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Kolumne Der krumme Weg zur Deutschen Commerzbank

Bernd Ziesemer
Bernd Ziesemer
© Copyright: Martin Kress
Die Gerüchte über eine Fusion der beiden Frankfurter Großbanken erhalten neue Nahrung. Aber was wäre das Geschäftsmodell dieser verzweifelten Kombination? Bernd Ziesemer erklärt, warum ein Zusammenschluss wenig Sinn ergibt

Einen Namen für das neue Kreditinstitut zu finden, das wäre nicht schwer: „Deutsche Commerzbank“ bietet sich an. Kommt es wirklich zu einer Fusion der Frankfurter Kreditinstitute, dann könnte man sich auch schon das gemeinsame Logo denken: Das Quadrat mit dem Strich kommt von der Deutschen Bank, die Farbe gelb von der Commerzbank – und fertig ist das neue Markenbild. Damit wäre die Liste der leichten Dinge aber auch schon abgehakt; alles andere dürfte viel Kopfzerbrechen machen.

Eine der schwersten Übungen wäre die Zusammenlegung der Filialen. Beispiel Hamburg-Harvestehude: An der Kreuzung von Mittelweg und Milchstraße liegen sich die Dependancen der beiden Großbanken genau schräg gegenüber. Eine von zweien wäre komplett überflüssig. Und so ist es in vielen deutschen Städten. Deshalb käme nach der Fusion der Deutschen Bank und der Commerzbank als erstes ein gewaltiges Blutbad unter der Belegschaft: die Schließung fast der Hälfte aller Filialen und der Abbau Tausender Stellen. Schließlich gibt es ja auch noch die Postbank im Verbund des Deutsche-Bank-Konzerns mit ebenfalls sehr, sehr vielen Stützpunkten.

Eine schlichte Kombination der beiden Großbanken, die in den letzten Tagen durch Gerüchte aus Berlin wieder einmal auf die Tagesordnung gerückt ist, löst aber vor allem nicht das Grundproblem beider Institute: Womit wollen sie künftig ihr Geld verdienen? Bisher sind alle Versuche, die beiden angeschlagenen Kreditinstitute wieder nachhaltig profitabel zu machen, gründlich gescheitert. Und es gibt kein logisches Argument, warum das nach einer Fusion besser laufen sollte. Natürlich könnte sich die „Deutsche Commerzbank“ in eine Retail-Bank mit ausschließlichem Fokus auf Deutschland verwandeln. Aber dann bliebe immer noch der schwierige Wettbewerb mit den vielen deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Außerdem müsste man bei der Deutschen Bank in diesem Fall ein zweites Blutbad anrichten: die Schließung des restlichen Investment-Bankings in aller Welt.

Eine Kombination, die halb international und halb auf Deutschland fixiert wäre, brächte ebenfalls keinen Vorteil zum jetzigen Status quo. Genau das versucht die Deutsche Bank ja schon jetzt – und das ohne Erfolg. Warum die schwachbrüstige Commerzbank, die immer noch viele Altlasten mit sich herumschleppt, eine nachhaltige Verbesserung des jetzigen Geschäftsmodells bringen sollte, das konnten die Befürworter dieser Lösung bisher noch nicht überzeugend darlegen.

Eine europäische Lösung wäre besser

Wahrscheinlich würde eine Fusion nur dazu führen, dass sich die neue „Deutsche Commerzbank“ zwei bis drei Jahre nur noch mit sich selbst beschäftigt. Die Deutsche Bank schafft es schon jetzt nicht, im Konzern Dutzende von überkommenen IT-System zu vereinheitlichen. Man stelle sich nur das Chaos nach einer Kombination mit der Commerzbank vor. Die hohen Kosten der Vereinigung lieferten dann allerdings ein gutes Argument, warum es erneut keine großen Gewinne gibt. Außerdem wäre die neue vereinigte Bank endgültig „too big to fail“. Die deutsche Politik wäre auf Gedeih und Verderb gezwungen, das neue Institut zu unterstützen, wenn es hart auf hart kommt in der nächsten Finanzkrise. Vielleicht sehen das die Architekten der Fusion sogar als eigentlichen Vorteil dieser Variante.

Die bessere Lösung wäre, wie so oft, eine europäische Lösung: die Fusion der Deutschen Bank mit einem starken Kreditinstitut in einem Nachbarland. Doch das will die Bundesregierung um jeden Preis verhindern. Denn bei ihrer lausigen Marktkapitalisierung wäre die Deutsche Bank in jeder denkbaren europäischen Kombination nur noch der Juniorpartner. Und das will niemand in Berlin. Dann doch lieber eine Fusion von zwei deutschen Verlierern.

Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint jeden Montag auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen .

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