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Karriere Warum immer mehr Manager kündigen

Karriereberaterin Nane Nebel
Karriereberaterin Nane Nebel
© Jörg Petry
Immer mehr Führungskräfte haben innerlich bereits gekündigt. Karriereberaterin Nane Nebel erklärt, warum der Frust so groß ist und wann es sich lohnt, um den Job zu kämpfen: „Aushalten ist keine Lösung. Dann kommt irgendwann der große Knall.“

Capital: Bei Apple hat kürzlich einer der führenden KI-Experten wegen der Rückkehr ins Büro gekündigt. Warum sind derzeit so viele Führungskräfte auf dem Absprung?

NANE NEBEL: Seit dem zweiten Corona-Jahr, also seit 2021, nimmt die Bereitschaft zu, aus einem sicheren Job heraus nach einer neuen Herausforderung zu suchen. Es geht um Zufriedenheit und Anerkennung. Wenn ich Klienten frage: „Warum wollen Sie die Firma verlassen?“ lautet in den meisten Fällen die Antwort: „Zwischen meinem Chef und mir hat es nicht mehr funktioniert. Da war zu wenig Vertrauen in meine Arbeit.“ Viele männliche Führungskräfte haben zudem im Homeoffice die Nähe zur Familie neu schätzen gelernt und wollen darauf nicht mehr verzichten.

Können Sie diese zunehmende Unzufriedenheit in Zahlen festmachen?

Vor Corona waren rund fünf Prozent unserer Klienten noch in einer Festanstellung. Seit letztem Jahr sind es circa 20 Prozent, die sich in den nächsten sechs bis zwölf Monaten verändern möchten. Ich gehe davon aus, dass diese Entwicklung zur neuen Norm wird. Wir reden hier über Veränderungen im Bewusstsein der Menschen.

Was wollen Manager vor allem?

Die häufigste Antwort lautet: „Ich will etwas bewegen können.“ Dabei ist die primäre Motivation nicht, durch Aufstieg selbst Macht zu bekommen. Es geht für diese Manager in erster Linie um Vertrauen, um ein Unternehmensklima, das Veränderung erlaubt und allgemein von Wertschätzung geprägt ist.

Und das bieten Unternehmen häufig nicht?

Viele Manager arbeiten heutzutage primär zahlengetrieben: KPIs, Quartalszahlen, Budgets, EBIT und so weiter. Da bleibt zu wenig Raum und Möglichkeit für kreatives Arbeiten. Damit meine ich keineswegs das Teammeeting am Tischkicker. Und kein Manager wehrt sich gegen zielorientiertes Arbeiten, dessen Ergebnisse an Zahlen gemessen werden. Es geht um Möglichkeiten zur Entfaltung, Geld für Ideen und Fehler sowie um Anerkennung von nicht in Geld messbaren Leistungen. Und es geht um Vereinbarkeit von Arbeit und Familie oder Arbeit und Freizeit.

Ein rascher Frust-Abschied kann aber auch nach hinten losgehen.

Der KI-Manager von Apple kann es sich vermutlich finanziell leisten, ohne neuen Job zu kündigen und wird schneller wieder vom Markt sein als Manager mit anderem, weniger aufregendem Background. Bei einer neuen Stelle besteht natürlich das Risiko, die Probezeit nicht zu bestehen. Aber auch in der bisherigen Stelle kann es ja noch schlimmer kommen. Ich habe regelmäßig Klienten, die nach 15 oder mehr Jahren gekündigt werden, obwohl sie immer engagiert und treu waren. Ein Arbeitsverhältnis ohne Risiko gibt es heutzutage nicht mehr.

Woran erkenne ich dann, ob ich dem Job noch eine Chance geben möchte und was ich brauche, damit es wieder funktioniert?

Wer so unzufrieden ist, dass er einfach nur noch raus will, kann sich und seinem Arbeitgeber jegliche Gespräche ersparen.Wer sich hingegen schlicht unterbezahlt fühlt, sollte das auf jeden Fall besprechen und über bessere Konditionen verhandeln. Hierbei ist es wichtig: nicht jammern, sondern Argumente liefern. Das geht am besten, indem der Manager aufzeigt, welche Erfolge und welchen Nutzen er mit seinem Einsatz dem Unternehmen gebracht hat, idealerweise in Euro und Prozent belegt. Wer generell gern in seiner Firma arbeitet, aber bessere Rahmenbedingungen braucht, sollte auch das klar formulieren und am besten Vorschläge unterbreiten. Da gilt einfach: „Gib Dir und der Firma eine Chance. Kündigen kannst Du immer noch!“

Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein?

Für die zuletzt genannte Gruppe halte ich die Strategie für aussichtsreich. Wenn das Unternehmen die Führungskraft halten möchte, wird es kompromissbereit sein. Denn der Austausch von Führungskräften ist kosten- und zeitintensiv und kann auch schiefgehen. Dennoch ist ein solches Gespräch ein Risiko. Was tun, falls das Unternehmen nichts tun will oder kann? Darauf muss man gefasst sein. Das soll jedoch kein Plädoyer für Schweigen sein! Ich bin der Meinung, dass Aushalten keine tragfähige Lösung ist. Dann kommt irgendwann der große Knall, der dann Kündigung heißt.

Nane Nebel ist Karriereberaterin für Führungskräfte. Sie hat mit ihrem Mann Jürgen Nebel den Ratgeber „Die CEO-Bewerbung“ (Campus Verlag) geschrieben. Kürzlich erschien die dritte, komplett überarbeitete Auflage.

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