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Kolumne Die Eurozone ist besser als ihr Ruf

Für alle die immer noch glauben, in den Krisenländern hat sich nichts getan: Schauen Sie genauer hin!

Die Lage an den europäischen Anleihemärkten hat sich 2013 deutlich entspannt. Doch viele Leute glauben immer noch, eigentlich habe sich in Griechenland und den anderen Krisenländern kaum etwas getan. Schließlich steigen die Schuldenstände, gemessen in Prozent des BIP, vielerorts weiter. Auf den ersten Blick mag das frustrierend erscheinen. Das Problem: Schuldenabbau ist ein zäher Prozess. Es braucht Zeit, bis die Reformerfolge sich auch tatsächlich auf den Schuldenstand auswirken. Kein Grund aber die bereits erreichten Fortschritte wegzuwischen. Und davon gibt es einige, wenn man nur genau hinschaut. Nehmen wir das Budgetsaldo der Staaten. Keine Frage: Fällt der Blick nur auf das normale Saldo der Krisenländer, entsteht leicht der Eindruck, dass sich wenig bewegt hat. Die Reformen zeigen kaum Wirkung. Doch die Bewertung der aktiven Konsolidierungsleistung einer Regierung erfordert es, die Einflüsse der schweren Rezessionen auf die Haushaltsbilanz herauszurechnen. Und siehe da: Hier zeigt sich, dass ausgerechnet der scheinbar hoffnungslose Fall Griechenland so entschlossene Konsolidierungsbemühungen unternommen hat wie kein anderes Industrieland zuvor in einem vergleichbaren Zeitraum. Auch den anderen Sorgenkindern kann man kaum Tatenlosigkeit vorwerfen. Zwischen 2009 und 2012 hat sich hier bereits einiges bewegt.

Konjunkturbereinigtes Budgetsaldo (in Prozent des BIP)

Land

2009

2012

Griechenland

-14,8

1,2

Irland

-9,4

-6,7

Spanien

-9,1

-4,1

Portugal

-8,6

-3,7

Italien

-4,2

-0,8

Quelle: EU-Kommission

Sobald die Konjunktur wieder anspringt, dürften die Haushaltsbilanzen einen deutlichen Sprung in die richtige Richtung machen. Ähnliche Fortschritte lassen sich bei der Wettbewerbsfähigkeit beobachten. Strukturreformen sind eigentlich eine langwierige Angelegenheit. Doch schon jetzt sind Erfolge zu erkennen – mit Ausnahme Italiens. Vor allem Irland, Griechenland und Spanien sind wettbewerbsfähiger geworden. Das zeigt der Blick auf die Entwicklung der Lohnkosten.

Durchschnittliche Veränderung der nominalen Lohnstückkosten pro Arbeiter (in Prozent)

Land

2000-2008

2009-2013

Griechenland

2,7

-1,8

Irland

4,5

-2,5

Spanien

3,5

-1,1

Portugal

2,6

-0,4

Italien

2,9

1,9

Quelle: EU-Kommission

Das liegt nicht nur an der Rezession in den Krisenländern – dann wäre es eine wenig nachhaltige Entwicklung. Oder allein an der internen Abwertung über Lohnverzicht. Es liegt teilweise an einer neuen Exportausrichtung der Firmen. Viele spanische und portugiesische Firmen haben aus der Not heraus neue Märkte in wachstumsstarken Schwellenländern in Lateinamerika und Afrika erobert. Mut macht schließlich auch der Blick auf die Eurozone als Ganzes. Alle Welt prügelt auf Europa als Schuldennest ein und der Euro hat mittlerweile einen schlechten Ruf. Doch im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen ergibt sich ein erstaunliches Bild: Blickt man auf die Fundamentaldaten der Währungszone als Ganzes steht sie nämlich viel besser da als der Rest der industrialisierten Welt.

Budgetsaldo (in Prozent des BIP)

Land

2012

2013

Eurozone

-3,7

-3,1

Großbritannien

-6,1

-6,4

USA

-9,1

-6,4

Japan

-9,6

-9,6

Quelle: Berenberg Bank

Da weist die Euro-Zone 2013 ein Defizit von knapp drei Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Zum Vergleich: In den USA und Großbritannien ist die Finanzierungslücke mehr als doppelt so groß. In Japan sogar dreimal so groß. Ähnlich drastisch ist der Vergleich übrigens, wenn man den Primärsaldo hinzuzieht – also die Budgetbilanz unter Herausrechnung der Zinslast. Es drängt sich das Gefühl auf, dass Europa bereits ein gutes Stück seiner Hausaufgaben gemacht hat, während andere noch viel vor sich haben. Es ist eine Frage der Zeit, bis die Märkte das noch deutlicher erkennen und entsprechend einpreisen.

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