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Digital Markets Act Apple verliert sein Monopol bei App-Stores – was ändert sich jetzt?

Icon des Apple App Stores auf einem iPhone-Display
Einzige Option: Bislang konnten iPhone-Nutzer ihre Apps nur über den Apple-App-Store herunterladen. Das soll sich künftig ändern
© NurPhoto / IMAGO
Mehr Auswahl für Kunden: Digital-Konzerne müssen ihre Systeme für andere Anbieter öffnen. Dazu verpflichtet sie ein EU-Gesetz. Auch Apple lässt alternative App-Stores zu – lässt sich aber eine Hintertür offen

Apple-Nutzer können voraussichtlich ab März App-Stores fremder Anbieter installieren und darüber Anwendungen herunterladen. Damit reagiert Apple auf ein EU-Gesetz über Digitale Märkte. Der Digital Markets Act (DMA) verbietet großen Online-Plattformen, sogenannten Gatekeepern, andere App-Marktplätze von ihren Geräten auszuschließen. Kunden sollen dadurch aus unterschiedlichen Diensten zu faireren Preisen auswählen können. Bislang stehen iPhone-Besitzern lediglich die hauseigenen Apple-App-Stores offen, wenn sie Nachrichtendienste, Spiele und andere Programme auf ihr Handy laden wollen. 

Das Gesetz nützt Kundinnen und Kunden, kann aber auch für App-Entwickler positiv sein. „Sie können wählen, ob sie ihre Apps im Apple-Store oder bei einem anderen, möglicherweise günstigeren Marktplatz anbieten“, sagt Thomas Duhr, Vize-Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) zu Capital. „So hat der Wettbewerb im Ökosystem Apple wieder eine Chance.“

Apple warnt vor Schadsoftware – zurecht?

Apple verabschiedet sich von seiner Monopolstellung in der EU mit einer Warnung: Wer Apps mit dem Browser herunterlade und auf eigenes Risiko installiere, eröffne neue Einfallstore „für Malware, Betrug und Betrugsversuche, illegale und schädliche Inhalte sowie andere Bedrohungen für Datenschutz und Sicherheit.“ Dieser Einschätzung folgt der Bundesverband Digitale Wirtschaft nicht. „Jeder Marktplatz sollte ein Interesse daran haben, seinen Kunden ein gutes und sicheres Kauferlebnis zu bieten“, sagt Thomas Duhr. Wer das nicht könne oder wolle, werde schnell wieder verschwinden.

Möglichen Risiken für Nutzer sowie ihre Geräte begegnet Apple mit einer eigenen Strategie. Der Konzern kündigte am Donnerstag in einer Mitteilung an, „Schutzmaßnahmen“ ergreifen zu wollen: Apple will alle verfügbaren Apps auf Schadsoftware und andere Sicherheitsbedrohungen überprüfen, egal auf welchem Marktplatz sie angeboten werden. Apps, die keine Gefahr für das Apple-eigene Betriebssystem iOS darstellen, will Apple „beglaubigen“. Nicht gecheckt werden dagegen die mit den Apps verbundenen Geschäftspraktiken und die dort gezeigten Inhalte. Die Maßnahmen werden dem Unternehmen erlauben, weiterhin die Installation von Anwendungen zu kontrollieren.

Außerdem müssen sich App-Store-Entwickler künftig autorisieren lassen und nachweisen, dass sie sich an laufende Anforderungen halten. Das heißt, schlussendlich erteilt der Digital-Konzern die Erlaubnis, welche Marktplätze seinen Ansprüchen gerecht werden und wer Apple-Nutzern welche Apps anbieten darf.

Das sieht Digital-Experte Duhr vom BVDW kritisch: „Man kann sicher eine Institution fordern, die etwa Sicherheitsstandards festlegt und ihre Einhaltung überprüft.“ Es sei aber nicht im Sinne des Digital Markets Acts, dass Apple den aufkommenden Wettbewerb etwa durch Beglaubigungen selbst reglementiert und einschränkt.

