Für die Gründung einer Firma und ihren Aufbau gibt es sicherlich Branchen-spezifische Eckdaten und Gegebenheiten, die zu beachten sind. Es ist definitiv ein Unterschied, ob man eine Software-Firma gründet, die normalerweise mit geringem Startkapital auskommt und relativ schnell marktreife Produkte entwickeln kann oder eine Biotech-Firma, die Medikamente entwickelt, und Millionen an Kapital benötigt und bei der eine langfristige Finanzierung von Anfang an ein zentrales Thema ist. Beide Branchen sind aus heutiger Sicht Zukunftsbranchen. Abgesehen von Branchen-spezifischen Herausforderungen scheint es aber gemeinsame Schritte zu geben, die bei Gründungen zum Erfolg führen. Diese kann man so zusammenfassen:
- Entwickle eine Vision,
- glaube daran,
- arbeite dafür,
- ….und du kannst alles erreichen, was du willst.
Entwickle eine Vision
Das klingt zunächst wenig konkret. Aber man sollte Visionen in diesem Zusammenhang nicht mit Tagträumen verwechseln: „Visionen sind mehr als Träume, weil sie argumentativ und rational unterlegbar sind, auch wenn sie aufgrund des langen Zeithorizonts nicht die Präzision strategischer Planungen aufweisen. Nirgends wird sich in einem Verein, einer Partei oder einem Betrieb irgendetwas Positives entwickeln, was nicht in den Köpfen der handelnden Personen vorausgedacht worden ist“, so Reinhold Würth.
Die Vision muss die Frage des „Warum“ beantworten, beispielsweise: Warum soll die Firma gegründet werden? Was kann diese Firma tun, das andere nicht können, welchen Markt kann sie bedienen, den andere nicht bedienen können oder den es noch gar nicht gibt? Welchen Bedarf gibt es für die angedachten Produkte? Welche langfristigen Entwicklungen sind zu erwarten und wie kann die Firma sie bedienen?
Glaube daran
Wenn klar ist, warum die Firma gegründet werden soll, wenn die Vision entwickelt ist und die Ziele der Firma, ihre Mission definiert sind, kommt die Phase, in der sehr viel Planung nötig ist. Und nur wenn die Vision rational und mit Argumenten unterlegbar ist, wird man ebenso rational – und erfolgreich - an die Planung der Umsetzung gehen können und daran glauben können, dass die Vision auch realisierbar ist.
Hier stellen sich Fragen wie zum Beispiel: Welche Mitarbeiter braucht die Firma? Wie viele Mitarbeiter werden benötigt? Wo soll die Firma angesiedelt sein und welche Räume werden gebraucht? Wie soll die Firma heißen? Soll sie Forschung und Entwicklung betreiben oder nur mit fertigen Produkten handeln? Welcher Finanzierungsbedarf besteht? In welchen Schritten wird die Finanzierung benötigt, um die Firma aufzubauen? Etc, etc.
In Fällen, in denen ein Unternehmen entstehen soll, das einen hohen Finanzierungsbedarf hat, ist sehr früh sicherzustellen, dass eine ausreichende Finanzierung auch erfolgt. Dies bedeutet, dass man Geldgeber finden muss, die ebenfalls an die Vision glauben. Es ist hilfreich, wenn die Investoren Kenntnisse über die Branche mitbringen, es wird aber auch die Erklärung von speziellen Gegebenheiten des zu gründenden Unternehmens wichtig sein. Auch vor den Augen der Investoren muss ein realistisches, glaubhaftes und attraktives Bild des zu gründenden Unternehmens entstehen. Je realistischer Chancen und die Risiken dargestellt werden, je besser begründet werden kann, warum die Firmengründung sinnvoll und erfolgversprechend ist, umso eher werden Investoren zu motivieren sein und ihrerseits an die Vision glauben. Soweit zu dem Planungszeitpunkt möglich, sind begründete und durch Zahlen gestützte Voraussagen nötig bezüglich der Entwicklungszeiträume, der Meilensteine, des daraus abgeleitet des Finanzierungsvolumens, der Finanzierungsdauer, aber auch der geplanten Mitarbeiterzahlen und des Standorts.
Bei Firmen, die lange Entwicklungszyklen haben, d.h. bei denen Jahre vergehen, bis ein Produkt die Marktreife erreicht hat, ist es besonders wichtig, die „passenden“ Investoren zu finden, die von vornherein langfristig denken und langfristig investieren wollen und können. Zu kurzfristige Engagements können in solchen Fällen bei den Investoren leicht zu Enttäuschungen führen, weil kurzfristige Meilensteine in einem solchen Fall nicht wirklich zum Wertzuwachs des Unternehmens führen.
