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Exklusiv FIFA fehlen WM-Sponsoren

An Stars wie Diego Maradona mangelte es nicht bei der Auslosung in Moskau, trotzdem halten sich die Geldgeber zurück
An Stars wie Diego Maradona mangelte es nicht bei der Auslosung in Moskau, trotzdem halten sich die Geldgeber zurück
© Getty Images
Bislang haben nur wenige Unternehmen Interesse, mit der Fußball-WM in Russland zu werben. Der Weltverband könnte erstmals auf vielen Vermarktungsrechten sitzen bleiben – eine Gefahr für seine Budgetplanung

Sechs Monate vor Beginn der Fußball-WM in Russland hat die FIFA massive Probleme, Sponsoren für das Turnier zu finden. Bis zur WM-Auslosung Anfang Dezember hatte der skandalumwitterte Weltverband erst zwölf der geplanten bis zu 34 Rechtepakete verkauft. Angesichts der immer knapperen Vorlaufzeit bis zum Start des Turniers im Juni wächst damit die Wahrscheinlichkeit, dass die FIFA auf Paketen mit Werberechten sitzen bleibt. Laut Planung will der Verband im vierjährigen WM-Zyklus 2015 bis 2018 aus Marketing und Sponsoring – der zweitwichtigsten Einnahmequelle nach den TV-Rechten – insgesamt 1,45 Mrd. Dollar einnehmen.

Die neue Capital erscheint am 14. Dezember
Die neue Capital erscheint am 14. Dezember

Immer deutlicher wird, dass die Affären der FIFA nicht nur auf dem Image, sondern auch auf ihren Geschäften lasten. Mitte 2015 waren mehrere hohe Verbandsfunktionäre auf Druck des US-Justizministeriums wegen des Verdachts der Korruption bei der Vergabe von TV-Rechten verhaftet worden. Seit November läuft in New York der Prozess. Hinzu kommen politische und wirtschaftliche Probleme im Gastgeberland – etwa die Sanktionen infolge der Krim-Krise und die Affäre um groß angelegtes Staatsdoping vor den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi, in die auch WM-Organisationschef Witali Mutko verstrickt ist. Aus Russland haben bislang nur zwei Sponsoren unterschrieben: der staatliche Energiekonzern Gazprom und die private Alfa-Bank.

Auf Anfrage von Capital verwies die FIFA auf die noch laufende Verkaufsphase. Die Topsponsoren, die auch die meisten Einnahmen bringen, seien gesichert. Für weitere Rechte liefen derzeit Gespräche „mit mehreren Unternehmen“, teilte der Weltverband mit. Auch der Verkauf von TV-Rechten laufe „relativ gut“. Die FIFA sei „zuversichtlich“, dass sie im Zeitraum 2015 bis 2018 ihr Erlösziel von insgesamt 5,66 Mrd. Dollar und den geplanten Überschuss von 100 Mio. Dollar erreichen werde.

Zumindest ein wenig Entspannung könnte ein neuer Sponsor aus Saudi-Arabien bringen. Nach Capital-Informationen ist die FIFA in fortgeschrittenen Gesprächen mit saudischen Firmen. Ein Deal könnte in den kommenden Wochen verkündet werden.

„Schwieriges Klima“

In seinem Finanzbericht 2016 hatte der Weltverband zuletzt eingeräumt, dass der „stagnierende globale Handel und gedämpfte Investitionen“ in Kombination mit den Ermittlungen gegen frühere FIFA-Verantwortliche die gesamte Einnahmesituation „unter Druck“ gesetzt habe. Allerdings seien bis Ende 2016 in einem „schwierigen Klima“ bereits für 76 Prozent der geplanten Gesamteinnahmen Verträge abgeschlossen, hieß es in dem Bericht. In den vergangenen beiden Jahren war der Milliardenkonzern tief ins Defizit gerutscht – wegen einer Umstellung der Bilanzierungsmethode, aber auch wegen hoher Rechtskosten für die Bewältigung der jüngsten Affären. Auch 2017 wird die FIFA rote Zahlen schreiben. Für das WM-Jahr 2018 ist dann ein Milliardenüberschuss geplant, sodass im gesamten Vierjahreszeitraum ein Plus stehen soll.

Das schleppende Interesse der Sponsoren ist für die FIFA eine ungewohnte Situation. Bei der letzten WM 2014 in Brasilien waren die 20 Plätze für Unternehmen, die mit dem weltgrößten Sportevent werben dürfen, bereits zwei Jahre vor dem Anpfiff ausgebucht. Auch deshalb hatte die Marketingabteilung der FIFA im Jahr 2013 eine neue Sponsoringstrategie aufgesetzt. Seitdem ist in den drei verschiedenen Kategorien mit abgestuften Werberechten Platz für bis zu 34 Partner.

