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Sportbranche „Eigentlich haben Sportartikelhändler von Corona profitiert“

Sportscheck-Filiale in Bonn. Das Unternehmen hat nun zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren einen neuen Eigentümer
Sportscheck-Filiale in Bonn. Das Unternehmen hat nun zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren einen neuen Eigentümer
© IMAGO / Marc John
René Benko verkauft Sportscheck an den britischen Konkurrent Fraser. Manche fragen sich: Warum? Was das über den Zustand der Sportartikelbranche aussagt, erklärt Handelsexperte Hansjürgen Heinick vom IFH Köln

Herr Heinick, der österreichische Milliardär René Benko hat seiner Sportsparte Signa Sports United am Montag den Stecker gezogen – ihr eine Kapitalerhöhung verweigert. Das Unternehmen hat immer wieder Verluste geschrieben – und das, obwohl der Sportmarkt global angeblich wächst. Ist Benko etwa ein schlechter Handelsunternehmer?
HANSJÜRGEN HEINICK: Dazu kann ich nichts sagen. Ich kann aber generell bestätigen, dass sich der Gesamtmarkt Sport in den vergangenen Jahren robust und stark entwickelt hat. Sport ist sogar während der Coronazeit gewachsen, weil das Sporttreiben den Menschen Abwechslung und Beschäftigung mit gleichzeitig positivem Gesundheitsaspekt gegeben hat. Und das Wachstum ist geblieben, nur die nachgefragten Teilbereiche der Branche haben sich teilweise geändert. Während Corona ging es vor allem um kontaktarme Sportarten drinnen und draußen, wie Fitness, Inlinern, Laufen. Jetzt sind die Teamsportarten wieder gefragter.

Am Dienstag hat Signa den Verkauf von Sportscheck an den britischen Konkurrenten Fraser verkündet. Sportscheck verkauft seine Produkte nicht nur online, sondern auch stationär. In welchem dieser Bereiche liegen derzeit die Probleme im Handel?
Zu den konkreten Zahlen von Sportscheck kann ich nichts sagen. Grundsätzlich hat der Onlinekanal – über alle Handelsbranchen hinweg, nicht nur mit Blick auf die Sportbranche – in der Zeit der Pandemie deutlich profitiert und Marktanteile gewonnen. Seit dem Ende der Kontaktbeschränkungen sehen wir, dass die Leute auch wieder gerne in die Geschäfte gehen. Das drückt zwar den Onlineanteil am Gesamthandelsumsatz ein paar Prozentpunkte, aber es wird immer noch viel mehr online gekauft als vor Corona. Und gerade im mittleren bis gehobenen Preisbereich des Markenhandels sorgt die Transparenz für einen intensiven Wettbewerb.

Fraser betont jetzt in seiner Pressemitteilung, dass es große Wachstumschancen durch die Übernahme von Sportscheck in Deutschland sieht. Grund dafür sei auch, dass Fraser eine enge Partnerschaft zu Nike und Adidas hat. Wie wichtig sind solche großen Marken für einen Sporthändler?
Große Marken haben immer auch eine entsprechende Anziehungskraft. Insofern ist das schon ein wichtiger Aspekt. Aber natürlich geht es am Ende darum, als Händler insgesamt ein attraktives Angebot, einen individuellen USP zu haben. Dazu gehört neben anderen Marken auch die abgestimmte Sortimentsauswahl insgesamt, eine gute Verknüpfung von Online- und stationärem Verkauf und eine gelungene Einbindung von Services.

Das Umfeld klingt extrem herausfordernd. Können Sportartikelhändler wie Sportscheck, Intersport & Co. eigentlich erfolgreich in beiden Welten, online und stationär, sein?
Online und stationär sind heute ja keine zwei Welten mehr, sondern gehören zu einer gemeinsamen Handelswelt. Das beste von beiden, optimal vernetzt für die Kundschaft angeboten, das ist ideal. Natürlich ist das in der Praxis nicht so einfach. Aber während online Ware aus einer großen Auswahl, meist vergleichsweise preisgünstig und vor allem bequem nach Hause bestellt werden kann, kann eine wertige Beratung, können Services, wie für Fahrräder oder Skier, oder eine Laufanalyse vor allem stationär erbracht werden. Und: Auch Emotionen können im Geschäft oft authentischer transportiert werden.

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