiheit führt letztlich dazu, dass auch Ressourcenprobleme besser gelöst werden können. Der Wettbewerb der Ideen schlägt den Masterplan. Sogar öko-technisch.
Die Grenzen der Freiheit ergeben sich - da hat der grüne Fraktionschef Anton Hofreiter schon Recht - aus der Freiheit der Anderen. Für eine liberale Politik heißt das vor allem, dass jeder für die Folgen seines Handelns einstehen muss. Regeln müssen so gemacht werden, dass das Haftungsprinzip auch tatsächlich greift. (Was eine soziale Absicherung nicht ausschließt.)
Wenn die Verantwortungsregel aber zu einem ökologisch-sozialen Universalzusammenhang verrührt wird, unterscheidet sie sich kaum noch von der Selbstermächtigung der Erleuchteten. Wo angeblich Alles irgendwie vage auf Alles wirkt, muss die Politik halt wieder die Bewirtschaftung der Freiheit übernehmen.
Der Freiheit vertrauen
Sind die Grünen denn nicht wenigstens ein bisschen liberal? Haben sie nicht angekündigt, dass sie demnächst die FDP beerben wollen?
Ist das tatsächlich ernst gemeint, dann müssen sie zeigen, dass ihre Rezepte gegen Zukunftsangst eben nicht bloß aus Mahnung und Maßregelung bestehen. Sondern auch daraus, auf die Chancen von größerer Freiheit zu vertrauen.
„Lasst die Sau raus“ haben die Grünen kürzlich zur Landtagswahl in Brandenburg plakatiert. Aber da ging es nicht um freie Bürger, sondern um den Tierschutz.