Ich hatte damals auf dem berühmten Bierdeckel überschlagen, dass ich zweistellige Millionenbeträge benötigen würde, um die Biopharma-Firma AiCuris zu gründen und aufbauen zu können. Er waren insgesamt 13 hoch-innovative Projekte zu entwickeln und man konnte bei der Gründung noch nicht sagen, bei welchen Projekten es sich lohnen würde. Es waren zunächst erhebliche Investitionen nötig, um die erste Prüfung am Menschen durchführen zu können. Damit war mir schnell klar, dass die damaligen Angebote von Venture Kapitalgebern für unseren Business Case nicht passten und wir eher ungewöhnliche Investoren suchen mussten, die sich entweder auf unserem Gebiet langfristig aufstellen wollten und Interesse an unserem Know-how hatten (etwa die strategische Entscheidung einer anderen Firma für unser Arbeitsgebiet ) oder die aus anderen Gründen eine langfristige Investition suchten und die benötigte Größenordnung finanziell auch „stemmen“ konnten.
Mein Fazit aus dieser Erfahrung ist, dass es sich lohnt, kompromisslos zu sein und nicht das erste Angebot für die Finanzierung anzunehmen, wenn es zu der Firma nicht passt. Da bedeutet wiederum, zuerst eine sehr klare Vorstellung davon zu entwickeln, was die nächsten Schritte in der Unternehmensentwicklung sein werden. Dies erlaubt sodann den Finanzierungsbedarf realistisch vorauszusagen und keine Versprechungen zu machen, die von vornherein nicht haltbar sind. Es wird beim Aufbau der Firma immer auch Unvorhergesehenes passieren und es mag auch den Zwang geben, die ursprüngliche Planung „unterwegs“ zu modifizieren. In diesem Fällen ist es hilfreich, wenn man realistisch und nicht zu knapp geplant hat, die passenden Investoren an Bord hat und auch für Umwege die finanzielle Unterstützung findet.
Arbeite dafür
Wenn die Vision klar und der Glaube daran verankert ist, erfolgt die Aufbauarbeit. Dabei ist in allen Schritten „Maß zu nehmen“ an der Vision, an dem „Warum“ und dem Ziel der Firma. Dies erlaubt es, die Firma gemäß den Notwendigkeiten aufzustellen, beispielsweise flexibel und schlank, an den Zielen orientierte Meilensteine zu planen, nachzuhalten, was für die Zielerreichung erfolgreich ist und was nicht, missionsorientiert zu arbeiten um zu entscheiden, was wichtig ist.
Generell erscheint es für Unternehmensentwicklungen maßgeblich, inwieweit Ziel und Visionen über den Tag hinaus verinnerlicht sind. Dies ist speziell in der Aufbauphase notwendig, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Aber auch bei bestehenden Betrieben sagt die Erfahrung, dass die Orientierung daran, wofür der Betrieb steht, also an seiner Vision und Mission die „Leitplanke“ des täglichen Handelns sein sollte.
Es sind aber auch Führungsprinzipien, die für den Erfolg junger Firmen entscheidend sind. Hierzu gehören Führung durch Vertrauen und Delegation und das Herstellen einer absoluten Transparenz, so dass Fehler, die unweigerlich passieren werden, sofort erkannt und korrigiert werden können. Wenn man sicher sein kann, dass die Frage des „Warum“ und des Ziels der Firma, ihrer Mission fest in den Köpfen der Mitarbeiter verankert ist und sie im Herzen davon überzeugt sind, kann ihnen viel Freiheit gewährt werden. Dies wird immer deutlich motivierender sein als ständige Kontrolle und erleichtert die Führungsaufgabe.
…..und du kannst alles erreichen, was du willst
Auf dem Weg dahin sind viele schwierige Entscheidungen zu treffen und bei jeder Entscheidung ist eine eingehende sachliche, aber auch emotionale Vorbereitung nötig, bevor sie getroffen werden kann. Die Überzeugung, warum die Firma aufgebaut werden soll und warum sie erfolgreich sein kann, ist dabei aber immer eine wichtige Orientierung.
Aber auch in der dem Aufbau folgenden Wachstumsphase wird wichtig sein, dass die Firma Visionen hat, die nicht nur als Worthülsen deklamiert werden, sondern in den Köpfen und Herzen der Mitarbeiter lebendig sind, und sie dann mit fast schlafwandlerischer Sicherheit dem vorgegebenen Visionspfad der Firma folgen lassen.
Die Vision, die zu einer erfolgreichen Firma führt, ist also definitiv keine Tagträumerei, sondern hart erarbeitet, überprüft, in verschiedenen Szenarien durchdacht, die auch einen „Plan B“ beinhalten. Je klarer sie aber ist, umso mehr können sich alle Beteiligten incl. Firmenleitung, Investoren und Mitarbeiter an gemeinsamen Zielen orientieren und eine „verschworene“ Gemeinschaft bilden.
Diese Vision so klar wie möglich herauszuarbeiten, ist daher immer der erste und wichtigste Schritt und diesem Schritt muss die nötige Zeit gewidmet werden.