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Gastkommentar Warum eine Börsensteuer schädlich ist

Umstrittene Steuer auf Finanzgeschäfte: Wer für sie ist, darf ihre negative Wirkungen nicht ausblenden. Von Jörg Zimmermann

Schon lange wird die Finanzkrise von 2008 zur Durchsetzung politischer Interessen genutzt, die nichts mehr mit der Krise oder deren Ursachen zu tun haben. So scheint auch die Debatte um die Steuer auf Finanzgeschäfte vornehmlich dem Leitgedanken zu folgen, die Finanzbranche für die Krise „bestrafen“ zu wollen.

Jedoch würde eine Finanztransaktionssteuer, wie sie von zehn EU-Mitgliedsstaaten derzeit befürwortet wird, dem fragwürdigen (aber möglicherweise verfolgten Ziel) der „Bestrafung“ der Finanzbranche wohl kaum dienen. Stattdessen würde sie den Wohlstand in Deutschland beschneiden. Insofern ist es wichtig, die Zeit bis zur EU-Sitzung zu nutzen, um einen möglichen Einfluss der Finanztransaktionssteuer auf die Realwirtschaft besser auszuleuchten.

Sparer und Altersvorsorge betroffen

Die Befürworter der Finanztransaktionssteuer streben ein zusätzliches Steueraufkommen in Höhe von 35 Mrd. Euro an. Die Finanzmärkte sind aber mitnichten ein in sich geschlossenes System ohne Berührungspunkte zum Rest der Gesellschaft. Wer mit dieser „Börsensteuer“ ein zusätzliches Steueraufkommen anstrebt, der muss sich darüber bewusst sein, dass im Wesentlichen diejenigen Bundesbürger, die für Altersvorsorge oder Vermögensaufbau sparen, dieses Aufkommen tragen werden.

Warum ist das so? Grundsätzlich lassen sich die Finanzmärkte in zwei Teilnehmerseiten unterteilen: Die sogenannte Buyside und die Sellside. Auf der Buyside sind viele der erwähnten Bundesbürger investiert – sei es über Lebensversicherungen, über Rentenpläne, die bespart werden, oder mit sonstigen privaten Ersparnissen. Der Gesetzgeber hat signalisiert, dass er nicht daran denkt, die Teilnehmerseite mit der Finanztransaktionssteuer zu belasten.

Aufgabe der zweiten Teilnehmerseite, der Sellside, ist es, eine Gegenseite für die Transaktionswünsche der Investorenseite bereitzustellen. Diese Seite (Broker, Banken) würde die Steuerlast wohl an den Endkunden weitergeben, was angesichts steigender Eigenkapitalanforderungen an die Banken auch politisch wünschenswert sein dürfte. Auch den Eigenhandelstätigkeiten von Banken und Handelsfirmen kommen Aufgaben zu, die von Relevanz für den Endkunden sind. Sie liegen vor allem in der Funktionsfähigkeit der Märkte mit Blick auf faire Preisfindung und Bereitstellung von Liquidität.

Bessere Aufklärung über die Steuer

Untersuchungen für den französischen Markt deuten darauf hin, dass sich die Kosten für den Endverbraucher nach Einführung der Finanztransaktionssteuer erhöht haben. Für Deutschland stellt sich die Frage, wie der Gesetzgeber die Absicht umsetzen will, die Ersparnisse der Bundesbürger mit der Steuer nicht zu belasten. Weder auf der Buy- noch auf der Sellside lassen sich Transaktionen finden, die den Endkunden nicht berühren und bedenkenlos besteuert werden könnten.

Die Frage, welche Art von Geschäften denn genau besteuert werden soll, wurde in der politischen Diskussion aber offenbar noch nie gestellt, geschweige denn beantwortet. Ein Gesetzesvorhaben, das den Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten in Deutschland - sei es in Form von Kapitalanlagen, Versicherungen, Altersvorsorge oder in anderen Vermögensformen – potenziell signifikant tangiert, bedarf einer breiteren Aufklärung. Ansonsten tritt ein gegenteiliger Effekt ein: In Zeiten, in denen zur Bildung von Vermögensrücklagen Produkte jenseits verzinslicher Sparformen an Bedeutung gewinnen, nimmt die Partizipation der Bundesbürger am Kapitalmarkt eher ab als zu.

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Jörg Zimmermann ist Mitglied der CFA Society Germany, die mit 2500 Mitgliedern der mitgliedsstärkste Berufsverband für professionelle Investoren und Investmentmanager in Deutschland ist.

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