Ende Juni wurde bekannt, dass der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigen soll. Er liegt seit Beginn des Jahres bei 9,35 Euro pro Stunde. Die zuständige Kommission empfahl nun, ihn trotz der Corona-Krise in den nächsten zwei Jahren auf 10,45 Euro zu erhöhen. Die Anhebung soll in vier Stufen geschehen. In Deutschland gibt es seit Anfang 2015 einen gesetzlichen Mindestlohn. Er hatte damals bei 8,50 Euro brutto pro Stunde gelegen und ist bislang zweimal hochgestuft worden.
Mindestlohn in Europa
21 der 27 Staaten der Europäischen Union haben einen gesetzlichen Mindestlohn, der landesweit und branchenübergreifend gilt. Deutschland wird von einigen Staaten bei der Höhe des Minimalgehalts abgehängt. Allerdings spiegelt der Mindestlohn auch das allgemeine Preisniveau des jeweiligen Landes wider. Deshalb ist es aufschlussreicher, sich statt der reinen Summen anzuschauen, was Arbeitnehmer sich für den Mindestlohn kaufen können.
Diese Rangliste orientiert sich deshalb an den Mindestlöhnen in der künstlichen Währungseinheit Kaufkraftstandard (KKS). Die Statistikbehörde Eurostat legt bei der Umrechnung einen Warenkorb zugrunde. Für einen KKS kann theoretisch in jedem Land die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen bezahlt werden. Auf diese Weise relativieren sich krasse Unterschiede ein wenig. Doch auch bei der Kaufkraft gibt es innerhalb der EU ein enormes Gefälle.
In diesen Ländern gibt es den niedrigsten und den höchsten Mindestlohn
#21 Lettland
Lettland hat in der EU den niedrigsten Mindestlohn. Er lag im Januar 2020 bei 579 KKS pro Monat. Gemessen an der reinen Euro-Summe belegte Lettland mit 430 Euro EU-weit den vorletzten Platz.
#20 Bulgarien
Der Mindestlohn in Bulgarien lag Anfang 2020 bei nur 312 Euro. Das war der niedrigste Euro-Wert in der Union. Umgerechnet in Kaufkraft lag Bulgarien mit 618 KKS auf dem vorletzten Platz der 21 EU-Länder mit Mindestlohn.
#17 Tschechien
In Tschechien belief sich der monatliche Mindestlohn zuletzt auf 799 KKS (574 Euro). Das bedeutete gemessen an der Kaufkraft Platz 17 in der EU. Tschechien lag damit vor der Slowakei und Estland.
#13 Griechenland
Das krisengebeutelte Griechenland liegt bei der Höhe des Mindestlohns fast im EU-Mittelfeld. 904 KKS (758 Euro) reichen für Platz 13.
#12 Rumänien
Bei Rumänien wird deutlich, warum die Umrechnung in Kaufkraftstandard sinnvoll ist. Das osteuropäische Land liegt mit 466 Euro auf Platz 19, dem drittletzten Rang. Dank der niedrigen Preise verdoppelt sich die Kaufkraft des Mindestlohns jedoch nahezu auf 913 KKS. Rumänien belegt damit Rang zwölf und zieht an Ländern wie Portugal, Ungarn und Kroatien vorbei.
#6 Irland
In Irland zeigt die Umrechnung von Euro in Kaufkraftstandard die umgekehrte Wirkung. Mit 1656 Euro liegt die Inselrepublik EU-weit auf Platz zwei. Bei der Kaufkraft kommt es mit 1287 KKS nur noch auf den sechsten Rang.
#5 Frankreich
Im Falle Frankreichs ändert die Umrechnung nur wenig. Unser Nachbar liegt beim Euro auf Platz sechs (1539 Euro). Beim Kaufkraftstandard ist es Platz fünf (1397 KKS).
#4 Belgien
Belgien belegt sowohl beim Mindestlohn in Euro (1594) als auch in Kaufkraftstandard (1397) unter 21 EU-Ländern den vierten Platz.
#3 Niederlande
Keine Veränderung gibt es ebenfalls bei den Niederlanden. 1636 Euro oder 1460 KKS bedeuten jeweils Platz drei.
#2 Deutschland
In Deutschland bekommen Arbeitnehmer hingegen vergleichsweise viel für ihren Mindestlohn. Das gilt jedenfalls im direkten Abgleich mit den reichen EU-Staaten, in denen hohe Lebenshaltungskosten die Kaufkraft drücken. Bei der Summe von 1584 monatlich reicht es für Deutschland in der EU nur für Platz fünf. Beim Kaufkraftstandard belegt die Bundesrepublik hingegen mit 1529 KKS den zweiten Platz.
#1 Luxemburg
Luxemburg ist beim Euro-Mindestlohn einsame Spitze. Das Großherzogtum rangiert mit 2142 Euro fast ein Drittel über dem Zweitplatzierten Irland. Die hohen Lebenshaltungspreise drücken den Vorsprung beim Kaufkraftstandard zwar. Mit 1705 KKS hält Luxemburg aber immer noch Abstand zu Deutschland auf Platz zwei. Der KKW-Mindestlohn in Luxemburg war Anfang 2020 fast dreimal so hoch wie der beim Letztplatzierten Lettland und doppelt so hoch wie der Mindestlohn in Portugal.