Amerika ist kopflastig, wenn es um seine Superreichen geht. Allein in den USA gibt es laut der aktuellen Rangliste von „Forbes“ 614 Milliardäre. Das sind zehnmal mehr als in ganz Südamerika. Brasilien ist dabei auf dem Kontinent die unangefochtene Milliardärs-Hochburg. Das Land kommt im 2020er Reichenranking auf 45 Dollar-Milliardäre, einen mehr als Kanada.
Damit stammen in Südamerika zwei von drei Superreichen aus Brasilien. In den Top 10 ist Brasilien mit sechs Milliardären vertreten, drei von ihnen verdanken ihren Reichtum derselben Firma. Kolumbien konnte hingegen gleich zwei seiner drei Milliardäre in den Top 10 platzieren. Dasselbe gilt für Venezuelas einzigen Dollar-Milliardär. In Chile schaffte das zwar nur einer der sieben Superreichen des Landes. Dafür sticht Chile aus den Milliardärs-Ländern Südamerikas hervor.
Dies sind laut „Forbes“ die reichsten Südamerikaner:
Das sind die reichsten Südamerikaner
Investmentbanker André Esteves eröffnet die aktuellen Top 10 der reichsten Menschen in Südamerika. Der Brasilianer ist ein echter Selfmade-Milliardär. Er hat es bei der Investmentbank Pactual vom Praktikanten zum CEO geschafft. „Forbes“ bezifferte sein Vermögen zum Stichtag 7. April 2020 auf 2,9 Milliarden US-Dollar. Das entsprach in etwa dem Vorjahresniveau. Esteves, der kurzzeitig wegen Korruptionsverdacht hinter Gittern saß, belegte in der weltweiten Rangliste Platz 712. Esteves war zur Veröffentlichung der „Forbes“-Liste 52 Jahre alt und damit der jüngste Superreiche in der Spitzengruppe.
51 Prozent der Milliardäre weltweit waren im Frühjahr 2020 „ärmer“ als ein Jahr zuvor. Miguel Krigsner hingegen konnte sein Vermögen fast verdreifachen. Es erhöhte sich laut „Forbes“ von 1,2 auf 3,4 Milliarden Dollar. Der gebürtige Bolivianer mit brasilianischem Pass ist der Gründer der Grupo Boticario, des zweitgrößten Kosmetikkonzerns Brasiliens. Fast 80 Prozent der Firma gehören dem Magazin zufolge dem 70-Jährigen. Krigsners Eltern stammten aus Deutschland und Polen. Die Juden waren vor den Nationalsozialisten nach Südamerika geflohen.
„Jaime Gilinski Bacal hat durch Fusionen und Übernahmen eines der größten Bankimperien Lateinamerikas geschaffen“, würdigte „Forbes“ den in London lebenden Kolumbianer. Der 62-jährige Harvard-Absolvent hatte demnach 1994 die Übernahme der größten kolumbianischen Bank geplant und dafür von George Soros 50 Millionen Dollar erhalten. Der Deal wurde auf einer Serviette festgehalten. Der Investor wurde von der weltweiten Milliardärskrise bislang weitgehend verschont. Sein Vermögen sank laut „Forbes“ binnen eines Jahres leicht von 3,6 auf 3,4 Milliarden Dollar. Das bedeutete weltweit Platz 565.
Bacal teilt sich Platz sieben dieses Rankings mit Juan Carlos Escotet. Der 61-jährige Venezulaner ist Gründer der Bankengruppe Banesco. Die ist ein echtes Familienunternehmen: Alle vier Söhne Escotets arbeiten für Banesco. Der Milliardär hat im vergangenen Jahr rund zehn Prozent seines Vermögens eingebüßt. Es verringerte sich laut „Forbes“ von 3,8 auf 3,4 Milliarden Dollar.
Der Brasilianer Luciano Hang hingegen konnte seinen Reichtum binnen eines Jahres um mehr als 50 Prozent steigern. 3,6 Milliarden Dollar (2019: 2,2 Milliarden Dollar) reichten weltweit für Platz 514 und in Südamerika für Rang sechs. Der 57-Jährige ist Mitgründer der Kaufhauskette Havan und hält mit seiner politischen Meinung nicht hinter dem Berg. Der Unterstützer des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wurde von Bloomberg als lautstärkster Milliardär des Landes bezeichnet.
Der Brasilianer Alexandre „Alex“ Behring hat es 2020 erstmals ins Milliardärs-Ranking von „Forbes“ geschafft. Der Mitgründer der Investmentfirma 3G Capital debütierte mit 4,3 Milliarden Dollar. Das reichte weltweit für Platz 414 und in Südamerika für Platz fünf. Behring ist Vorstandsvorsitzender des US-Lebensmittelkonzerns Kraft Heinz und Co-Vorsitzender von Restaurant Brands International, der Mutterfirma von Burger King. Der 53-jährige Harvard-Absolvent lebt mit seiner Familie vor den Toren New York Citys.
Marcel Herrmann Telles gehört neben Behring zu den Gründer von 3G Capital. Er ist laut „Forbes“ mit 6,5 Milliarden Dollar rund 50 Prozent reicher als sein Landsmann und liegt weltweit auf Platz 230 der reichsten Menschen. Allerdings war Telles im März 2019 noch 9,9 Milliarden Dollar schwer. 2017 hatte „Forbes“ das Vermögen des Brasilianers sogar noch auf 14,8 Milliarden Dollar geschätzt. Der 70-Jährige hält Anteile beim weltgrößten Brauereikonzern Anheuser-Busch InBev.
Das Vermögen von Luis Carlos Sarmiento ist laut „Forbes“ von 10,8 auf 9,0 Milliarden Dollar gesunken. Damit war der Kolumbianer aber immer noch der drittreichste Mensch in Südamerika (weltweit: Platz 153). Der 87-Jährige legte den Angaben zufolge den Grundstock für seinen Reichtum im Baugewerbe und stieg dann ins Bankengeschäft ein. Seine Grupo Aval soll ein Drittel der Banken in Kolumbien kontrollieren.
Jorge Paulo Lemann ist der Verlierer unter Südamerikas Superreichen. Der Mitgründer der Investmentfirma 3G Capital hat sein Vermögen binnen eines Jahres mehr als halbiert. Es sank „Forbes“ zufolge von 22,8 auf 10,4 Milliarden Dollar. Allerdings scheint der Brasilianer in der Corona-Krise wieder durchzustarten. Mitte September 2020 war sein Vermögen laut „Forbes“ wieder auf über 16 Milliarden Dollar gestiegen. Lemann, der in Zürich lebt, verdankt seinen Reichtum wie Telles maßgeblich den Anteilen an Anheuser-Busch InBev. Der 81-Jährige ist ein Weggefährte von Warren Buffet. 2013 hatten 3G Capital und Berkshire Hathaway den Lebensmittelkonzern H.J. Heinz & Company gekauft. Der fusionierte mit Kraft.
Acht der zehn reichsten Menschen Südamerikas werden von „Forbes“ als Selfmade-Milliardäre ausgewiesen. Die große Ausnahme ist die Nummer eins, Iris Fontbona (M.), die einzige Frau in den Top Ten. Die 77-jährige Chilenin ist die Witwe des Unternehmers Andrónico Luksic, der sein Vermögen mit Bergbau und Getränken gemacht hat. Fontbona und ihre Familie fielen im „Forbes“-Ranking von 15,4 auf 10,8 Milliarden Dollar. Das reichte aber noch knapp für den ersten Platz (weltweit: Platz 124).