Capital: Florentine, du bist direkt nach deinem Abschluss, mit 17 Jahren, zum Studium nach Frankreich gezogen. Hattest du eine besondere Verbindung zum Land?
Meine Eltern haben viel Wert auf das Erlernen von Sprachen gelegt, deshalb bin ich auf eine französische Schule gegangen. Französische Unis haben ihr Studienangebot bei uns an der Schule vorgestellt, unter anderem auch den multidisziplinären Bachelor in Sozial- und Geisteswissenschaften in Nancy. Der hat mich sehr interessiert, und als ich einen Studienplatz erhielt, bin ich umgezogen.
Wann wusstest du, dass du für eine EU-Institution arbeiten willst?
Ich habe mich immer zuerst europäisch gefühlt – wahrscheinlich auch bedingt durch meine internationale Schulbildung. In der Uni wurde dieses Gefühl noch verstärkt. Besonders bei Simulationsspielen wie „Euro-Kosmos“ habe ich gemerkt: Da will ich auch Teil davon sein.
Wie hast du dich diesem Ziel angenähert?
In meinem Masterstudium musste ich ein Praktikum im privaten und eines im öffentlichen Sektor machen. Ich wollte gerne in der EU arbeiten. Die Kommission hat mich deshalb interessiert, da hier die Mitarbeiter die gesamte EU repräsentieren. Das hat mir gefallen.
Praktikum mitten in der Eurokrise
War es schwer, den Praktikumsplatz zu bekommen?
Die Kommission hat sehr gut strukturierte Praktika, über die es viele Informationen gibt. Als ich mich beworben habe, dachte ich, ich hätte keine Chance, unter tausenden Bewerbern. Der Bewerbungsprozess dauerte lang, aber ich wurde genommen und war super happy. Fünf Monate durfte ich als Praktikantin in der Generaldirektion Finanzen & Wirtschaft mitarbeiten, das war 2012 – mitten in der Eurokrise. Es herrschte ein Ausnahmezustand, dadurch durfte ich als Praktikantin viel selbst anpacken.
Wie war dein Eindruck von der Arbeit in der Kommission?
Ich war begeistert. Das lag auch an den Leuten. Alle sind sehr weltoffen und engagiert für die gemeinsame Idee Europa. In der Kommission werden so viele Sprachen gesprochen, es sind verschiedene Kulturen vertreten. Das ist toll.
Du hast auch ein Praktikum in der Privatwirtschaft gemacht: Wie war das im Vergleich zur Kommission?
Das habe ich in einer Bank in Frankreich gemacht. Es war auch spannend, vor allem weil es zur Zeit der Finanzkrise war und die Wahl von François Hollande bevorstand. Ich lernte viel über Krisenmanagement und Strategieplanung einer Bank. Die Erfahrung ist auch wichtig für meinen jetzigen Job, wo ich verstehen muss, wie Banken ticken.
Du arbeitest jetzt bei einer EU-Institution im Bereich Finanzen. War dein Studium der Politikwissenschaften – und später die Business School – dafür die richtige Wahl?
Ich denke es ist unglaublich wichtig, das zu studieren, was einen interessiert. Mein Bachelorstudium war intellektuell sehr bereichernd, vor allem habe ich gelernt, komplexe Zusammenhänge zu erkennen. An der Business School hatte ich dann Fächer wie Finanzmarktanalyse und Accounting – das ist eine Spezialisierung, die nicht jeder hat.
Deinen ersten Job hast du in deiner alten Praktikumsabteilung in der EU-Kommission bekommen. Kam das Angebot direkt im Anschluss?
Nein, ich habe zu dem Zeitpunkt ja noch studiert. Ich bin aber mit meinen Kollegen in Kontakt geblieben und habe mitverfolgt, was in der Abteilung passiert. Während meiner Master-Abschlussfeier klingelte mein Handy und mein alter Chef bot mir einen Job an. Das war gutes Timing.
"In der Europäischen Kommission wird die paneuropäische Idee gelebt"
Du hast dann als Analystin an Konzepten der europäischen Bankenregulierung und der finanziellen Stabilität in der EU mitgearbeitet. Kein schlechter Job für eine Berufsanfängerin...
Ja, mein damaliger Chef hat selbst jung Karriere gemacht und unterstützt deshalb junge Leute dabei, voran zu kommen. Das war ein großes Glück.
Was magst du an deinem Job am meisten?
Dass ich quasi das Öl in den Rädchen bin, das am Ende alle zusammen bringt, Kompromisse und Lösungen ausarbeitet. Ich bin eine politische Beraterin.
Was macht die Arbeit in der Europäischen Kommission so speziell?
Hier wird die paneuropäische Idee gelebt: Man arbeitet nicht für sein Land, sondern für die EU. Hier arbeiten Fachexperten an den großen europäischen Fragen, an Gesetzesvorschlägen für die EU. Hier zu arbeiten ist auch deshalb so besonders, weil so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Profilen zusammen kommen. Sie alle eint ihre Offenheit und ihre Überzeugung von Europa.
"Die EU muss mehr Öffentlichkeitsarbeit machen"
Warum kommt diese Überzeugung bei einigen Teilen der EU-Bevölkerung nicht an?
Die EU kann immer nur so viel machen, wie die Nationalstaaten zulassen. Leider ist es beliebt bei Politikern, Negatives auf die EU abzuschieben - dabei werden die Gesetze ja mit den Mitgliedsstaaten zusammen gemacht. Zusätzlich muss die EU vielleicht noch mehr Öffentlichkeitsarbeit machen, also besser erklären, was ihre Vorteile sind. Ich denke auch, dass regionale Partner da noch besser einbezogen werden müssen, damit wirklich überall ankommt, was „EU“ überhaupt bedeutet.
Wie sieht deine zukünftige Karriere aus? Bleibst du Europa treu?
Ich mag meine Arbeit hier sehr und kann mir gut vorstellen länger zu bleiben. Ich bin aber auch neugierig auf Social Businesses. Das Konzept, dass Unternehmen profitabel sind und trotzdem nachhaltig und sozial handeln interessiert mich sehr.
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