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Gastkommentar Der Diesel ist tot, es lebe der Diesel!

Der Ruf des Dieselmotors ist seit dem Abgasskandal ruiniert, dabei sind moderne Aggregate so sauber wie nie
Der Ruf des Dieselmotors ist seit dem Abgasskandal ruiniert, dabei sind moderne Aggregate so sauber wie nie
© Getty Images
Der einst als Klimaretter gepriesene Dieselmotor wird heute als Umweltverschmutzer verteufelt. Für Guido Reinking gibt es nach wie vor gute Gründe, die für den Selbstzünder sprechen

Die Welt ist nicht gerecht: Als Dieselmotoren noch ohne Rußpartikelfilter daherkamen und von Stickoxiden nicht die Rede war, da fanden ihn selbst die Grünen gut. Vehement forderten sie ein Drei-Liter-Auto (Verbrauch, nicht Hubraum!). Und das war natürlich ein Diesel. 20 Jahre ist das erst her, oder drei Fahrzeuggenerationen. Jetzt, wo moderne Diesel endlich sparsam und sauber sind, sollen sie abgeschafft werden. Die Grünen sehnen den Tag herbei, an dem der letzte Selbstzünder auf den Schrott nagelt.

Dabei gibt es objektiv betrachtet nach wie vor gute Gründe für einen Diesel. Seit September 2017 gilt für neue Fahrzeugtypen die Abgasnorm Euro 6d-temp, ab September 2019 für alle neu zugelassenen Autos. Solche Fahrzeuge bleiben teilweise sogar weit unter den Grenzwerten für Stickoxide und Feinstaub. Und das nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Straße, haben Messungen des ADAC ergeben. Mercedes-Benz hat 2,6 Mrd. Euro in die Entwicklung eines solchen Motors investiert.

Für Viel- und Langstreckenfahrer sind Diesel-Motoren derzeit noch alternativlos weil 20 Prozent sparsamer als Benziner. Im reinen Stadtverkehr kann auch ein Hybrid oder Plug-in-Hybrid Sinn machen. Letzterer kann zumindest 30 bis 40 Kilometer elektrisch fahren. Auf der Autobahn dreht die Ersparnis dieser Fahrzeuge aber schnell ins Negative: Sie verbrauchen dann mehr Kraftstoff als reine Benziner und viel mehr als Diesel.

Der Diesel-Anteil sinkt, der CO2-Ausstoß steigt

Der Ruf des Diesel ist lädiert – möglicherweise für immer. Das Wort „Dieselfahrverbote“ differenziert eben nicht nach Euro-Normen. Und die Drohung von selbsternannten Umweltschützern wie der Deutschen Umwelthilfe (die in Wahrheit eine industriefinanzierte Lobby-Organisation ist), auch gegen Euro 6-Diesel vorzugehen, tut ein übriges. Zudem: War nicht auch der Euro 5-Diesel mal ein Umweltengel? Und ist das nicht erst wenige Jahre her? Auf Zusicherungen von Industrie und Politik will sich ein Autokunde, der zehntausende Euro investiert, eben nicht mehr verlassen.

Eine Folge ist, dass der Diesel-Anteil sinkt und der CO2-Ausstoß der Flotte steigt. Für die Anti-Auto-Lobby ist das der perfekte Sturm. Der Umwelt tut man damit sicher keinen Gefallen.

Mein nächstes Auto wird deshalb auf jeden Fall ein Diesel. Bei meinem Fahrprofil (20.000 Kilometer pro Jahr, ab und zu Hängerbetrieb) gibt es keine Alternative – weder ökonomisch noch ökologisch.

Guido Reinking ist Wirtschafts- und Autojournalist. Er war Redakteur der Financial Times Deutschland und Chefredakteur der Automobilwoche. Für Capital schreibt er regelmäßig die Kolumne „Autobiografie“

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