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Gastbeitrag So verhindern Sie, dass alle Jobs bei Ihnen landen

Manchmal fühlt man sich von der Menge der Arbeit überwältigt
Manchmal fühlt man sich von der Menge der Arbeit überwältigt
© dpa
Wenn immer mehr Aufgaben auf Ihrem Schreibtisch landen, sollten Sie etwas unternehmen – sonst sitzen Sie in der Stressfalle. Sabine Dietrich erklärt, wie Sie im digitalen Alltagswahn souverän bleiben

In Zeiten des digitalen Wandels werden die Anforderungen und Aufgaben zunehmend mehr. Zudem ist Schnelligkeit und Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit nicht nur als Folge der Globalisierung gefragt. Das fordert jeden. Aber wieso werden überdurchschnittlich häufig Sie als Führungskraft um die Erledigung der zusätzlichen Aufgabe gebeten? Sie scheinen noch Reserven zu haben?!

Sabine Dietrich: Das Anti-Druck-Buch
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Ein häufiges Missverständnis, das Frustration und Ärger auf allen Seiten zur Folge hat. Sie fühlen sich unverstanden, weil Ihnen immer mehr Aufgaben übertragen werden als Sie leisten können. In der Folge sind Sie nicht nur über die Maßen belastet, sondern können auch den eigenen Leistungsanspruch nicht bedienen. Ihr Vorgesetzter ist unzufrieden, denn Ihre Arbeitsergebnisse weisen nicht mehr die gewohnte Qualität auf. Und letztendlich nimmt Ihre berufliche wie private Umwelt Sie nur noch als gestresst wahr. Um allen gerecht zu werden, arbeiten Sie länger und länger.

Ein Teufelskreis, der trotz maximalen Arbeitseinsatzes keine Karriere fördert. Aber wie aus diesem Kreislauf ausbrechen und dabei das eigene gute Image ausbauen?

Klappern gehört zum Handwerk

Die Kollegen sind gut ausgelastet – wie Sie grundsätzlich auch. Zusätzlich haben Sie allerdings in den vergangenen Monaten neben den „normalen“ Aufgaben noch Ihren Bereich umstrukturiert, weitere Projekte übernommen und neue Mitarbeiter ins Team geholt. Merkwürdigerweise scheint die Geschäftsführung das nicht wahrzunehmen.

Solche Fehleinschätzungen sind immer wieder an der Tagesordnung. Die Ursache findet sich zumeist in unterschiedlichen Einstellungen und dem daraus resultierenden Verhalten eines jeden Einzelnen: Während der eine jede Gelegenheit nutzt und sogar künstlich Möglichkeiten schafft, um seine Umgebung auf seine Arbeit, seine Ergebnisse und natürlich seine Belastung hinzuweisen, investiert der andere diese Zeit eher in seine Arbeit. Schließlich muss der Job fertig werden und die Ergebnisse werden für sich sprechen. Auf diesen Standpunkt kann man sich stellen. Allerdings müssen Sie dann auch damit leben, dass es deutlich länger dauert, bis Ihre Umgebung wahrnimmt, wie viel Sie in welcher Qualität leisten. Woher sollen Ihre Kollegen, Ihre Vorgesetzten sonst wissen, welche Jobs bei Ihnen und Ihrem Team liegen?

#1 Offene Kommunikation: Schweigen ist kein Gold

Zentraler Erfolgsfaktor für Führung ist eine klare, offene Kommunikation – ein kommunikativer Schwächling ist hier fehl am Platz. Und das Argument der Bescheidenheit zieht nicht. Zumal Bescheidenheit eine klare, zielgruppengerechte Kommunikation nicht ausschließt. Sondern vielmehr vor zu viel Schwadronieren schützt und damit eher hilfreich ist.

Denn wer meint, die Anforderungen des Unternehmens, der Vorgesetzten wie auch der Mitarbeiter allein durch Mehrarbeit ausgleichen zu können, der irrt. Als Führungskraft kommt er damit nämlich seiner originären Aufgabe nicht nach: Er führt nicht.

Vielmehr schafft Kommunikation in alle Richtungen, also zu Vorgesetzten, Kollegen wie Mitarbeitern, eine Vertrauensbasis und damit die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit. Nur so haben Sie die Chance auf Rahmenbedingungen, unter denen Sie optimale Leistungen erbringen und so Ihre Position im Unternehmen ausbauen können. Schweigen dagegen führt unweigerlich zu Missverständnissen und unnötigem Druck.

Informieren Sie also offen und regelmäßig, und auch ungefragt, über Ihre Aufgaben. Berichten Sie über Ihre Arbeit, nutzen Sie auch Teilerfolge für eine gezielte Kommunikation – und weisen Sie auf Ihre Auslastung wie auch die Ihres Teams hin.

