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Junge Elite Fränzi Kühne: „Aufsichtsräten fehlt eine gute Durchmischung“

Fränzi Kühne: Mitgründerin der Agentur "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr" und Mitglied im Aufsichtsrat der Freenet AG.
Fränzi Kühne: Mitgründerin der Agentur "Torben, Lucie und die gelbe Gefahr" und Mitglied im Aufsichtsrat der Freenet AG.
© Jennifer Endom
Eigentlich wollte sie Kriminalkommissarin werden, jetzt führt Fränzi Kühne eine der erfolgreichsten Digitalagenturen Deutschlands und ist Mitglied im Aufsichtsrat der Freenet AG. Im Interview erzählt sie, wie es zu diesem Karrierewandel kam

Noch während ihres Jurastudiums hat Fränzi Kühne die Agentur Torben, Lucie und die gelbe Gefahr (TLGG) gegründet. Das ist über zehn Jahre her. Mittlerweile zählt das Unternehmen rund 180 Mitarbeiter. Außerdem sitzt Fränzi Kühne als jüngstes Mitglied im Aufsichtsrat der Freenet AG .

Capital: Von der Jura-Studentin zur Gründerin einer Digitalagentur. Es ist nicht gerade der gewöhnlichste Weg, den Du gegangen bist. War Dir immer klar, dass Du nicht juristisch arbeiten wirst?

Fränzi Kühne: Nein, überhaupt nicht. Ich wollte Richtung Strafrecht gehen und habe mich beim Bundeskriminalamt als Kriminalkommissarin beworben. Ich habe sogar den Eignungstest gemacht, dann bin ich leider aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschieden. Begründung: Ich sei zu stressresistent.

Also die perfekte Eigenschaft, um ein eigenes Unternehmen zu gründen?

Das klingt so, ja. Aber ich habe später erfahren, dass das wohl bei der Polizei ein Synonym für eine zu hohe Frauenquote im Einstellungsjahrgang war. Dass ich nicht Kriminalkommissarin geworden bin, war also Zufall.

Genau wie der Umstand, dass Du dann eine Agentur gegründet hast?

So ungefähr. Ich hatte im Studium meine beiden Mitgründer kennen gelernt. Wir haben alle drei nebenbei bei einem Computerspiele-Publisher gearbeitet – zusammen haben wir das Online-Marketing aufgebaut. Gaming war jetzt nicht unbedingt unsere Traumbranche, aber Marken zu erzählen, was sie Sinnvolles mit Facebook, Twitter & Co machen können hat uns Spaß gemacht. Also haben wir die Agentur gegründet.

"Ich hätte nie alleine gegründet": Fränzi Kühne mit ihren Mitgründern Christoph Bornschein und Boontham Temaismithi.
"Ich hätte nie alleine gegründet": Fränzi Kühne mit ihren Mitgründern Christoph Bornschein und Boontham Temaismithi.
© Max Threlfall

Das klingt so einfach.

Tatsächlich war es aus einer gewissen Leichtigkeit heraus. Ich war 25, das Thema hat sehr viel Spaß gemacht, ich hatte kein größeres Risiko, als das Stammkapital einzuzahlen. Wenn es nichts geworden wäre, hätte ich weiter Jura studiert.

Aber es hat sich ziemlich gut entwickelt. Wie schwierig war die Anfangszeit?

Wir hatten bei der Gründung direkt einen Kunden mitgenommen – die Frogster Interactive Pictures AG, wo wir zuvor als Studenten gejobbt hatten. Da wir zum Zeitpunkt der Gründung die einzigen Social Media Experten in Deutschland waren, haben wir auch schnell Kunden bekommen – anfangs oft über Werbeagenturen, die von ihren Kunden gefragt wurden, was sie nun mit diesem Facebook machen sollen. Die Agenturen haben uns dann als Experten dazu gebucht und so konnten wir Stück für Stück einen Kundenstamm aufbauen.

Ich habe in der ganzen Zeit meines Lebens nicht so viel gelernt wie in der Anfangszeit bei TLGG. Das war das Ankommen in der echten Welt – im Erwachsenenleben.
Fränzi Kühne

Gab es finanzielle Engpässe?

Klar saßen wir am Anfang auf Bierkästen statt auf schönen Büromöbeln, weil wir uns keine Einrichtung leisten konnten – dafür waren wir aber super stolz, dass wir ein eigenes Büro in Berlin-Friedrichshain hatten. Natürlich haben wir auch lange mit Freelancern gearbeitet, auch weil wir ziemlich viel Angst davor hatten, zusätzlich zu unseren Gehältern noch ein weiteres festes Gehalt einzuplanen. Als wir die erste Mitarbeiterin fest angestellt haben, war das ein großer Schritt für uns.

Vorher hast Du studiert. Hat Dich die Uni auf die Aufgaben als Geschäftsführerin vorbereitet?

Ich habe in der ganzen Zeit meines Lebens nicht so viel gelernt wie in der Anfangszeit bei TLGG. Das war das Ankommen in der echten Welt – im Erwachsenenleben. Da habe ich jeden Tag Neues gelernt - zum Beispiel, wie man die Buchhaltung für eine Firma macht. Dass wir Mentoren hatten, die uns mit Knowhow zur Seite standen, war wahnsinnig wichtig für uns.

Mittlerweile berätst Du selbst – nicht nur mit der Agentur, sondern seit Juni 2017 auch als Aufsichtsrätin bei der Freenet AG. Wie hast Du Dich auf diese neue Rolle vorbereitet?

Um mir ein möglichst umfangreiches Bild vom Unternehmen zu machen, bin ich erst einmal an alle möglichen Standorte gefahren. Ich habe mir zum Beispiel das Logistikcenter angeguckt, habe mit den Trainees gesprochen und mit der HR-Abteilung. Ehrlich gesagt bin ich anfangs etwas naiv an die Sache rangegangen. Ich wusste nicht, dass es als Aufsichtsratsmitglied nicht geht, einfach so irgendwo an den Standort zu fahren. Das kann zu rechtlichen Problemen führen, denn jeder Aufsichtsrat muss dieselben Informationen haben. Sich auf dieses Regelwerk einzulassen, war wirklich schwierig für mich, denn bei TLGG arbeite ich sehr operativ - manchmal sitze ich hier sogar an der Telefonzentrale.

Was kannst Du als Aufsichtsrätin einbringen?

Zwischen dem Aufsichtsrat und dem Unternehmen ist es ein Geben und Nehmen. Ich bringe zum Beispiel meine Erfahrungen im Digitalen ein, der Vorstand kann mich dazu befragen. Ich wiederum erhalte viele Einblicke ins Unternehmen, kann meinerseits Vorschläge machen und Fragen stellen.

Fehlt den Aufsichtsräten in Deutschland junges, digitales Know how?

Was fehlt ist eine gute Durchmischung – sowohl was Fachkenntnisse, als auch was Alter, Geschlecht, Bildungs- und Berufshintergründe angeht. Teams, die sich nicht nur gegenseitig in ihrem Urteil bestärken, weil sie fast deckungsgleiche Erfahrungen einbringen.

Was wünschst Du Dir von deutschen Unternehmen im Umgang mit der Digitalisierung?

Weil ich da nun einmal gerade am dichtesten dran bin: Kompetente Aufsichtsräte, die wissen, welche Fragen zu stellen sind. Viele sind leider so weit weg vom Thema Digitalisierung, dass sie es nicht mit den Vorständen diskutieren können, geschweige denn beurteilen, ob die Projekte sinnvoll sind , die der Vorstand vorschlägt.

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