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Neuer Job Wechsel zu Weleda: Tina Müller auf dem Naturtrip

Tina Müller
Als Chefin der Parfümeriekette Douglas musste sie gehen, jetzt heuert Tina Müller bei der esoterisch angehauchten Biokosmetik-Firma Weleda an
© IMAGO / Panama Pictures
Die einstige Douglas- und Opel-Managerin Tina Müller wollte eigentlich im Dax Karriere machen. Jetzt geht sie in die Schweiz, wo sie das Anthroposophen-Unternehmen Weleda sanieren soll

Als die Chefin der Parfümeriekette Douglas vor eineinhalb Jahren den neuen Vorzeigeladen ihrer Firma an der Düsseldorfer Königsallee plante, da war der Frau an der Spitze der Friseur besonders wichtig. Tina Müllers persönlicher Haus- und Hofhaareschneider sollte in die neue Filiale einziehen, darum bemühte sich die Konzernchefin mit Hingabe. Ja, ein kleiner Friseurtisch hinten in der Ecke im ersten Stock, das passe zu einem Geschäft, in dem alles ums Wohlfühlen gehen sollte. Es gab nur ein Problem: Tina Müllers Düsseldorfer Friseur ist ein stadtbekannter Experte für Natur-Haarpflege – und als solcher weigerte er sich standhaft, all jene chemiebasierten Mittelchen einzusetzen und anzupreisen, die Douglas in dem Geschäft verkaufen sollte. Und deren Absatz sollte die ganze Friseur-Ecke im Grunde ja dienen. Tina Müller schaffte es nicht, das Dilemma aufzulösen. Und so musste sie ihrem Haar-Zauberer nach Wochen des Hin und Her schließlich bedauernd absagen.

Seit knapp einem Jahr steht Müller nicht mehr an der Spitze von Douglas. Und es wirkt heute noch ein wenig kurios, mit welcher Liebe sich die Chefin eines Milliardenkonzerns mit Börsenplänen und Sanierungserfordernissen um die Positionierung des Friseurtisches vor den Feuerlöschern und seine Besetzung mit ihrem Lieblingshaarschneider gekümmert hat. Aber die Friseurgeschichte bei ihrer früheren Firma zeigt zweierlei: Müller hat es immer wieder vermocht, ihre Netzwerke, ihre persönlichen Vorlieben und Verbindungen geschäftlich einzusetzen. Und persönlich war sie schon lange auf dem Biokosmetik-Trip mit freimütig eingeräumten Präferenzen für abgedrehte Naturlehren im Alltag: „Ich stehe zwischen 6 und 6.30 Uhr auf – und jetzt klingt es etwas esoterisch –, trinke erst mal ein mit Energie versetztes Wasser. Und danach noch einen Liter grünen Tee.“ So beschrieb sie mal in der „Bild“-Zeitung ihren Tagesstart.

Nun hat Müller ihre Vorliebe zum Beruf gemacht: Zu Wochenanfang verkündete sie, als Firmenchefin zur Naturkosmetikmarke Weleda zu wechseln. Der Schritt kommt so überraschend wie ihr – mutmaßlich durch die Eigentümer veranlasster – Abgang bei Douglas. Denn der Ehrgeiz der Tina Müller sah ursprünglich mehr vor als Weleda: Auch wenn sie ihr früher oft kolportiertes Ziel, als erste weibliche Dax-CEO in die Geschichte einzugehen, nicht mehr erreichen konnte. Sie hatte doch stets klar gemacht, dass sie sich in dieser Liga sieht. Mit einem Vorstandsposten beim Autohersteller Opel hatte sie versucht, sich auch jenseits ihrer angestammten Kosmetikbranche zu etablieren – und dort die berühmtgewordene Werbekampagne „Umparken im Kopf“ erfunden.

Abstieg oder Umstieg?

Doch die erhoffte Industriekarriere erleichterte der kurze Abstecher nicht. In Deutschland sei es schwer, als Marketingexpertin in die CEO-Liga aufzusteigen, hatte Müller im Frühjahr 2022 im Gespräch mit Capital beklagt. Hierzulande würden eher Produktionsfachleute oder Finanzer bevorzugt. Ein erfolgreicher Börsengang von Douglas hätte ihr möglicherweise mehr Glaubwürdigkeit für einen solchen Karriereschritt verschafft. Doch zuerst durchkreuzte die Coronapandemie die Pläne. Und dann der Douglas-Haupteigentümer, der Finanzfonds CVC, der lieber einen Kostenmanager für den Weg an die Börse an der Spitze sehen wollte, als in Zeiten der Absatzkrise weiter auf die expansionslustige Tina Müller zu setzen.

Der Wechsel zu Weleda ist nun karrieremäßig gleich in mehrerer Hinsicht überraschend: Das Unternehmen ist viel kleiner als Douglas und wird auch niemals nur in der Nähe von Dax-Konzernen zu finden sein. Rund 414 Mio. Euro setzte Weleda 2022 um, bei Douglas waren es 3,65 Mrd. Euro. Douglas beschäftigt gut 18.000 Menschen, Weleda nur rund 2500. „Für mich steht im Vordergrund, dass ich einen sinnhaften Auftrag übernehme, bei dem es das Ziel ist, das Leben der Menschen schöner und vor allem gesünder zu machen,“ gab sie sich gegenüber dem „Handelsblatt“ ungerührt gegenüber dem, was rein formal als Abstieg betrachtet werden könnte.

Dazu kommt, dass Weleda als anthroposophisches Unternehmen Geschäftszahlen als Erfolgsfaktoren eine untergeordnete Bedeutung einräumt. Tina Müllers Vorliebe, mit Zahlen aufzutrumpfen, wird also anderem weichen müssen. Dennoch hat sie auch bei Weleda eine Art Sanierungsaufgabe vor sich – also das, was ihr die Douglas-Gesellschafter nicht mehr zugetraut haben: Der Naturkosmetikhersteller meldete vor Abschreibungen und Steuern (Ebit) für das vergangene Jahr ein Minus von 3,3 Mio. Euro. Der Umsatz schrumpfte um 2,6 Prozent. Arbeitsplätze wurden abgebaut, eine Fabrik in Frankreich geschlossen. „2022 war sicher kein einfaches Jahr“, sagte Müller. Dieses Jahr würden wieder Gewinne geschrieben.

Für den neuen Job wird die im pfälzischen Bad Neuenahr aufgewachsene Managerin in die Schweiz ziehen, wo eine der beiden Zentralen des Anthroposophen-Unternehmens angesiedelt ist. Bevor sie sich für den Wechsel entschieden habe, habe sie sich nahe der deutschen Firmenzentrale in Schwäbisch-Gmünd durch den unternehmenseigenen Kräutergarten führen lassen, berichtete Müller. Dort zieht Weleda einige der Rohstoffe für seine Kosmetik- und Arzneiprodukte heran.

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