Capital: Herr Silling, wann waren Sie das letzte Mal auf einem Flohmarkt oder haben Sie dafür gar keine Zeit mehr?
Peter Silling: Doch, schon. Ich bin eigentlich die ganze Zeit unterwegs. Ich fliege 1,5 Millionen Meilen im Jahr. Da hat man dann an drei Plätzen einen Friseur, einen in New York einen in Zürich, einen in Hongkong. Ich bin allein jetzt gerade in der vergangene Woche einmal rund um die Welt geflogen.
Und da sind Sie immer auf der Suche nach seltenen Objekten?
Klar, die sind sehr gefragt. Besonders in Asien, wo wir viel machen. Allein in Indien 14 Hotels. Aber auch Kasachstan, Kuala Lumpur, Miami, Atlanta, New York...
Wie geht das genau mit dem Hotel einrichten: Sie bekommen ein Briefing und dann gehen Sie los mit einem Bündel Geld und kaufen teure Sofas und Vasen rund um die Welt?
Nein, nein. Ein Investor sagt, er will ein Hotel machen, sagen wir in Jumeirah. Dann weiß ich schon mal vom Ort her ungefähr, was es da sonst so gibt, wie der Stil sein könnte. Dann schauen wir uns die Pläne an, teilen die Zimmer auf und so weiter. Also praktisch in der Hülle des Architekten machen wir dann ein Hotel.
Sie machen die ganze Inneneinrichtung?
Wir zeichnen von Hand die Zimmertypen auf. Und dann stimmen wir mit dem Investor ab, gehen zurück zum Architekten, versetzen vielleicht hier und da noch eine Säule. Und dann geht es ans Budget. Das muss man immer im Auge behalten, damit nicht alles aus dem Ruder läuft, wie bei manchen Projekten...
Zum Beispiel bei Flughäfen...
Ja, oder der Elbphilharmonie. Das ist unglaublich. Nein, das Budget muss man ständig im Auge behalten. Wissen Sie, einen Stoff auf einem Stuhl oder einen Lampenschirm, kann man noch wechseln. Aber wenn sie sich bei 30 Bädern vertun, mit einer Marmorfarbe ist das nicht so toll.
ein altes französisches Bistro für das Ritz Carlton Berlin
Also erst kommen die Zahlen...
Und dann machen wir Design. Man nennt das SF&I - also alles was rausfallen würde, wenn man das Hotel auf den Kopf stellt. Lose Möbel, Stoffe, Geschirr. Früher hatte man eine Art Möbelverkäufer, der alle diese Dinge zusammensucht.
Ein schöner Job. Wie kamen Sie eigentlich dazu?
Ich war ganz früher mal Raumausstatter bei Missoni, einem sehr exklusiven Einrichtungshaus. Und von da aus bin ich in die Welt gezogen. Da kam die Chance auf Sardinien zu arbeiten, dann Portugal, Afrika. Dann ist es weiter gegangen, ein Hotel nach dem anderen. Four Seasons, Ritz Carlton...
Bei der Eröffnung des Ritz Carlton in Berlin hatten Sie die Aufgabe am nagelneuen Potsdamer Platz ein Hotel mit der Grandeur klassischer Häuser einzurichten. Dafür haben Sie sogar ein altes Restaurant mit seiner kompletten Inneneinrichtung angekarrt...
Ich hatte die Idee, dort ein Bistro reinzubauen. Also sind wir in Frankreich losgezogen und haben gesucht und auch eins gefunden. Das haben wir dann gekauft, ein bisschen ergänzt und dort im Hotel eingebaut. Das machen wir heute in Einzelfällen immer noch. Aber häufig produzieren wir mittlerweile die Sachen einfach direkt selber.
Sie leiten mittlerweile ein richtiges Design-Unternehmen mit Sitz in Hongkong und Abu Dhabi. Aber Sie haben doch sicher immer noch Geheim-Tipps, wo man gute Vintage-Objekte bekommt oder?
Klar, zum Beispiel in Paris am Porte de Clignancourt oder in New York, in den Villages. Aber man muss auch sagen, seitdem wir dieses Bistro gesucht haben, ist viel passiert. Das Internet ersetzt vieles.
Was war das absurdeste Fundstück, das sie jemals aufgetrieben haben?
Mmmh... Zum Beispiel alte Stoffe aus Venedig. Zu Zeiten der Seidenstraße haben die Tuchmacher dort sensationelle Stoffe gemacht. Und die Maschinen zur Herstellung existieren noch, wo man heute eine Woche braucht um einen Meter Stoff damit zu produzieren, auf diesen Webstühlen. Das ist dementsprechend teuer...
"Man fühlt sich da irgendwie zuhause"
Woher holen Sie Ihre Inspiration? Aus Filmen, aus Büchern?
Also inspirieren tue ich mich eigentlich nicht. Jedenfalls nicht bewusst. Man muss die Dinge einfach leben. Man muss schon einmal in einem 5-Sterne-Hotel übernachtet haben, um so etwas einrichten zu können. Und wenn man so viel reist, wie ich, dann nimmt man überall Dinge auf und kombiniert sie, entwickelt sie weiter. Und man muss die Dinge dafür wirklich verstehen. So wie Hermès, die haben als Sattelmacher angefangen und dann die erfolgreichste Handtasche gebaut.
Gibt es ein altes Hotel, mit Patina, das sie besonders inspiriert hat?
Mich hat immer das Hotel du Cap in Cap Ferrat fasziniert. Oder das Schloss Lerbach.
Und haben Sie ein Lieblingshotel irgendwo auf der Welt, wo Sie am liebsten schlafen?
Ziemlich schwierig. In Soto Grande gibt es die Finca Cortesin, die ist zum Beispiel sehr fein, sehr privat. Auf der anderen Seite: wenn ich in Hongkong bin, da wohne ich dort immer im selben Hotel, seit Jahren. Da kann ich jetzt nicht sagen, dass das Interieur etwas Besonderes ist. Die Zimmer haben niedrige Decken, es ist alles etwas renovierungsbedürftig. Aber es ist 300 Meter von unserem Büro entfernt. Ich kann da hin laufen, es hat ein gutes Restaurant, eine tolle Flasche Wein. Man fühlt sich da irgendwie zuhause.
Haben Sie mit der Zeit klare Prinzipien entwickelt, was ein gelungenes Interieur ausmacht?
Also wenn man Feng Shui nimmt, da gilt: man muss sich wohlfühlen, es muss geordnet sein. Ich finde ein gelungenes Interieur hängt nicht von den Farben ab und nicht davon ob Möbel modern oder traditionell sind. Sondern wie man den Platz, den Raum gestaltet, den man zur Verfügung hat. Dann hinterher kommt der Qualitätsaspekt. Und erst dann kommt der Aspekt Designstil oder Farben.