Wie gut bezahlt sind Führungskräfte wirklich? Kommt Mehrarbeit ins Spiel, relativieren sich üppige Gehälter zumindest teilweise. Laut dem „Arbeitszeitmonitor 2019“ der Hamburger Vergütungsanalysefirma Compensation Partner leisten Führungskräfte während ihrer Laufbahn 21 Monate unbezahlte Überstunden. Damit haben sie also fast zwei Jahre ihrer Karriere gratis gearbeitet. Bei Fachkräften beläuft sich die Summe der Studie zufolge auf 13 Monate.
Die Untersuchung stellt einen direkten Zusammenhang her zwischen der Höhe des Einkommens und den zusätzlichen Arbeitsstunden. Fachkräfte mit einem Jahresgehalt von bis zu 20.000 Euro verrichten demnach im Durchschnitt 1,9 Stunden Mehrarbeit pro Woche. Führungskräfte mit über 120.000 Euro im Jahr kommen laut dem Bericht auf über zehn Stunden wöchentlich. Ein Drittel der Fachkräfte und 74 Prozent der Führungskräfte erhalten für die zusätzlichen Arbeitsstunden keinen Ausgleich.
Hier gibt es die meiste Mehrarbeit
Allerdings ist die Mehrarbeit sehr ungleich auf die Branchen verteilt. Während die eine Berufsgruppe pro Woche auf nur 1,9 zusätzliche Arbeitsstunden kommt, sind es beim bundesweiten Spitzenreiter 5,2 Stunden pro Woche. Das mag noch nicht dramatisch klingen, ändert sich aber auf Jahressicht. Da ergibt sich ein Unterschied von rund 170 Stunden oder fast 22 regulären Arbeitstagen (Urlaubswochen außer Acht gelassen).
Anders ausgedrückt: Die Spitzenreiter arbeiten pro Jahr einen Monat mehr als Fach- und Führungskräfte in der Branche mit den wenigsten zusätzlichen Arbeitsstunden. Zu den Gründen für die Mehrarbeit machte Compensation Partner in der Pressemitteilung keine Angaben.
Für die Erhebung wurden laut dem Unternehmen 215.403 Arbeitsverhältnisse von Fach- und Führungskräften in Deutschland nach der jeweils geleisteten Mehrarbeit hin untersucht. Die Daten waren den Angaben zufolge nicht älter als zwölf Monate.
In diesen Branchen gibt es die meisten und wenigsten Überstunden

Beginnen wir bei den Branchen mit den wenigsten Überstunden in Deutschland. Auf Platz fünf liegt im „Arbeitszeitmonitor 2019“ der Einzelhandel. Fach- und Führungskräfte kommen demnach pro Woche auf durchschnittlich 2,3 Überstunden.

Es gibt viele Gründe, warum Bauarbeiten unvorhergesehen stocken können. Zugleich sorgen enge Zeitpläne, saisonale Verfügbarkeiten und nicht zuletzt der Fachkräftemangel bei den Firmen für volle Auftragsbücher. Da überrascht es nicht, dass das Bauwesen es unter die Branchen mit den bundesweit meisten Überstunden schafft. Auf vier Stunden wöchentlich kommt eine Fach- und Führungskraft hier im Durchschnitt.

Auf Platz vier bei der wenigsten Mehrarbeit folgen soziale Einrichtungen. Dort wurden im Durchschnitt rund 2,2 zusätzliche Stunden pro Woche gearbeitet. Soziale Einrichtungen sind unter anderem Kindergärten, Seniorenheime oder Kulturzentren.

Beschäftigte im Hotel- und Gaststättengewerbe sind Mehrarbeit gewohnt. Im Schnitt fällt pro Woche ein halber Arbeitstag zusätzlich an (4,1 Stunden). Das reicht aber gerade einmal für Platz vier der Rangliste.

Auf Platz drei der Branchen mit der wenigsten Mehrarbeit in Deutschland liegt das Gesundheitswesen. Fach- und Führungskräfte müssen laut den Analysten von Compensation Partner im Durchschnitt 2,1 Stunden zusätzlich pro Woche arbeiten. Frauen kommen statistisch betrachtet übrigens generell auf 2,2 Überstunden wöchentlich, Männer auf 3,7 Stunden.

Logistik, Transport & Verkehr schafft es in der Untersuchung von Compensation Partner auf Platz drei. 4,2 Überstunden muss jede Fach- und Führungskraft pro Woche länger arbeiten.

Nur in einer Branche gibt es noch weniger Überstunden als in der öffentlichen Verwaltung. Die Fach- und Führungskräfte bei Bund, Ländern und Kommunen bleiben der Erhebung zufolge im Schnitt knapp zwei Stunden pro Woche länger im Büro.

Mehrarbeit ist im Bereich der Konsum- und Gebrauchsgüter an der Tagesordnung. Auf durchschnittlich 4,5 Stunden wöchentlich kommen Fach- und Führungskräfte hier. Das ist aber fast eine Dreiviertelstunde weniger als beim bundesweiten Spitzenreiter.

Das mag überraschen: Laut dem „Arbeitszeitmonitor 2019“ müssen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von allen Berufsgruppen die wenigsten zusätzlichen Arbeitsstunden schieben. Sie kommen im Durchschnitt auf knapp 1,9 Stunden pro Woche.

Bankmanager? Lehrer? Nein. Die meisten Überstunden in Deutschland sammeln Woche für Woche Unternehmensberater an. Sie kommen laut dem „Arbeitszeitmonitor 2019“ pro Woche auf 5,2 Stunden. Nur jeder fünfte Beschäftigte erhalte für die zusätzliche Arbeit einen Ausgleich. „Überstunden gehören in dieser Branche zum Geschäftsalltag“, erklärte Compensation Partner. Die in der Regel lukrativen Gehälter sollten die hohe Arbeitsbelastung ausgleichen.