Schlechtes Krisenmanagement kann in der Corona-Krise Leben kosten. Eine Untersuchung der Economist Intelligence Unit (EIU) bescheinigt immerhin 9 der 21 OECD-Staaten keine gute Leistung im Kampf gegen die Pandemie. Die Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erhielten beim Gesundheitsschutz ihrer Bürger nur die Noten „ausreichend“ oder „schlecht“.
Schlechte Corona-Strategien
Die Untersuchung der britischen Economist Group, zu dem die Wochenzeitung „The Economist“ gehört, wurde Mitte Juni veröffentlicht. Sie bewertete den Kampf gegen Corona anhand von drei Parametern:
- Übersterblichkeit (erhöhte Sterberate, Stand: 9. Juni) – dieser Faktor wurde viermal stärker gewichtet als alle anderen
- Zahl der Corona-Tests pro Einwohner (Stand: 9. Juni)
- Stärke des Gesundheitswesens (gemessen an der Zahl der abgesagten Krebsoperationen)
Dies wurde mit möglichen Risikofaktoren abgeglichen. Dies waren:
- Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahren
- Verbreitung von Übergewicht
- Zahl ausländischer Touristen im Verhältnis zur Bevölkerung (Stand: 2018)
Diese OECD-Länder schneiden im Kampf gegen Corona am schlechtesten ab
Diese Länder versagen im Kampf gegen Corona
Die Analysten haben in den sechs Kategorien jeweils Werte von 1 (schlechteste Reaktionen/geringstes Risiko) bis 4 (beste Reaktionen/höchstes Risiko) vergeben. Die Schweiz kam in allen Hauptbereichen (Übersterblichkeit, Tests, Gesundheitsangebote) jeweils auf eine 3. Ein hohes Risiko durch viele ausländische Touristen und ein hoher Anteil an Senioren brachte der Schweiz einen Endwert von 2,89. Das reichte lediglich für die Note „mittelmäßig“ und den achtletzten Platz in der OECD.
Die Schweiz teilt sich Rang acht der schlechtesten Länder mit Japan. Das Land weist zwar laut der Untersuchung eine niedrige Übersterblichkeit auf. Dafür sind die Risiken durch Übergewicht und internationale Gäste gering. Zudem kommt Japan bei der Abdeckung mit Corona-Tests auf den schlechtesten Wert 1 – als einziges OECD-Land überhaupt.
Schweden belegt mit 2,56 Punkten auf der Negativliste Platz sechs. Es ist für die EIU-Analysten neben den USA und Chile eines der Länder, die hervorstechen. „Schwedens Reaktion auf die Pandemie war innerhalb und außerhalb des Landes hochumstritten“, heißt es in dem Bericht. Die Regierung habe sich auf die Herdenimmunität verlassen und deshalb auf einen Lockdown verzichtet. Sie kam immerhin auf eine „mittelmäßige“ Bewertung. Denn trotz der kontroversen Strategie hat Schweden eine niedrigere Übersterblichkeit als Länder mit vergleichbaren Risikoprofilen und strengen Lockdown-Regeln wie beispielsweise Spanien oder Italien, wie die Experten schreiben.
Drei Länder teilen sich den zweiten Rang. Sie sind die ersten, deren Anti-Corona-Strategien von der EIU als „schlecht“ bewertet wurden. Zu ihnen gehört das besonders hart von der Pandemie getroffene Italien. Zwar wurden den Angaben zufolge viele Corona-Tests durchgeführt. Dafür habe die Übersterblichkeit auf sehr hohem Niveau gelegen. Nach Ansicht der Experten müssen dabei aber Risikofaktoren wie ein hoher Seniorenanteil und viele ausländische Touristen berücksichtigt werden. Nach Bergamo, eine der am stärksten betroffenen Städte, ist noch kein Tourist zurückgekehrt.
Spanien belegt mit einem Indexwert von 2,22 ebenfalls Platz zwei. Die Analysten halten die schlechten Ergebnisse für Spanien und Italien für teilweise verständlich. „Diese Länder waren die ersten in Europa, die von der Pandemie getroffen wurden und hatten wenig Zeit sich vorzubereiten“, hieß es. Spanien ist eines von vier OECD-Ländern, die bei der Übersterblichkeit die niedrigste Bewertung erhielten.
Das Vereinigte Königreich ist das letzte Land auf dem zweiten Rang. Hier fällt es den EIU-Experten schwerer, eine Rechtfertigung für die schlechte Antwort auf das Coronavirus zu finden. Die sehr hohe Übersterblichkeit pro einer Million Einwohner (im Juni die zweithöchste weltweit nach Spanien) lasse sich teilweise mit der hohen Zahl ausländischer Touristen in London erklären. Insgesamt bescheinigten die Analysten der Regierung von Boris Johnson aber, zu langsam, zu unentschlossen und zu unkoordiniert auf die Krise reagiert zu haben.
Belgien hat seine Bevölkerung laut der Studie von allen OECD Ländern am schlechtesten vor der Pandemie geschützt. Es kam lediglich auf einen Gesamtwert von 2,11 – vor allem aufgrund der hohen Zahl von Todesopfern. Bei der Zahl der Tests und dem Zustand des Gesundheitswesens gab es hingegen gute Noten.