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Kolumne Die Schwäche deutscher Marken

Die Börsen bewerten unsere Spitzenkonzerne nach wie vor sehr viel schlechter als ausländische Konkurrenten. Von Bernd Ziesemer
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Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint jeden Montag auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen.

Die Zahlen sprechen für sich: Die acht teuersten deutschen Konzerne – von Allianz bis Volkswagen – kosten an der Börse gerade mal so viel wie Apple in den USA ganz allein. Die Nummer eins im Dax-Aktienindex, der Pharmariese Bayer, bringt es mit einer Bewertung von gut 100 Mrd. Euro nur auf ein Viertel von Google. Obwohl viele deutsche Aktien in den letzten Jahren kräftig gestiegen sind, gehören sie weltweit gesehen nicht zu den wirklichen Schwergewichten.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Die amerikanischen Digitalkonzerne mit ihren leicht skalierbaren Geschäftsmodellen bilden eine Art Sonderklasse in der globalen Wirtschaftswelt. In den USA und anderswo geht man auch mit sehr viel mehr Mut an Fusionen und Übernahmen als bei uns, so dass größere Einheiten entstehen. Und immer noch verdrängen viele Rohstoffkonzerne wie Exxon Mobil oder Petrochina normale Industriewerte auf die hinteren Plätze. Hinzu kommt an den Börsen das, was die Experten den „home bias“ nennen: Anleger kaufen lieber Aktien aus ihrem Heimatland. Unternehmen aus großen Staaten mit einer ausgeprägten Aktienkultur wie in den USA profitieren davon.

Zu wenig Markenpflege

Trotzdem sollten sich die deutschen Konzerne nicht hinter diesen Argumenten verstecken. Denn mindestens einen Faktor können die Unternehmen sehr wohl beeinflussen: ihren Markenwert. Leider tun die Manager deutscher Konzerne aber bisher zu wenig, um ihn systematisch nach oben zu treiben. Markenpflege gilt vielen Vorstandschefs immer noch als Spezialaufgabe, die man getrost an eine entsprechende Abteilung delegieren kann. Die Leidtragenden dieser Fehleinschätzung sind letztlich die Aktionäre dieser Unternehmen.

Beispiel Pharmabranche: Der Schweizer Konzern Novartis lag im letzten Jahr beim operativen Ergebnis nur knapp doppelt so gut wie sein deutscher Konkurrent Bayer. Ginge es allein nach finanziellen Kriterien, dürfte Novartis an der Börse daher nur 200 Mrd. Euro kosten, das Doppelte der Börsenbewertung von Bayer. In Wahrheit waren es zuletzt jedoch 50 Mrd. Euro mehr. Ein Teil dieser Differenz ergibt sich aus dem höheren Markenwert von Novartis.

Gerade deutsche Industriekonzerne wie SAP, Siemens oder BASF unterschätzen augenscheinlich den Effekt, den man mit konsequenter Pflege der eigenen Marke erzielen kann. Und selbst unsere Autohersteller, für die Werbung und Marketing zum absoluten Kerngeschäft gehören, schaffen meisten nicht den Sprung zum absoluten Kultstatus. Deshalb bewundern deutsche Automanager auch nichts so sehr wie die amerikanische Apple Inc. BMW gibt seit neustem sogar intern die Losung aus, man wolle selbst wie der amerikanische Computerkonzern werden. Man darf gespannt sein, was in den nächsten Jahren in München geschieht, um dieses Ziel zu verwirklichen. Ein Erfolg müsste sich vor allem in einer deutlich steigenden Bewertung an der Börse niederschlagen.

Weitere Kolumnen von Bernd Ziesemer: Die neue BASF und Die Wegseher der Deutschen Bank

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