#1 Sehr viel weniger Investitionen aus China
Chinesische Investoren halten sich zunehmend von Deutschland fern. Sie hatten 2021 umgerechnet noch rund 2 Mrd. US-Dollar in hiesige Unternehmen gesteckt, wie die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY mitteilte. 2022 aber sei das Investitionsvolumen auf knapp 290 Mio. Dollar eingebrochen. „Nicht enthalten sind in dieser Summe Risikokapitalinvestitionen in deutsche Start-ups in Höhe von 160 Mio.US-Dollar im Jahr 2022, bei denen chinesische Unternehmen als Teil internationaler Investorengruppen aktiv waren“, hieß es zu der Untersuchung.
#2 Weniger chinesische Übernahmen
Die Zahl der chinesischen Übernahmen in Deutschland sank den Angaben zufolge um ein Viertel von 35 auf 26. Die Zahl der Transaktionen verringerte sich weniger stark von 155 auf 139. China belegte damit laut der Analyse im Ranking der wichtigsten Investorenländer für Deutschland nur noch Platz zwölf. „Zum Vergleich: Im Jahr 2016 war China noch der viertwichtigste Investor in Deutschland gewesen“, erinnerte EY. Spitzenreiter waren die USA mit 242 Transaktionen.
#3 Rückzug aus Europa
Der deutsche Trend passte zur Entwicklung auf dem Kontinent. „Chinesische Käufer kamen bei Firmenübernahmen in Europa im vergangenen Jahr nur selten zum Zug“, informierte EY. Demnach sank die Zahl der Transaktionen 2022 im Vergleich zum Vorjahr von 155 auf 139. Der Wert der Beteiligungen und Übernahmen habe sich von 12,4 auf 4,3 Mrd. US-Dollar reduziert. „Bei der Mehrzahl der Übernahmen liegen allerdings keine Angaben zu Kaufpreisen vor“, gaben die Analysten zu bedenken.
#4 Top-Länder für China
Die EY-Untersuchung „Chinesische Unternehmenskäufe in Europa“ verzeichnete die meisten Transaktionen im Vereinigten Königreich. Das lag mit 27 Übernahmen und Beteiligung wie schon 2021 vor Deutschland (26) und Frankreich (17). Aber auch beim britischen Spitzenreiter war der Trend rückläufig (minus neun Transaktionen). Frankreich verbesserte sich hingegen um fünf Übernahmen und Beteiligungen. „Die Zahl chinesischer Unternehmensübernahmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau eingependelt“, teilte EY mit.
#5 Begehrte Branchen für chinesische Investoren
Das größte Interesse chinesischer Investoren galt 2022 laut der Analyse der Gesundheitsbranche. Neun der europaweit 17 Transaktionen im Bereich Biotech, Pharma und Medizintechnik seien auf Deutschland entfallen. Zudem überstieg europaweit erstmals das Interesse am Hightech-Sektor das für die klassischen Industriebranchen, wie es weiter hieß. „Die Zahl der Übernahmen von Hightech-Unternehmen stieg gegen den Trend von 27 auf 32, gleichzeitig sank die Zahl der Industrieunternehmen von 30 auf 25.“ Deutschland lag bei der Industrie mit neun Deals vorne. In der aufstrebenden Tech-Branche reichte es mit vier Transaktionen hinter dem Vereinigten Königreich und Frankreich nur für Platz drei.
#6 Größte chinesische Übernahmen
„Größere Transaktionen in Deutschland waren der Einstieg der Huadong Medicine Investment Holding bei der Heidelberg Pharma AG sowie der Verkauf des AMS-Osram-Geschäftsbereichs Digital Systems in Europa und Asien an Inventronics“, teilte EY mit. Die europaweit größte Transaktion sei der Verkauf des niederländischen Halbleiterherstellers Ampleon gewesen. Er wechselte den Angaben zufolge für knapp zwei Mrd. Dollar von einem chinesischen Private-Equity-Investor an Wuxi Xichan Microchip Semiconductor. Mit großem Abstand auf Platz zwei folgte laut der Analyse der Einstieg des chinesischen Internet-Unternehmens Tencent bei der Ubisoft-Familienholding Guillemot Brothers Limited für knapp 300 Mio.Dollar.
#7 Warum zieht sich China zurück?
„Die aktuelle Zurückhaltung chinesischer Unternehmen hat mehrere Gründe“, stellt die EY-Partnerin Yi Sun fest. Zum einen hätten die strikten Pandemiemaßnahmen der Regierung die Umsetzung von Transaktionen in Europa erschwert. „Zum anderen hatten Expansionsmaßnahmen für viele chinesische Unternehmen nicht mehr den hohen Stellenwert wie in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts“, stellte die Expertin fest. Hinzu komme ein teils erheblicher politischer Widerstand gegen chinesische Beteiligungen in vielen europäischen Ländern, beispielsweise bei der Infrastruktur sowie das angespannte Verhältnis zu den USA. „Wenn Übernahmekandidaten Produktionsstätten oder R&D-Zentren in den USA haben, werden potenzielle chinesische Bieter oftmals gar nicht erst eingeladen, da eine Ablehnung durch die zuständige US-Behörde befürchtet wird“, sagte Sun.
#8 Chinesischer Aufschwung?
Deutschland bleibt trotz des Rückgangs bei Investitionen laut der Expertin für China interessant – auch wegen der gewachsenen Strukturen. „Die meisten Transaktionen, die in den vergangenen Jahren stattgefunden haben, waren erfolgreich“, bilanzierte Sun. „Vor diesem Hintergrund gibt es inzwischen auf vielen Ebenen enge und belastbare Verbindungen zwischen China und Deutschland.“ Dank der weggefallenen Reisebeschränkungen seien seit Anfang 2023 wieder viele chinesische Delegationen in Europa unterwegs gewesen, um neue Investitionen zu prüfen. „Allerdings wird die Zahl der Deals nicht zuletzt aufgrund der politischen Rahmenbedingungen weiterhin deutlich niedriger liegen als in den Boom-Jahren“, erwartete die China-Expertin.