#2 Belastbare Transparenz: Die „rote Linie“ für den Status quo

Für Ihre Akzeptanz und Positionierung im Unternehmen ist ein Aspekt unabdingbar: die Belastbarkeit Ihrer Aussagen. Denn erwiesenermaßen unterscheidet sich die gefühlte häufig von der wahren Überlastung. Die zunehmende Komplexität der Aufgaben und Projekte sowie die Schnelligkeit notwendiger Entscheidungen macht dies nicht leichter. Nichtsdestotrotz, Sie benötigen als Grundlage für Ihre Kommunikation einen kontinuierlichen, nachvollziehbaren Überblick über die eigene Auslastung wie auch die Ihres Teams. Nur so können Sie valide Aussagen treffen und werden auch als jemand wahrgenommen, auf dessen Aussagen Verlass ist, dem man vertrauen kann. Und Vertrauen ist die Währung der digitalen Zeit.

Um diese Transparenz zu erreichen, listen Sie gemeinsam mit Ihrem Team alle Aufgaben und gleichen die notwendigen Aufwände mit den verfügbaren Ressourcen ab – als Grundlage für Ihre Entscheidungen. Ziehen Sie eine rote Linie unter die leistbaren Aufgaben und machen so sichtbar, was nicht umsetzbar ist.

#3 Nützliche Tools: Kontinuierliche Sichtbarkeit für alle

Agile Arbeitsweisen bieten Instrumente, die Führungskräfte nutzen sollten – unabhängig davon, welcher Arbeitsmethodik oder Organisationsform sie ansonsten folgen. Im Daily tauscht sich das Team täglich 15 Minuten zum aktuellen Status – und nur dazu – aus. Möglicherweise weiterer Gesprächsbedarf wird ausgelagert. Das Meeting wird als Stand-up durchgeführt. Die Teilnehmer umgehen so die „Konsumenten-Falle“ und beantworten nacheinander drei Fragen zu ihrem Arbeitsstatus und möglichen Hindernissen. Mein Tipp: Formulieren Sie „Ihre“ Fragen, belassen es aber bei den maximal drei Fragen.

Ein Kanban Board zeigt, an welchen Jobs im Team gerade gearbeitet wird – ebenso welche Aufgaben in der Pipeline sind und welche abgeschlossen wurden. Ergänzt um individuelle Informationen wie z.B. Verantwortlichkeit, Termin, Priorität, liefert es jederzeit und für alle sichtbar einen exzellenten Überblick zum aktuellen Geschehen im Team.

#4 Klare Entscheidung: Ohne „Nein“ geht’s nicht

Sie sind mit Ihrem Team nachvollziehbar mehr als ausgelastet und nun sollen sie den nächsten direkt zu erledigenden Job übernehmen? Jetzt sind Sie in Ihrer Führungsaufgabe gefordert. Sie müssen NEIN sagen. Das erfordert zuerst einmal Mut, ist aber unabdingbar. Zeigen Sie Profil und Souveränität, indem Sie die Grenze zwischen Leistbarem und dem „zu Viel“ nicht nur bewusst ziehen, sondern sie auch formulieren und vertreten. Andernfalls ist Ihre Überlast vorprogrammiert, während Ihre Umwelt Sie zunehmend ausnutzen wird.

Mut braucht man zudem nur für die Dinge, vor denen man Angst hat. Wovor haben Sie Angst? Was könnte im Worst Case passieren? Wenn Sie sich diese Folgen vor Augen führen, nehmen Sie dem Kopfkino seine Wucht. Und Sie werden nach Ihrem NEIN feststellen, dass Ihre Akzeptanz letztendlich zunimmt.

Formulieren Sie Ihr NEIN aufgrund belastbarer Fakten klar, aber verbindlich und bieten Sie einen realistischen Termin an. Falls Ihr Gegenüber auf der sofortigen Umsetzung besteht, ist konsequente Umpriorisierung von Aufgaben der notwendige nächste Schritt.

#5 Maßvolle Worte: Alles außer Jammern

Das Sprechen über Ihre Aufgaben und Auslastung ist das Eine, allgemeines Jammern etwas anderes. Ein Klagelied hilft nicht. Es untergräbt Glaubwürdigkeit und Respekt. Von Ihnen wird erwartet, dass Sie Lösungen generieren und nicht lamentieren.

Konzentrieren Sie sich also bei der Information über Ihre Belastung auf die Fakten. Und bringen Sie Ihre Botschaft sachlich und zielgruppengerecht an die Meinungsmacher und Entscheider.

Falls jedoch jemand Ihre Worte als Jammern abqualifiziert oder gar Ihr Vorgesetzter in diesem Sinn agiert, bleiben Sie gelassen. Sprechen Sie Ihr Unverständnis für eine solche Reaktion an – und warten Sie ab. So zeigen Sie persönliche Stärke und Ihre Führungsqualitäten.

Sabine Dietrich

Sabine Dietrich ist Beraterin, Business Coach und Autorin. 2018 veröffentlichte Sie das „Das Anti-Druck-Buch. Wie Sie sich im Job und privat gezielt entlasten“ (Wiley-VCH), 2019 erscheint ihr neues Buch „Jedes Jahr eine neue Sau. Wie Manager den Methodenwahn durch Souveränität ersetzen.“ Mehr über Sabine Dietrich: sabine-dietrich.com

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