Die teuersten Rechte halten sieben permanente Partner („FIFA Partners“), die höhere zweistellige Millionenbeträge pro Jahr überweisen. Dazu zählen Adidas, Coca-Cola, Wanda, Gazprom, Hyundai/Kia, Qatar Airways und Visa. Darunter kommen sieben WM-Sponsoren („FIFA World Cup Sponsors“) sowie in der dritten Kategorie bis zu 20 „regionale Förderer“, die erstmals Rechte für bestimmte Weltregionen kaufen können. Bei der WM 2014 gab es in der untersten Kategorie nur sechs „nationale Förderer“, deren Werberechte auf das Gastgeberland beschränkt waren.

Nur 4 Mio. Dollar von den Förderern

In der aufgewerteten dritten Kategorie bleibt die FIFA bislang jedoch auf ihren Rechtepaketen sitzen. Von den bis zu 20 Plätzen ist erst ein einziger verkauft: an die russische Alfa-Bank. Laut FIFA-Finanzberichten nahm der Verband in der untersten Kategorie im aktuellen WM-Zyklus seit 2015 gerade einmal 4 Mio. Dollar ein. Im letzten Vier-Jahres-Zeitraum kassierte die FIFA von den sechs brasilianischen „nationalen Förderern“ zusammen 164 Mio. Dollar – das macht im Schnitt 27 Mio. Dollar pro Partner über vier Jahre. Der Wert eines Pakets als „regionaler Förderer“ dürfte nun wegen der nicht nur auf das WM-Gastgeberland beschränkten Werberechte noch darüber liegen.

Lücken gibt es darüber hinaus auch in der zweitteuersten Kategorie der WM-Sponsoren. Hier sind bislang erst vier Plätze von maximal sieben möglichen verkauft: an die langjährigen FIFA-Partner Budweiser und McDonald‘s sowie an zwei chinesische Unternehmen. Der Elektronikkonzern Hisense und Smartphonehersteller Vivo hatten im Frühjahr 2017 erstmals Sponsorenverträge mit der FIFA unterschrieben. Schätzungen zufolge zahlt Vivo für sein Engagement bis nach der WM im Jahr 2022 mehr als 400 Mio. Dollar. Für Hisense liegt das Volumen des nur bis nach dem Turnier in Russland laufenden Vertrags nach offiziellen Angaben bei „nahe 100 Mio. Dollar“.

Nach der WM 2014 hatten die langjährigen FIFA-Partner Emirates, Sony, Continental und Castrol ihre Verträge nicht mehr verlängert. Bereits 2016 kaufte sich der chinesische Immobilien- und Unterhaltungskonzern Wanda als einer der Topsponsoren ein. Der Vertrag des Konglomerats, hinter dem der Milliardär Wang Jianlin steckt, läuft bis 2030. Die chinesische Regierung hat das Ziel ausgegeben, das Land zu einer Fußball-Supermacht aufzubauen und bis spätestens 2030 eine WM in China auszurichten. Die Regierung, aber auch viele groß im Fußball engagierte Unternehmen wie Wanda sehen ein Sponsoring bei der FIFA als Chance, Einfluss auf den Weltverband zu nehmen.

Sponsoring wird politisch

Es sei klar erkennbar, dass die neuen FIFA-Sponsoren bei ihrem Engagement andere Motive verfolgten als früher, sagt China-Experte Simon Chadwick, Professor für Sportökonomie an der University of Salford in Manchester. Früher hätten Sponsoren kommerzielle Interessen verfolgt oder sich von persönlichem Interesse oder Eitelkeiten ihrer Spitze leiten lassen. „Heute leben wir in einer Ära, in der das Sponsoring hoch politisch ist“, sagt Chadwick. Laut Chadwick gilt das nicht nur für die drei chinesischen FIFA-Partner, sondern auch für die Topsponsoren Gazprom und Qatar Airways. Der Vertrag von Staatskonzern Gazprom läuft bis nach der WM 2018. Die katarische Staatsairline hat im Mai einen Vertrag bis nach der WM 2022 im eigenen Land unterschrieben.

Dagegen meiden Konzerne aus den USA und Europa Deals mit der FIFA – nicht erst seit Beginn der jüngsten Korruptionsaffäre im Sommer 2015. Der letzte neue Sponsor aus diesen Weltregionen war Johnson & Johnson. Der US-Konsumgüterhersteller unterschrieb 2011 – und schied nach der WM 2014 wieder aus.

Die neue Capital erscheint am 14. Dezember. Hier geht es zum Abo-Shop, wo Sie die Print-Ausgabe bestellen können. Unsere Digital-Ausgabe gibt es bei iTunes, GooglePlay und Amazon

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