Änderungen bei Browser und kostenlosem Bezahlen

Um den Monopolvorwürfen der Europäischen Union weiter entgegenzutreten, nimmt Apple neben den Änderungen bei Apps und App-Stores weitere Schritte vor: Künftig dürfen europäische iPhone-Nutzer ihren Standart-Browser frei wählen und etwa über Google Chrome, Firefox oder Microsoft Edge ins Internet gehen. Bislang öffnet der Apple-Browser Safari automatisch alle Web-Links. 

Außerdem lässt das iPhone seine Nutzer bald auswählen, welche Anwendung automatisch startet, wenn sie an der Supermarktkasse oder anderen Bezahlterminals kontaktlos bezahlen wollen. Die NFC-Funktion („Near Field Communication“) im iPhone war bislang nur für den hauseigenen Bezahldienst Apple Pay freigeschaltet.

Beides – alternative Bezahlmethoden und Webbrowser – war bislang wegen möglicher Sicherheitsrisiken nicht gestattet. Alle neuen Möglichkeiten können iPhone-Besitzer nur nutzen, wenn sie die Betriebssystem-Version iOS 17.4 auf ihrem Gerät installieren. Sie soll ab März verfügbar sein.

Umstrittene Umsatzbeteiligung für Bezahl-Apps und In-App-Käufe

Das Apple sich den EU-Vorgaben nur zögerlich beugt, mag auch mit dem Geschäftsmodell des Konzerns zusammenhängen. Bislang hat Apple an der Monopolstellung des hauseigenen App-Stores kräftig verdient: 30 Prozent ihres Jahresumsatzes aus kostenpflichtigen App-Downloads und In-App-Käufen mussten Entwickler an Apple abdrücken. Kleinere Entwickler unter eine Million Dollar Umsatz pro Jahr zahlten 15 Prozent. 

Diese Umsatzbeteiligungen sinken nun auf 17 und zehn Prozent. Allerdings fallen zusätzlich drei Prozent an, wenn Apps die Zahlungsabwicklung des Apple-App-Stores nutzen. Als Alternative bietet der Konzern App-Entwicklern an, einen alternativen Zahlungsdienst in ihrer Anwendung einzubinden oder Kunden auf externe Webseiten weiterzuleiten, bei denen keine Apple-Gebühren entstehen.

Wahl zwischen alten und neuen Bedingungen

Entwickler von Apps und Marktplätzen können nun wählen, ob sie bei den bestehenden Bedingungen von Apple bleiben oder die neuen EU- und DMA-konformen Möglichkeiten für Vertrieb oder Zahlungsabwicklung nutzen wollen. Entscheiden sie sich für letzteres, gelten für sie allerdings auch Apples neuen Geschäftsbedingungen. Diese enthalten einen Haken: Apple führt an anderer Stelle neue Gebühren ein. 

Für häufig installierte Apps soll es eine „Kern-Technologie-Gebühr“ geben. Knackt eine App innerhalb von zwölf Monaten die Marke von einer Million Erstinstallationen, werden für jede weitere Erstinstallation der App in dem Zeitraum 50 Cent fällig. Apple geht zwar davon aus, dass weniger als ein Prozent der Entwickler diese Gebühr für ihre EU-Apps zahlen müssen. Zumindest für Tech-Riesen wie Meta und Spotify könnten die neuen Geschäftsbedingungen aber teuer werden. 

„Es bleibt abzuwarten, wie viele App-Entwickler und -Anbieter sich den neuen Anforderungen beugen, und wie viele am bisherigen Geschäftsmodell festhalten. Schließlich erfordert das keine Anpassungen“, sagt Duhr vom Bundesverband Digitale Wirtschaft.

In den vergangenen Jahren ist Apples App-Geschäft enorm gewachsen, auch in der Europäischen Union. Ob sich die kommenden Änderungen im Betriebssystem, beim Browser und dem App-Store für Apple wirtschaftlich merklich auswirken, ist schwer vorherzusagen. Es hängt auch davon ab, wie Konsumenten reagieren. „Es ist davon auszugehen, dass Apple Werbung für konkurrierende App-Marktplätze nicht ermöglichen wird“, so Duhr. „Wie viele Nutzerinnen und Nutzer dementsprechend vom gewohnten Markt zu den neuen Angeboten wechseln, ist noch nicht absehbar.“

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