Kaum ein Firmenchef wird so sehr mit seiner Marke verbunden wie Mark Zuckerberg mit Facebook. Kein Wunder – schließlich ist er der letzte der ganz großen Internet-Gründer, der seinen Laden noch selbst führt. Doch Zuckerberg hat ein Problem: Das in die Jahre gekommene Facebook ist seit einiger Zeit einfach nicht mehr cool. Nun will er das Ruder herumreißen – indem er sein eigenes Image verändert.
Das geht aus Gesprächen hervor, die von der „Washington Post“ mit Zuckerbergs nahem Umfeld geführt wurden. Demnach arbeitet man bereits seit einigen Jahren daran, das Image des Facebook-Gründers umzukrempeln. Innerhalb des letzten Jahres wurden diese Bemühungen laut eines Insiders indes nochmal deutlich verstärkt. Das Ziel: Das Publikum zu erreichen, das von Elon Musk und seinem Auftreten im Internet und offline angesprochen wird.
Image-Umbau
Das dürfte kein Zufall sein. Musk unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Zuckerberg, seit der Übernahme von Twitter sind die beiden zudem direkte Konkurrenten. Während Musk extrem selbstbewusst seine Meinung in Interview oder bei Twitter raushaut, wird der im Vergleich deutlich ruhigere Zuckerberg eher als etwas merkwürdig wahrgenommen. Weil er in Interviews oft extrem beherrscht wirkt, wimmelt das Netz von Witzen, die ihn mit dem Star-Trek-Androiden Data vergleichen. Das setzt ihm offenbar zu. „Mark fühlt sich nicht respektiert“, glaubt Wirtschaftsprofessor Bhaskar Chakravorti von der Elite-Universität Tuft entsprechend.
In den letzten Jahren versuchte er immer wieder, mit Barbecue-Videos nahbarer zu werden, beim Unabhängigkeitstag 2021 zeigte er sich mit einer Fahne auf einem motorisierten Surfbrett. Auch diesen Bemühungen wurde mit viel Spott geantwortet. Anders als Musk oder Apple-Gründer Steve Jobs hat der Meta-Chef wenige echte Fans. Er gilt einfach nicht als cool. Der Film „The Social Network“, in dem Zuckerberg als passionierter, aber eher verschrobener Nerd porträtiert wird, dürfte dem Image eher nicht geholfen haben.
Mit dem neuen, kantigeren Image will Zuckerberg das nun anscheinend ändern. Mit Besuchen der bei Musk-Fans beliebten Podcasts von Joe Rogan und Lex Friedman und Videos, die ihn schwitzend beim Kampfsport zeigen, will Zuckerberg die „Tech-Bros“ ansprechen, die bisher Musk die Stange hielten. Zuckerberg postet bei Instagram Bilder von seinen Jiu-Jitsu-Kämpfen, zeigt sich beim Abschluss der „Murph-Challenge“, einer Extrem-Fitness-Herausforderung. Die klare Botschaft: Seht her, ich bin kein blasser Nerd. Sondern ein harter Typ.
Der Chef als Aushängeschild
Versuche, Zuckerberg selbst als Aushängeschild des Unternehmens zu nutzen, gibt es bereits seit einigen Jahren. Immer häufiger trat der Gründer selbst auf, um neue Richtungen oder Produkte anzukündigen. Als das Unternehmen ankündigte, sich künftig voll auf die virtuelle Realität des sogenannten Metaverse zu konzentrieren und dafür sogar den Firmennamen von Facebook in Meta umwandelte, stand dafür ebenfalls „Zuck“ selbst auf der Bühne. Doch die Begeisterung des Publikums blieb aus.
Mit dem Imagewandel versucht Zuckerberg nun nach Angaben der Insider, das zu schaffen, was seinem Konkurrenten bei Twitter gelungen ist. Obwohl Musk immer wieder provoziert, sich unbeherrscht im Ton vergreift und eine extrem unpopuläre Maßnahme nach der anderen verkündet, hat die Twitter-Nutzung seit seiner Übernahme nur zugenommen. Zuckerberg dagegen erfährt in den letzten Jahren vor allem Gegenwind. Seine Netzwerke Facebook und Instagram leiden unter dem wachsenden Druck der Konkurrenten wie Tiktok, das für die Firma so wichtige Werbegeschäft ist mit der steigenden Inflation deutlich geschrumpft.
Befreiungsschlag im Käfig
Und auch bei Facebook selbst ist sein Stand aktuell nicht der beste. Nachdem der Konzern zehntausende Mitarbeiter entlassen hat und Zuckerbergs Vision des Metaverse bislang mehr Geld kostet als einbringt, muss der Chef intern ungewohnt oft und heftig Gegenwind aushalten.
Der Kampf gegen Musk könnte da wie eine Gelegenheit zum Befreiungsschlag wirken. Während der Twitter-Chef vor allem eine große Klappe hat und auf seine „Hardcore-Schlägereien“ seiner Jugend in den Straßen Südafrikas verweisen muss, kann Zuckerberg ganz konkrete Kampfsport-Erfolge in den letzten Monaten vorweisen. Den vorlauten Musk im Ring zu stellen, wäre dann für ihn die ultimative Möglichkeit, den Gegner öffentlich in seine Schranken zu weisen. Und vielleicht auch das Image seiner Firma mit aufzupolieren.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen