Der Streit zwischen Apple und Epic Games geht in die nächste Runde. Nachdem das Bezirksgericht in Oakland das Urteil im Rechtsstreit der beiden Unternehmen am Freitag gesprochen hat, legte der Spielentwickler Berufung gegen das Urteil ein. Damit werden die Berufungsrichter prüfen, ob im ursprünglichen Verfahren Fehler unterlaufen sind. Ob auch Apple rechtlich gegen das Urteil vorgeht, ist bislang nicht bekannt.
Im Zentrum des mehr als einjährigen Prozesses steht das Geschäftsmodell von Apple App-Store. Apple-Nutzer, die Apps kaufen oder In-App-Käufe tätigen, können bislang ausschließlich über den App Store bezahlen. Alternative Bezahlmöglichkeiten oder Hinweise darauf durch die App-Entwickler hat Apple bislang unterbunden – darf das nach dem jüngsten Urteil aber künftig nicht mehr. Stattdessen dürfen Entwickler in ihren Apps auf andere Bezahlformen wie beispielsweise Paypal hinweisen oder auf ihre Unternehmens-Website weiterleiten.
Das Unternehmen wertete das Gerichtsurteil zwar als Sieg und als Bestätigung des eigenen Geschäftsmodells. Gleichzeitig bedeutet die Entscheidung die wohl größte Regeländerung in der Geschichte seines App Stores – und womöglich auch die teuerste. Denn für den Kauf von Apps über seinen App Store erhält der Konzern zwischen 15 und 30 Prozent Provision . Schätzungen zufolge bewegt sich der Erlös aus diesem Geschäft im zweistelligen Milliardenbereich. Spiele wie von Epic Games machen dabei rund 70 Prozent des App-Store-Umsatzes aus – allein 2020 entfielen fast 78 Mrd. Dollar auf Gaming-Apps .
Kursdelle nach Urteilsverkündung
Anleger reagierten auf die Entscheidung in Oakland aber deutlich nervös. Nach einem zwischenzeitlichen Rekordhoch von 132,86 Euro am Mittwoch, sackte der Kurs am Freitag auf 127,76 Euro ab. Direkt nach der Urteilsverkündung gab der Kurs binnen weniger Minuten um vier Prozent nach, im Tagesverlauf belief sich das Minus immerhin noch auf 2,5 Prozent. Auch die Aussicht auf die mögliche Vorstellung des neuen iPhone 13 am 14. September konnte diese Kursdelle am Montag nicht mehr ausgleichen. Stattdessen gab der Kurs um zwischenzeitlich um 1,2 Prozent nach.
Auch für Epic Games ist das Gerichtsurteil trotz des Teilerfolgs eine herbe Niederlage. Rund neun von zehn Anklagepunkten des Spieleentwicklers schmetterte das Bezirksgericht nämlich ab. Dazu gehörte auch die Forderung auf einen eigenen App Store auf Apple-Geräten, da das Vorgehen, nur die Installation aus der Apple-Plattform zuzulassen, wettbewerbswidrig sei.
Darüber hinaus forderte das Gericht den Spieleentwickler auf, 3,6 Mio. Dollar an Apple zu zahlen. Um die Apple-Provision zu umgehen, hatte Epic digitale Artikel für iOS-Nutzer bei seinem Kassenschlager „Fortnite“ über einen Code direkt zum Kauf angeboten. Apple verbannte Epic Games daraufhin aus dem App Store, Epic zog wiederum im August 2020 gegen den Rauswurf vor Gericht.
Der Gerichtsprozess markiert den Tiefpunkt der einst so engen Beziehungen zwischen dem Spieleentwickler und dem Techkonzern. Jahrelang war Epic Games bei Produkteinführungen von Apple vertreten, die Entwickler beider Unternehmen tauschten sich aus und mehr als 1 Mio. Dollar flossen Gerichtsunterlagen zufolge in die Vermarktung von Epic-Spielen.
Mit der Entwicklung des Erfolgsspiels „Fortnite“ verschlechterte sich das nahezu symbiotische Verhältnis der beiden Unternehmen. Immer wieder gab es Diskussionen über die Rahmenbedingungen für Epic Games im App Store. Der Vorwurf der Spielemacher: Apple schaffe mit seinem App Store ein geschlossenes System, mit dem es Nutzer und Entwickler kontrolliere. Apple hielt dagegen, man brauche die Rahmenbedingungen, um Nutzern die nötige Sicherheit zu bieten.
2018 eröffnete der Spieleentwickler schließlich seinen eigenen Epic Store, der nicht nur eine niedrigere Provision für Spiele auf PCs und Macs anbot, sondern auch verschiedene Bezahlmöglichkeiten zuließ. Ende Juni 2020 versuchte Epic-Chef Tim Sweeney noch einmal, Apple in einem Schreiben dazu zu bewegen, auch alternative Zahlungsmethoden auf Apple-Geräten zuzulassen. Als Apple nicht reagierte, startete Epic Games sein eigenes Bezahlsystem.
Auch außerhalb der USA gerät Apple unter Druck
Mit der Berufung zeigt Epic Games jetzt, dass der Spieleentwickler sich noch lange nicht geschlagen gibt. Neben der Berufung in den USA geht das Unternehmen außerdem in Großbritannien, Australien und in Europa gegen Apple vor. Und abseits des Streits zeigt sich, dass der Tech-Konzern auch in anderen Ländern längst für seinen großen Einfluss am Markt unter Beschuss ist. Die EU-Kommission wirft dem Konzern unfairen Wettbewerb vor. In Südkorea hat das Parlament bereits ein Gesetz verabschiedet, damit App-Entwickler auch andere Bezahlsysteme nutzen dürfen. Und in Indien wollen die Wettbewerbshüter wegen der Bezahlsysteme ein Ermittlungsverfahren einleiten.
Wie sich die Entscheidung von Freitag auf das Geschäftsmodell App Store auswirkt hängt davon ab, wie umständlich Apple es Entwicklern und Nutzern macht, andere Bezahlmöglichkeiten anzubieten und zu nutzen. Während große App-Anbieter von dem Urteil in Oakland profitieren dürften, könnten gerade kleinere Entwickler vor dem höheren Arbeitsaufwand zurückschrecken.
90 Tage hat Apple Zeit, um seine Regeln entsprechend zu ändern, legte das Gericht am Freitag fest. Die Berufung könnte die Umsetzung noch einmal verzögern. Ob die neuen Regeln dann nur für die USA oder gleich weltweit gelten, will Apple in den kommenden Wochen entscheiden.

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