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Wirtschaft Die Ökonomie des Koka-Anbaus in Kolumbien

Wirtschaft: Die Ökonomie des Koka-Anbaus in Kolumbien
© Getty Images
Kolumbien wählt einen neuen Präsidenten. Der alte startete einen der größten Friedensprozesse des 21. Jahrhunderts - und förderte damit ungewollt die Drogenproduktion in seinem Land

Am 27. Mai wird in Kolumbien ein neuer Präsident gewählt. Juan Manuel Santos darf nicht erneut antreten, die Verfassung verbietet eine Wiederwahl. Für das Friedensabkommen zwischen der Regierung und der Farc-Guerilla (kurz für „Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia“, deutsch: Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) 2016 hat der Präsident den Friedensnobelpreis bekommen. Parallel zum Friedensprozess setzte sich allerdings noch eine weitere Entwicklung in Gang: der Aufschwung der Kokainproduktion.

Seit ein paar Jahren schon ist Kolumbien der weltgrößte Produzent von Kokain, im November 2017 krönte der größte Drogenfund in der Geschichte des Landes diese Entwicklung: Die Polizei beschlagnahmte 13,4 Tonnen der kostbaren Substanz. Der geschätzte Wert auf dem US-Markt: 360 Mio. Dollar. Die Ware stammte von einem Clan rechter Paramilitärs. Eine Gruppe, die eine entscheidende Rolle im heutigen Drogennetzwerk Kolumbiens spielt.

Das Friedensabkommen zwischen Staat und Farc könnte das Geschäft mit der Koka-Pflanze zum Blühen gebracht haben. Da sich die Farc einst teils durch die Kokainproduktion finanzierte, war der Rückgang derselben für Präsident Santos ein wichtiger Bestandteil des Friedensprozesses. Absurderweise nahm die Entwicklung jedoch die entgegengesetzte Richtung. Einer der Gründe: Die ehemals von der Farc kontrollierten Gebiete wurden nicht direkt vom Staat übernommen, es entstand ein Machtvakuum, das sich schließlich kriminelle Banden zunutze machten. Im Gegensatz zur Farc vor ein paar Jahren, setzen die neuen Rebellen Experten zufolge heute auf den massenhaften Anbau.

Traurige Folgen für die Umwelt

Ein weiterer Aspekt des Abkommens kurbelt aktuell ungewollt das Drogengeschäft an: Um die Koka-Produktion einzuschränken, verspricht die Regierung Bauernfamilien Geld, wenn sie statt Koka legale Pflanzen anbauen. Allerdings führt dieses Angebot dazu, dass viele Bauern, die früher keine Koka-Produzenten waren, jetzt erst anfangen, die Pflanze anzubauen - um dann für den Stopp vom Staat abzukassieren.

Für die Umwelt hat dieser Effekt traurige Folgen: Die Rodung des Regenwaldes ist seit 2016 stark gestiegen. Experten meinen, die Farc fungierte früher als eine Art Umweltautorität. Rodungen seien streng sanktioniert worden, multinationale Unternehmen mieden die Region aus Sicherheitsgründen. Seit die Farc abgerückt ist, setze niemand dem Raubbau Grenzen.

Im April diesen Jahres verklagten deshalb 25 Kinder und Jugendliche den kolumbianischen Staat. Er unternehme nichts gegen die massive Abholzung des Regenwaldes, was wiederum das Recht auf Leben und Gesundheit der Menschen beeinträchtige. Das Oberste Gericht gab den Klägern Recht. Jetzt ist der Staat in der Pflicht.

146.000 Hektar Koka

Dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung zufolge stieg die Koka-Produktion von 96.000 Hektar in 2015 auf 146.000 Hektar in 2016 - ein Zuwachs von 52 Prozent. Mit einer solchen Ernte ließen sich den Berichten zufolge fast 900 Tonnen Kokain produzieren - eine Steigerung um 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zwischen 20 und 30 Prozent der Exporterlöse Kolumbiens stammen Experten-Schätzungen zufolge inzwischen vom Kokain. Damit ist die Droge zu einem der wichtigsten Exportprodukte des Landes geworden. In Statistiken taucht das illegale Wirtschaftswunder allerdings nicht auf. Zumindest nicht in seiner Reinform. Erst wenn es die Geldwäschemaschinerie durchlaufen hat, kann man die Erlöse aus der Koka-Produktion in der kolumbianischen Wirtschaftsbilanz sehen – zum Beispiel im Baugewerbe.

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