Die Arbeitswelt wird immer internationaler und vernetzter. Firmen entsenden Mitarbeiter (und damit heimisches Know-how) an ausländische Standorte. Fachkräfte nehmen ihre Lebensplanung in die eigene Hand und suchen im Ausland den Karrieresprung. Diese Entwicklung verstärkt nicht nur den Wettbewerb unter Ländern. Auch Städte bemühen sich zunehmend, attraktiv für Expats zu sein. Leider muss man sagen: Deutsche Metropolen schneiden im internationalen Vergleich bislang eher bescheiden ab.
Die Organisation InterNations hat nach eigenen Angaben für ihr Expat City Ranking 2018 mehr als 18.000 ihrer im Ausland lebenden und arbeitenden Mitglieder befragt. 72 Städte wurden aus Expat-Sicht analysiert, unter anderem bezüglich der Zufriedenheit mit Arbeitsleben, Finanzen, Eingewöhnung und Lebensqualität. Acht deutsche Städte sind in der Rangliste vertreten. Die Platzierungen geben meist keinen Grund zur Freude. Woran hapert es bei der deutschen Willkommenskultur für ausländische Fachkräfte? Das Ranking zeigt: Die Gründe sind vielfältig, oft aber immer wieder dieselben.
So schlecht bewerten Expats deutsche Städte
Fangen wir hinten an. Stuttgart bildet nicht nur das Schlusslicht unter den analysierten deutschen Expat-Städten. Stuttgart landete auch im weltweiten Ranking auf einem hinteren Rang (Platz 65 von 72). Die globale rote Laterne trägt die Stadt sogar beim Aspekt, wie gut ein Expat ohne Kenntnisse der Landessprache durch den Alltag kommt. Das passt zum allgemeinen Eindruck, den viele Ausländer von Stuttgart haben. Ein Brasilianer beklagte die „Kälte der Menschen“, ein Befragter aus dem Kongo meinte, dass die „Leute hier zu verschlossen sind, um neue Freunde zu finden“. Hohe Mieten und eine niedrige Lebensqualität komplettieren das negative Bild, das sich Expats von Stuttgart bilden. Ein großer Pluspunkt: Sie verdienen hier oft sehr viel mehr als in ihrer Heimat.
Diese schlechte Platzierung für Berlin überrascht dann doch ein wenig. Gilt Berlin nicht seit Jahren als kosmopolitischer Anziehungspunkt für junge Kreative aus aller Welt? Unter den von InterNations befragten Expats reichte es für die deutsche Hauptstadt dennoch nur für Platz 58 und den vorletzten Rang bundesweit. Zwar punktet Berlin mit seinem Freizeitangebot. Damit hatte es sich aber schon weitgehend. Expats fühlen sich hier im weltweiten Vergleich weniger zu Hause, finden schlecht neue Freunde und ärgern sich über unfreundliche Einheimische. Sehr schlechte Noten erhielt auch das Arbeitsleben in Berlin, unter anderem bei den Karriereaussichten.
Wer das Hamburger Wetter nicht gewohnt ist, verfällt leicht in Depressionen. In dieser Kategorie fuhr die regnerische Hansestadt weltweit sogar die schlechtesten Noten ein. Dafür wissen Expats die direkten Folgen des feuchten Klimas zu schätzen. „Es gibt viele hübsche Parks und Grünflächen“, freute sich ein Expat aus Großbritannien. Die können Ausländer aber kaum genießen. Dank langer Arbeitszeiten schneidet Hamburg bei der Work-Life-Balance bundesweit am schlechtesten ab. Zwar verdienen Expats hier oft sehr viel mehr Geld, als es daheim möglich wäre. Hohe Lebenshaltungskosten fressen jedoch schnell einen Teil davon auf. Die Menschen machen den Auslandsaufenthalt auch nicht unbedingt unangenehmer. Zwar fehlt hier die „Berliner Schnauze“. Dafür lautet das Urteil über die Hamburger: Höflich, aber kalt.
