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Management Scheitern gehört zum Erfolg

Scheitern ist lehrreich, sagt Andrew Hill. Und kann auch lustig sein, wie das Museum der Flops in Schweden beweist
Kein Grund, bockig zu sein. Scheitern kann auch zum Erfolg führen
Kein Grund, bockig zu sein. Scheitern kann auch zum Erfolg führen
© Getty Images

Mein Französischlehrer war fürchterlich. Wenn wir wiederholt die Konjugation unregelmäßiger Verben vergeigten, knurrte er: „Sogar Affen lernen aus Fehlern.“ Er war ein Stinkstiefel, aber er hatte Recht mit seinen Ansichten über das Lernen aus Fehlern. Sie könnten sogar als Vorlage für Unternehmen dienen, wie sie mit Flops, Schnitzern und Fehlern umgehen sollten.

Misserfolge sind ein natürliches Nebenprodukt von Abenteuern. Und ein starker Lehrmeister. Als kürzlich das Management-Magazin Harvard Business Review fragte, was einen erfolgreichen Vorstandsvorsitzenden ausmacht, gehörte die Antwort „Misserfolge“ dazu.

CEO trotz Fehler

Kim Rosenkoetter Powell und Elena Lytkina Botelho von der Beratungsgruppe ghSmart haben Managerkarrieren der letzten zehn Jahre analysiert und herausgefunden, dass nahezu alle CEO-Kandidaten großer Unternehmen in der Vergangenheit schwere Fehlentscheidungen getroffen haben. Fast jeder Zweite hat daraufhin schon mal seinen Job verloren oder den Konzern gefährdet. Trotzdem wurden 80 Prozent von ihnen später Chef eines großen Unternehmens.

Deshalb verstoße es gegen den gesunden Menschenverstand, wenn man meint, dass eine Karriere makellos sein müsse, sagt Botelho, eine der Autorinnen der Studie. Es muss gestattet sein, Fehler zuzugeben. Allerdings muss man sie auch nicht feiern. Schließlich sind Fehler peinlich.

Gut, aber kein Erfolg

Aber Fehler wissentlich zu ignorieren, ist gefährlich. Denn wer Misserfolge verschweigt, verstärkt nur den Kult um den Erfolg. Und natürlich ist es unangenehm, über Fehler und persönliches Scheitern zu sprechen.

1995 berichtete ich über die Markteinführung des Olivetti Envision, eines italienischen Personalcomputers, die hohe Wellen schlug. Der moderne PC wurde allseits bejubelt und galt als ein Bekenntnis des Unternehmens zu seiner verlustreichen PC-Sparte. Trotzdem wurde er zum Flop. Vielleicht war er seiner Zeit voraus oder der Preis zu hoch. Nach 18 Monaten wurde er jedenfalls vom Markt genommen. Es fanden sich nicht genügend Käufer.

Samuel West - der Fan von Flops

Ein Envision-Computer wird demnächst in das Museum der Misserfolge aufgenommen, das Samuel West, ein Fan von Flops, im schwedischen Helsingborg eröffnet hat. Mehr als 60 Beispiele hat er bereits gesammelt. Darunter eine frühe Digitalkamera von Kodak, ein Sony Betamax Videorekorder und die Rekonstruktion einer gefrorenen Lasagne, von der Colgate dachte, sie würde Abwechslung in das Sortiment von Zahnpasta bringen.

Das Museum ist bereits ein viraler Hit. Während es natürlich Spaß macht, Schwedens Plastikfahrrad zu belächeln (der Rahmen biegt sich und ist schließlich sogar gebrochen) oder das Twitter Peek (ein kleines Endgerät, dessen Display aber so klein war, dass man kaum etwas lesen konnte), hat das Museum einen ernsthaften Hintergrund. Samuel West bietet Workshops an, in denen er Firmen beibringt, wie mit Fehlern psychologisch umzugehen ist – und welchen Nutzen sie daraus ziehen können. Denn jedes innovative Unternehmen macht jede Menge Fehler.

Fehler nicht der Fehler wegen machen

Natürlich sollte niemand nach Fehlern bewusst streben. Das sieht selbst Samuel West so. Er gesteht, dass es seine größte Schwäche ist, von dem Fun-Faktor seines Museums abgelenkt zu werden und er bislang daran gescheitert ist, das Museum zu kommerzialisieren. So könnte das Museum der Flops, am Ende selbst ein Flop werden. „Das wäre schlimm“, sagt West.

Ambitionierte Manager sollten öffentlich nie zugeben, dass sie eine Fail-better-Strategie verfolgten. GhSmart, die Beratungsgruppe, hat nämlich herausgefunden, dass Manager, die offen über ihre Fehler sprechen, eher als schwache Performer gelten. Besser sei es, die Fehler zu bedauern und sofort nach den Ursachen des Scheiterns suchen, um die gleichen Fehler in Zukunft nicht mehr zu machen.

Akademiker wollen sogar herausgefunden haben, dass Geschichten über das Scheitern viel lehrreicher sind als Erfolgsstorys. Das hätte der Französischlehrer sicherlich unterschrieben.

(c) The Financial Times

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