Die E-Commerce-Firma der beiden „Höhle der Löwen“-Investoren Georg Kofler und Ralf Dümmel ist insolvent. Die börsennotierte Social Chain AG wollte am Montag einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen, nachdem der Vorstand zu dem Ergebnis gekommen war, „dass für die Gesellschaft keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht“, hieß es in einer Mitteilung. CEO Georg Kofler trat zudem mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurück. Hintergrund der akuten Notlage war offenbar eine geplatzte Kapitalerhöhung. Auf Twitter schrieb Kofler von den Herausforderungen eines „schwierigen Marktumfeldes“ sowie von „Belastungen aus der Vergangenheit“.
Die heutige Social Chain AG war Ende 2021 aus dem Zusammenschluss von Dümmels Handelsfirma DS Produkte mit dem Social-Marketing-Unternehmen Social Chain entstanden. Gemeinsam gelang es den beiden TV-Stars, die Marktbewertung der Aktiengesellschaft auf über 800 Mio. Euro zu treiben – seither ist der Kurs vom Allzeithoch von 54 Euro allerdings dramatisch abgestürzt und liegt mit 0,48 Euro nun im Pennystock-Bereich.
Zuletzt hatten sich kritische Stimmen bezüglich des Social-Chain-Geschäftsmodells gemehrt, zudem rügte die Finanzaufsicht Bafin das Unternehmen, weil es im Konzernabschluss 2021 den operativen Cashflow deutlich zu hoch ausgewiesen hatte: Zuflüsse aus einem 50-Mio.-Euro-Bankdarlehen waren fälschlicherweise als Cashflow aus operativer Tätigkeit erfasst worden. Seither stand die geplante Kapitalerhöhung offenbar auf der Kippe.
Zwei Lager, schlechte Stimmung
Nach Aussagen von Insidern war es der Unternehmensführung nie gelungen, nach der 2021 erfolgten Übernahme von Dümmels DS Produkte eine Firma aus einem Guss zu formen. Die Stimmung zwischen dem DS-Lager und Koflers Social-Chain-Fraktion galt als vergiftet. „Wir haben uns alle gegenseitig zerlegt“, sagt ein früherer Mitarbeiter gegenüber Capital. „Nur die Stimmung war schlechter als die Zahlen.“ Innerlich hätten viele Mitarbeiter längst gekündigt oder sich zumindest deutlich von der Gegenseite abgegrenzt. Mitarbeiter aus dem Dümmel-Lager sähen im abgetretenen CEO Kofler auch den Schuldigen an der Misere, heißt es. Auf der Gegenseite wiederum wird betont, Dümmels Mannschaft sei nicht kooperationswillig gewesen.
Während Umsätze und Kunden wegbrachen, sei die Geschäftsführung weiter im Privatjet unterwegs gewesen, ärgert sich ein Unternehmensinsider: „Heute geht's der Firma wieder so schlecht, dass privat von Hamburg nach Düsseldorf geflogen werden muss.“ Viel zu spät sei letztlich bei den Kosten gebremst worden. Gespart worden sei vor allem bei Neueinstellungen, wodurch deutlich mehr Arbeit an einzelnen Angestellten hängen geblieben sei. Auch das führte zu Frust.
Wie aus einer Adhoc-Meldung hervorgeht, bereitet der Social-Chain-Vorstand nun einen Antrag auf Eigenverwaltung für die Gesellschaft beim zuständigen Insolvenzgericht vor – das würde bedeuten, dass das Management an Bord bleiben könnte. Laut „Bild“-Zeitung soll Ralph Dümmel aber bereits versuchen, seine 2021 eingebrachte DS Holding wieder aus der Gruppe zu lösen. Die Insolvenz wirke sich zunächst auch nicht auf die Geschäftstätigkeit der DS Gruppe aus, so Dümmel. „Ihre Finanzierung ist vertraglich von der Muttergesellschaft abgesichert.“