Frankfurt am Main zieht deutschlandweit die meisten Expats an. Fast jeder Fünfte (18 Prozent) lebt und arbeitet in der Bankenmetropole. Rundum glücklich ist aber nicht mal jeder Zehnte (weltweit: jeder Fünfte). Dabei zeigen sich die meisten Befragten zufrieden mit ihrer finanziellen Lage und loben das Arbeitsleben sowie die Karrierechancen in der neuen Heimat. Warum also die schlechte Gesamtnote im Expat City Ranking 2018? Dafür ist laut InterNations das Private verantwortlich. Bei der Lebensqualität liegt Frankfurt in Deutschland auf dem letzten Platz. Beim Sozialleben konnte die Stadt nur knapp den letzten Platz an Berlin abtreten.
München liegt im weltweiten Städte-Ränking von InterNations unter 72 Städten auf Platz 51. Innerhalb Deutschlands reicht das immerhin noch für Rang vier. Expats sind überaus zufrieden mit der urbanen Arbeitswelt Münchens. In puncto Lebensqualität lag die bayerische Landeshauptstadt bundesweit sogar auf Rang eins. Dass am Ende doch nur eine Platzierung im Mittelfeld drin war, war – wenig überraschend – den hohen Miet- und Lebenshaltungskosten geschuldet. 75 Prozent der Expats fanden es schwierig, in München eine Wohnung zu finden. Weltweit lag der Wert nur bei 30 Prozent. 85 Prozent hielten das Wohnen in der Stadt für überteuert – fast doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. Und auch in München gilt: Expats finden nur schwer einheimische Freunde und bleiben vor allem unter sich.
Finanziell lohnt sich ein Auslandsaufenthalt in Köln oft. „Das Verhältnis zwischen Gehaltsniveau und Lebenshaltungskosten ist sehr gut“, befand ein InterNations-Mitglied aus Portugal. Köln punktet auch mit Jobsicherheit und Jobzufriedenheit bei den ausländischen Fachkräften. Deren Hauptgrund für den Umzug: Sie haben auf eigene Initiative in Köln eine Stelle gefunden. Diese Form der Willkommenskultur erstreckt sich aber leider meist nicht auf das Privatleben. „Die meisten meiner Freunde hier sind andere Europäer, aber keine Deutschen“, klagte ein Niederländer. Dennoch ergab die Umfrage, dass sich 69 Prozent der Expats in Köln zu Hause fühlen. Deutschlandweit konnten das nur 53 Prozent der Befragten sagen. Im globalen Ranking landete die Rhein-Metropole auf Platz 33.
Vom Privaten mal abgesehen: Oft sind es die sehr hohen Miet- und Lebenshaltungskosten, die Expats hierzulande die Freude an der neuen Heimat vergällen. Nicht so in Düsseldorf. Vier von fünf Expats sind hier der Ansicht, dass ihr verfügbares Haushaltseinkommen genug oder gar mehr als genug ist, um alle Kosten im Alltag zu decken. Damit liegt Düsseldorf sogar leicht über dem weltweiten Durchschnitt. Global reichte es für die Metropole aus Nordrhein-Westfalen für Platz 24. Sie musste sich innerhalb Deutschlands in der Expat-Gunst nur einer anderen Stadt geschlagen geben.
Aachen setzt nicht nur deutschlandweit Standards. Im weltweiten Expat City Ranking 2018 schaffte es die Stadt auf den siebten Rang und trägt damit viel zur Ehrenrettung der Bundesrepublik bei. Beim urbanen Arbeitsleben sicherte sich Aachen sogar den weltweiten Spitzenplatz, bei den Lebenshaltungskosten reichte es für Rang zwei. Sichere Jobs, exzellente Karriereaussichten (besonders für Ingenieure und IT-Spezialisten) sowie sehr gute Löhne machen Expats in Aachen glücklich. Zwar finden die Ausländer auch hier vergleichsweise schwer einheimische Freunde. 61 Prozent der Expats sagen aber: Ich fühle mich in Aachen wie zu Hause (zweitbester Wert nach Köln).