1. Wird das Jahr 2017 gut oder schlecht für die Weltwirtschaft?
Eigentlich sind die Aussichten für die Weltwirtschaft ganz gut: Die großen Schwellenländer legen einen Zahn zu, in den USA könnte die Trump-Regierung ein konjunkturelles Strohfeuer entfachen, und auch im Euroraum stehen die Zeichen weiter auf Erholung. Dabei ist der Ausblick aber von einigen Risiken überschattet: Vor allem die politischen Rahmenbedingungen sind zur Zeit unsicher und die Folgen unerwarteteter Politikwechsel - Trump, Brexit, Erdogan - für die Weltkonjunktur unkalkulierbar.
2. Wie sind die Aussichten für die deutsche Konjunktur?
Die deutsche Wirtschaft entwickelt sich stetig aufwärts, ohne dass sich eine Überhitzung und erst recht keine konjunkturelle Schwächephase abzeichnet. Im kommenden Jahr drückt zwar der arbeitnehmerfreundliche Kalender - ungewöhnlich viele Feiertage fallen nächstes Jahr auf einen Werktag - die Produktion ein bisschen. Alles in allem dürfte die deutsche Wirtschaft, gestützt vor allem auf eine insgesamt kräftige Entwicklung des privaten Konsums, aber weiter ordentlich zulegen.
3. Droht in irgendeinem der großen Wirtschaftsräume eine Rezession?
Derzeit sind die Zeichen weltweit eher auf Wachstum gestellt. Die Schwellenländer stehen etwas besser da, denn die Zeiten der ganz niedrigen Energie- und Rohstoffpreise dürften erstmal vorbei sein. Auch in den entwickelten Volkswirtschaften wird es wohl - hier vor allem dank weiterhin sehr expansiver Geldpolitik weniger bremsender Finanzpolitik - ebenfalls aufwärts gehen. Allerdings könnte sich die Fahne wenden, wenn die Unsicherheit an den Finanzmärkten wieder steigt - etwa im Zuge neuer Nervosität über die Stabilität des europäischen Bankensystems. Gerade der Euroraum ist in dieser Hinsicht immer noch anfällig.
4. Wo liegen die größten Risiken? Wo könnte es am ehesten Überraschungen geben?
Die wichtigsten Risiken habe ich bereits genannt: Unberechenbare politische Rahmenbedingungen erschweren Unternehmen und privaten Haushalten die Planung und könnten zu Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen führen. Wenn sich in den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien ein scharfer Konflikt abzeichnen, dannn könnte das in ganz Europa zu einer Eintrübung der Konjunktur führen. Verschärfte Spannungen an den Finanzmärkten könnten die Konjunktur weltweit und auch in Deutschland maßgeblich beeinträchtigen; neben dem Euroraum muss man in diesem Zusammenhang auch die USA im Auge behalten; wenn Trump es mit seinen schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen übertreibt ist nicht auszuschließen, dass die Finanzmärkte allmählich nervös mit Blick auf die Nachhaltigkeit der US-Staatsfinanzen werden. Positive Überraschungen würde ich zur Zeit am ehesten aus den Schwellenländern erwarten. Möglich wäre dass sich Russland und Brasilien nicht nur allmählich von ihrer Rezession erholen, sondern unerwartet kräftig zulegen können. Auch in China ist beim Wachstum etwas Luft nach oben.
5. Welche Faktoren sollte man 2017 ganz besonders im Blick haben?
Wichtig mit Blick auf die Weltkonjunktur ist aus meiner Sicht vor allem, wie es mit den Brexit-Verhandlungen weitergeht. Relevant ist außerdem, welches Tempo der neue US-Präsident bei der Durchsetzung von konjunkturpolitischen - aber auch handelspolitischen - Maßnahmen vorlegt. Mit Blick auf die deutsche Konjunktur dürfte in erster Linie entscheidend sein, in welchem Maße sich Wahlkampf und Wahlergebnis in wirtschaftlicher Unsicherheit niederschlagen. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa sind ohnehin die Ergebnisse der Wahlen im Verlauf des Jahres hochrelevant. Sollten integrationskritische Parteien unerwartet erfolgreich sein, so könnte das die Konjunktur im Euroraum etwas beeinträchtigen.