Hauptversammlung Ein Hauch von Resignation bei der Deutschen Bank

Christian Sewing (r), Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, und der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank in der Frankfurter Festhalle 2018
Christian Sewing (r), Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, und der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank in der Frankfurter Festhalle 2018
© dpa
Bleierne Müdigkeit statt Turbulenzen, Gleichgültigkeit statt Abrechnung: Wie schlimm es um die Deutsche Bank steht, zeigt ihre Hauptversammlung. Christian Kirchner über die unheimliche Ruhe bei den Aktionären der Bank

Die Theorie über die stets effizienten Kapitalmärkte mag in den vergangenen Jahren einige Risse bekommen haben. Als jedoch nach einer Stunde und 45 Minuten an diesem Donnerstag der Aufsichtsratschef Paul Achleitner und der neue Vorstandschef Christian Sewing ihre Reden beendet hatten auf der Deutschen Bank-Hauptversammlung, als die neuen Sparziele und weitere Stellenstreichungen der Bank kommuniziert waren - da lohnte doch der Blick auf den Deutsche-Bank-Aktienkurs. Denn bei dem tat sich, in Kürze: nichts. Ein Minus von 0,2 Prozent liegt im Rahmen der üblichen Tagesschwankungen. Ähnlich – nämlich überhaupt nicht, hatte der Kurs bereits vor sechs Wochen auf den Vorstandswechsel reagiert.


Deutsche Bank Aktie


Deutsche Bank Aktie Chart
Kursanbieter: L&S RT

Der quasi unveränderte Kurs trotz eines ganzen Bündels an Nachrichten, Rechtfertigungen und Ausblicken spiegelt die spürbare Resignation, die sich auch in der Festhalle unter den Aktionären breit gemacht hat. Eine „turbulente“ Hauptversammlung hatten viele erwartet, eine mögliche „Abrechnung“ mit Paul Achleitner, unter dessen 2012 übernommener Regie als Aufsichtsratschef sich der nunmehr dritte Vorstandsvorsitzende an der fünften Strategie versucht.

Weitere Jobs werden gestrichen

Tatsächlich verläuft die Hauptversammlung ruhig. Über eine Stunde dauert es, bis sich zum ersten Mal Unmut im Saal regt – als Christian Sewing erklärt, die Deutsche Bank sei „heute stabiler und sicherer, als sie es in den vergangenen zwei Jahrzehnten je war“. Ein erstaunliches Urteil, schrieb die Bank doch die vergangenen drei Jahre Verluste und droht auch das laufende Jahr wieder ein Jahr des Übergangs und der Restrukturierung zu werden: Zusätzlich zu den bereits verkündeten Jobstreichungen werden weitere Stellen abgebaut, soll die Zahl der Mitarbeiter auf unter 90.000 sinken – 2015 waren es noch gut 100.000.

In Wallung geriet die Frankfurter Festhalle immer dann, wenn kritische Aktionäre Abwahl- und Abberufungsanträge vortrugen und begründeten – reine Zeitverschwendung aus Sicht vieler Aktionäre, die keine Lust hatten, den teils länglichen Ausführungen zu lauschen. „Die Bank hat Großaktionäre, die bei der typischen Präsenzquote zwischen 30 und 40 Prozent hier sowieso alles durchfechten und Anträge abbügeln können“, brachte ein Aktionär die Lage auf den Punkt.

Nun wäre es allerdings ein Fehler, den gemäßigten Verlauf der Hauptversammlung in den ersten drei Stunden und die ausgebliebene Reaktion an der Börse auf neuerliche Sparpläne als gutes Zeichen zu werten. Beides mag symbolisieren, dass in der Bank so etwas wie Ruhe eingekehrt ist, weil den Aktionären die Machtverhältnisse klar geworden sind: Paul Achleitner hat die Querelen überstanden, die sich aus dem abrupten Wechsel an der Spitze der Bank ergeben haben. Christian Sewing wird nun als engagierter Sanierer positioniert, der sich allerdings an Zahlen und nicht an Ankündigungen wird messen lassen müssen.

Müde Aktionäre

Nein, die Müdigkeit und Resignation, sie ist beängstigend. Offenbar sind selbst die Aktionäre zu müde, um die eigenen horrenden Verluste zu beklagen. 90 Euro kostete eine Aktie einst vor der Finanzkrise, 25 Euro kostete eine Deutsche-Bank-Aktie noch zur Hauptversammlung vor drei Jahren, 14 Euro vor zwei Jahren und noch gut 10 Euro aktuell.

Ebenso beängstigend ist, dass der Kurs nicht länger auf Maßnahmen reagiert, die eigentlich zum Ziel haben, die Ertragskraft und damit auch perspektivisch den Aktienkurs zu stärken. Unübersehbar hat der Kapitalmarkt das Vertrauen in Ankündigungen und Personalrotationen verloren und will belastbare Ergebnisse sehen. Aber wann die sich einstellen? Die große Hoffnung der Großbanken der Eurozone – eine baldige Zinswende, mit der sich wieder sichere Zinsgewinne generieren lassen – sie wird aktuell mit jedem Tag unwahrscheinlicher, denn die Frühindikatoren von der Konjunkturfront verschlechtern sich im Wochentakt, der Spielraum der EZB für eine Zinswende wird kleiner. Für Banken ist das doppelt schwierig, sie verdienen weiter wenig im Zinsgeschäft, müssen aber zugleich fürchten, dass die Kreditausfälle in einer sich eintrübenden Konjunktur wieder ansteigen.

Vielleicht hatten die Aktionäre auch dafür ein Gespür – und hielten lieber still.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel