Bisher hat sich die Corona-Krise nicht zu einer Bankenkrise entwickelt, auch wegen des beherzten Eingreifens von Notenbanken und Regulierern. Doch nun warnt die Ratingagentur S&P Global Ratings vor Ungemach für die Kreditinstitute. Weil die Konjunktur sich nicht so schnell erhole wie zunächst gedacht, drohten den Banken weltweit weitere Herabstufungen ihrer Kreditwürdigkeit.
Auch wenn die Ratingagenturen ihre Einstufungen als Meinungen charakterisieren, so haben sie doch erheblichen Einfluss auf das Geschäft von Banken. Je niedriger nämlich deren Kreditrating ist, desto teurer ist die Refinanzierung ihrer Tätigkeit, was wiederum die Rentabilität drückt. Dies gilt insbesondere dann, wenn Banken in den Raschstatus abzurutschen drohen. Von dieser Grenze sind in Europa, wo zahlreiche Banken ohnehin kaum Geld verdienen viele der Institute nicht mehr so weit entfernt.
In einer am Donnerstag veröffentlichten Studie räumt S&P ein, dass man die wirtschaftlichen Perspektiven inzwischen skeptischer betrachtet als noch vor zwei Wochen. Die Ratingagentur prognostiziert für dieses Jahr für die Eurozone eine um 7,3 Prozent und für die USA eine um 5,2 Prozent schrumpfende Wirtschaft, bevor es dann in den nächsten beiden Jahren eine kräftige Erholung geben werde. Zum Vergleich: Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie war von S&P für die beiden Wirtschaftsräume ein Wachstum von 1,2 bzw. 2,3 Prozent vorhergesagt worden. In einigen Volkswirtschaften könne sich die Erholung sogar deutlich verlangsamen. Und das habe Auswirkungen auf das das Geschäft von Banken, schließlich sei deren „Kreditwürdigkeit eine Funktion der Volkswirtschaften der sie dienen.“
Nach „der jüngsten abwärtsgerichteten Revision unseres Ausblicks“ habe sich auch der Ausblick deutlich eingetrübt wegen dessen „langfristigen Einfluss auf die Rentabilität von Banken“, hießt es in der unter Leitung der Analysten Alexandre Birry (London), Gavin Gunning (Melbourne) und Emmanuel Volland (Paris) erstellten Studie. Sie betonen: „Wir können weitere Ratingaktionen einschließlich Herabstufungen nicht ausschließen, insbesondere bei Banken mit bereits bestehenden Fragen zu ihrer finanziellen Stärke.“ Dies gelte insbesondere für West-Europa, wo viele Banken bereits vor der Pandemie recht renditeschwach gewesen seien. Zu Beginn der Pandemie hatten Ratingagenturen vor diesem Hintergrund auch die Kreditratings deutscher Banken herabgestuft.
„Wir könnten weitere negative Ratingmaßnahmen ergreifen, wenn wir erwarten, dass die konjunkturelle Konjunkturerholung wesentlich schwächer ausfallen oder sich verzögern wird, da dies eine weitaus negativere Auswirkung auf die Kreditstärke der Banken haben würde“, heißt es in der Studie.
In der Studie werden die nach S&P-Einstufung 200 wichtigsten globalen Banken aufgeführt. Aus Deutschland sind sieben Institute bzw. Bankengruppen aufgeführt, die alle einen negativen Ausblick haben. In der Sprache der Ratingagenturen bedeutet dies, dass eine Herabstufung droht. Schon recht negativ eingeschätzt werden die Deutsche Bank und die Commerbank (beide Rating „BBB+“) sowie die Hamburg Commercial Bank (ehemals HSH Nordbank) mit „BBB“. Hingegen kommt der genossenschaftliche Sektor insgesamt auf ein „AA-“, für die Deka Bank lautet das Urteil auf „A+“ und für die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen auf „A“. Die Volkswagen-Bank wird mit „A-“ bewertet.
Schlechter als die deutschen Institute kommen unter anderem die italienischen Banken, auch weil das Land viel stärker als andere von der Corona-Pandemie getroffen wurde und für das in diesem Jahr eine um knapp 10 Prozent schrumpfende Wirtschaft vorhergesagt wird. Die beiden wichtigsten Institute Intesa Sanpaolo und Unicredit werden mit „BBB“ eingestuft. Damit haben sie noch genau eine Ratingstufe („BBB-“), bevor sie in den Ramschstatus abrutschen würden. In Spanien ist das Ratingbild ebenso wie in Deutschland recht gemischt, in Frankreich tendenziell positiver. Die in Deutschland sehr aktive niederländische Bank ING wird mit „A+“ eingestuft.
Doch trotz der Risiken für das Rating, erwarten die Autoren der Studie keinen Absturz der Banken-Branche. Dafür nennen sie vier Gründe:
- Die Banken hätten weltweit nach der globalen Finanzkrise „starke Kapital- und Liquiditätspositionen aufgebaut“. Dies sie durch eine „wesentliche Verschärfung“ der regulatorischen Regeln in den vergangenen zehn Jahren unterstützt worden.
- „Die substantielle Unterstützung und Flexibilität, die die Bankensysteme von den Behörden erhalten werden, um sie dazu zu bewegen, weiterhin Kredite an Haushalte und Unternehmen zu vergeben, sei es in Form von Liquidität oder Kreditgarantien.“ Dazu gehörten auch regulatorische Erleichterungen.
- Die Banken profitierten von einer „bisher noch nie da gewesenen direkten Unterstützung, die die Regierungen den Unternehmens- und Haushaltssektoren gewähren werden“.
- Schließlich werde es dem Sektor helfen, dass sie die Weltwirtschaft im nächsten Jahr voraussichtlich kräftig erholen werde, „auch wenn die anschließende Erholung von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen wird“.