Die Mitglieder sind im Schnitt 54 Jahre alt, männlich, typische Vornamen Stefan oder Thomas – jahrzehntelang waren Dax-Vorstände Monokulturen. Nur einzelne Frauen schafften den Sprung an die Spitze. Doch das soll sich ändern: Nach der Frauenquote im Aufsichtsrat gilt seit August 2021 für börsennotierte Unternehmen in Deutschland auch eine 30-Prozent-Quote im Vorstand. Und damit die Zeitenwende ebenfalls in Schwung kommt, müssen Unternehmen, die die Quote reißen, seit August 2022 bei der nächsten Vorstandsbestellung eine Frau wählen.
Gerry MacKay wäre der Mann, den es als Erstes treffen könnte. Sein Vertrag beim Pharma- und Laborzulieferer Sartorius läuft Ende nächsten Jahres aus. MacKay ist dort seit 2017 Vorstand für den Bereich Marketing, Vertrieb und Service Laborprodukte. An seine Stelle sollte dann eine Frau rücken. Das Unternehmen gehört zu den acht Dax-Konzernen, die noch keine Frau im Vorstand haben.
Allerdings: Nur zwei dieser acht Unternehmen sind gesetzlich tatsächlich verpflichtet, bei der nächsten Vorstandsbestellung eine Frau zu wählen, nämlich Sartorius und MTU. Für die anderen sechs Dax-40-Unternehmen gilt das Mindestbeteiligungsgebot nicht, weil sie keine Mitbestimmung haben (Brenntag, Hello Fresh, Linde, Porsche) oder weil ihre Vorstände aus weniger als vier Mitgliedern bestehen (Delivery Hero, Symrise).
Letztlich gilt das Gesetz durch diese und weitere Einschränkungen lediglich für 62 Unternehmen, was die Wirkung stark begrenzt. Die Initiative für mehr Frauen in Aufsichtsräten (Fidar) fordert deshalb, die Kriterien deutlich aufzuweichen, „um mehr Breitenwirkung zu erreichen“. Es brauche einen höheren Frauenanteil von 30 bis 40 Prozent, und das bei deutlich mehr Unternehmen.
Der Fall Sartorius wird dabei nun zum Lackmustest. Verlängert nämlich das Unternehmen den Vertrag des Mannes, wäre dessen Bestellung für den Vorstand laut Aktiengesetz „nichtig“. Denn: „Die Aufsichtsräte sind auch dann an das Mindestbeteiligungsgebot gebunden, wenn es um die Vertragsverlängerung bestehender Vorstände geht“, urteilt Ulrich Tödtmann, Partner der Kanzlei Rittershaus in Mannheim. „Dieses kommt einer Wiederbestellung gleich.“ Setzt sich das Unternehmen darüber hinweg, müsste allerdings erst ein Aufsichtsrats- oder ein Vorstandsmitglied dagegen klagen.
Testurteil: Befriedigend