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Wochenrückblick Sommerzeit ist Reisezeit

Es ist Sommerpause, Reisesaison. Ein guter Zeitpunkt, um alte Freunde zu besuchen.

Das tut auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der Ende vergangener Woche bei seinen Lieblingsalliierten in Washington vorbeischaut. Es geht, na klar, um die NSA-Affäre, wobei Friedrich die Aufregung seiner Mitbürger nicht sonderlich goutiert, für die Manie der Amerikaner dafür aber umso mehr Verständnis aufbringt. Das belohnt US-Vizepräsident Joe Biden, indem er dem deutschen Innenminister die Hand schüttelt, was allseits als der größte Erfolg von Friedrichs Aufklärungsmission gedeutet wird. Nach seiner Rückkehr kann er nämlich immer noch nicht genau sagen, ob jetzt fünf, sieben oder doch nur zwei Terroranschläge in Deutschland dank NSA-Hinweisen verhindert wurden.

In weniger freundschaftlicher Atmosphäre wird Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag in Athen empfangen. Die linke griechischen Zeitung „Eleftherotypia“ titelt: „Wir begrüßen unseren Partner und Gewaltherrscher – Herrn Schäuble! Das ist Ihr Werk: BIP -20,5 Prozent, Einzelhandel -18 Prozent, Bauwirtschaft -67 Prozent, Investitionen -49,5 Prozent, Tourismus -48,4 Prozent, Industrie -20,5 Prozent, Wohnungspreise -30,6 Prozent, Mindestlohn -20 Prozent, Einkommenssteuern +500 Prozent, indirekte Steuern +13 Prozent, Arbeitslosigkeit 28 Prozent, Jugendarbeitslosigkeit 60 Prozent, Armut 38,5 Prozent.“

Dass Schäuble Griechenland im Alleingang in die Krise gestürzt habe, ist eine etwas verkürzte Sicht der Dinge, doch Schäuble will’s nicht auf sich sitzen lassen und kündigt einen Investitionsfonds für kleine und mittlere Unternehmen an. Ein Fünftel des 500-Mio.-Euro-Topfes soll die deutsche Staatsbank KfW füllen. Einen weiteren Schuldenschnitt schließt Schäuble dagegen aus. Also müssen die Griechen weiter Kosten senken: Am Vorabend hatte die griechische Regierung ein Sparprogramm durchs Parlament geprügelt, das unter anderem die Entlassung von bis zu 15.000 Staatsbediensteten bis 2014 vorsieht.

Bohei in der Sommerpause

Bei weitem nicht so dramatisch wie in Griechenland, aber doch bemerkenswert sind die Zahlen, die uns diese Woche aus China erreichen. Dort ist das Wachstum im zweiten Quartal auf 7,5 Prozent gefallen, was immer noch nach viel klingt, tatsächlich aber den niedrigsten Zuwachs seit 20 Jahren bedeutet. Zwar ist es seit Jahren offizielle Politik der Kommunistischen Partei Chinas (KP), das rasende, ressourcenfressende, auf der Exportindustrie basierende Wachstum durch ein sanfteres zu ersetzen, das stärker auf Binnenkonsum und Dienstleistungen gründet. Sobald die Zahlen sanken, bekam die alte KP-Führung aber mit schöner Regelmäßigkeit kalte Füße, steuerte um und schmiss Geld (in Form von Konjunkturpakten) auf das Problem. Die neue Parteispitze, die im Frühjahr angetreten ist, scheint dagegen niedrigere Wachstumsraten nicht nur rhetorisch, sondern auch in der Praxis in Kauf zu nehmen. Ein Hinweis darauf, dass sie es mit Strukturreformen ernst meint.

Ganz nach gewohnter Manier dagegen verfährt das Putin’sche Russland mit seinen Kritikern und verurteilt den prominenten Oppositionellen Alexej Nawalny am Donnerstag wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Lagerhaft. Er soll vor Jahren 10.000 Kubikmeter Holz im Wert von 400.000 Euro aus einem Staatswald abgezwackt haben (ein Schelm, wer sich dabei an den früheren Yukos-Chef Michail Chodorkowski erinnert). Zwar wird Nawalny am Freitag aus der Untersuchungshaft entlassen, bis das Urteil rechtskräftig ist. Doch wirft der Vorgang erneut ein düsteres Licht auf das Land, wo sich der derzeit berühmteste Kämpfer für die Meinungsfreiheit aufhält: Der Durchgangsreisende Edward Snowden stellte am Dienstag Antrag auf temporäres Asyl in Putins Reich.

Deutschland erregt sich unterdessen über einen Berliner Rapper, der ein paar uninspirierte Zeilen heruntergeschludert hat und darin allerlei Phantasien entwickelt, auf welche Weise welcher Politiker um die Ecke zu bringen sei. Ergebnis: Gefühlt 1000 Medienjournalisten schreiben gefühlt 10.000 Kommentare, in denen sie empfehlen, den Mann zu ignorieren.

Und wieso das ganze Bohei? Ach ja. Es ist Sommerpause.

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