BMW, Daimler, Porsche – die deutschen Hersteller von Luxusautos berappeln sich nach dem Absatzeinbruch in der Corona-Krise schneller als erwartet. Vor allem die am letzten Donnerstag veröffentlichten Zahlen von Daimler muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Vor Zinsen und Steuern verdiente der Konzern im dritten Quartal dieses Jahres 3 Mrd. Euro – und lag damit ein Drittel besser als von den Analysten zuvor erwartet. Daimler konnte sich insgesamt über einen Mittelzufluss von 5 Mrd. Euro freuen, während der sogenannte Free Cashflow im Vorquartal gerade einmal 685 Mio. Euro betrug. Und weil keine andere Kennziffer so viel über die Stärke eines Unternehmens aussagt wie der freie Mittelzufluss, kann man den Schluss wagen: Es geht wieder deutlich aufwärts bei Daimler.
Natürlich schließen die Premiumhersteller das Gesamtjahr 2020 trotzdem mit einem empfindlichen Minus gegenüber 2019 ab. Und natürlich stehen sie weiter vor großen Herausforderungen, vor allem durch die Umstellung auf Elektroautos. Und last but not least geht es durchaus nicht allen Herstellern so gut wie den glücklichen Drei. Man denke beispielsweise nur an Opel. Unter dem Strich aber kann man nach den neusten Zahlen feststellen: Die deutsche Autobranche kann sich aus eigener Kraft wieder aus dem Corona-Tief herausarbeiten. Und wie so oft in früheren Jahren, so sorgen vor allem die Exporte für die schnelle Wiederbelebung der Branche.
Daimler und Co. kommen ohne weiteren Hilfen aus
Trotzdem wabert in Deutschland immer noch die Forderung nach einer weiteren nationalen Kaufprämie für die Branche durch die Lobby des Bundestags. Die ohnehin dünnen Argumente dafür sind nach den letzten Zahlen der Hersteller noch dünner geworden. Wenn überhaupt, dann brauchen nicht die Autokonzerne, sondern ihre Zulieferer Hilfe. Dafür gibt es jedoch sehr viel bessere direkte Wege – zum Beispiel über subventionierte Kredite und Steuererleichterungen – als über die Kaufprämien, die notwendig zu hohen Mitnahmeeffekten führen. Oder einfacher gesagt: BMW, Porsche und Daimler kommen gut ohne weitere Hilfen aus.
So sehr sich die glücklichen Drei über die Quartalszahlen freuen können, so schwierig machen sie allerdings kurzfristig ihren notwendigen strukturellen Umbau: Die Durchsetzung der beschlossenen Sparmaßnahmen dürfte nun eher noch schwieriger werden als ohnehin absehbar. Die mächtige IG Metall trommelt bereits seit Wochen lautstark gegen die vorgesehenen Entlassungen. Nun werden Betriebsräte und Funktionäre noch sehr viel entschlossener auftreten, um die Sparmaßnahmen in den Stammwerken zu verhindern. Der Verweis auf die neuen Milliardeneinnahmen dürfte ausreichen, um gerade bei Daimler die Mobilisierung der Arbeitnehmer anzukurbeln.
Doch diese Argumentation beruht auf einem Denkfehler: Die Sparprogramme dienen weniger dazu, die Verluste aus der Corona-Krise auszugleichen, als die Hersteller fit für die Zukunft zu machen. An ihnen führt, gute Zahlen hin oder her, nichts vorbei. Man muss kein Raketen-Physiker sein um zu begreifen, dass man für den Bau von Elektromotoren sehr viel weniger Beschäftigte braucht als für die Montage von Dieselaggregaten. Und dass man im Zeitalter der Digitalisierung auch andere Angestellte braucht als vorher – Programmierer statt Kfz-Monteure.
Bernd Ziesemerist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint regelmäßig auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen.