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Business as usual Wer nur Profiten hinterherrennt, setzt Substanz aufs Spiel ...

Symbolbild Karriere
Symbolbild Karriere
© Getty Images
... und läuft Gefahr, die besten Mitarbeiter zu verlieren. Anne Weitzdörfer über die Vorzüge nachhaltiger Unternehmensstrategien

Silvia ist Anfang 40, eine große, schlanke Frau mit stahlblauen Augen und einem gewinnenden Lachen. Sie kommt aus einer Unternehmerfamilie und sagt, dass sie den Geschäftsgeist mit der Muttermilch aufgesogen hat. In dem Unternehmen, das sie in den vergangenen zehn Jahren mit aufgebaut hat, war sie zuletzt stellvertretende Geschäftsführerin. Obwohl ihre Ausbildung sie eher auf trockene Finanz- und Steuerthemen vorbereitet hatte, merkte sie schnell, dass ihr Menschen mehr am Herzen liegen als Zahlen, weshalb sie sich in die organisatorische Arbeit stürzte und dort ihren Weg fand.

Ich lernte sie bei einem Interview kennen, das ich im Auftrag eines anderen Unternehmens führte, um eine Führungsposition zu füllen – Silvia hatte sich auf die Stelle beworben. Unser Gespräch war kurzweilig, es machte Spaß, ihr zuzuhören. Silvia strahlt Klarheit und Sicherheit aus, sie ist erkennbar jemand, den Menschen anrufen, wenn es brennt. Erst als ich sie fragte, warum sie den Job wechseln wolle, verdunkelte sich ihre Miene.

Vor acht Jahren, erzählte sie, sei ein Private-Equity-Investor an Bord gekommen, der große Pläne für das Unternehmen hatte. Sie habe das damals als Herausforderung angenommen und mit der Geschäftsführung voller Elan auf ambitionierte Ziele hingearbeitet. Dass sie die auch erreichten, macht sie immer noch stolz. Bloß war die Freude nicht von langer Dauer. Am Ende verkündete der Investor in einem knappen Meeting, man werde das Unternehmen weiterveräußern.

Ich kürze die Geschichte hier etwas ab. Das Gleiche passierte noch zwei weitere Male. In nur acht Jahren ist das Unternehmen gerade zum dritten Mal verkauft worden.

Dreimal spielte Silvia mit, dann war Schluss

Der Geschmack des Erfolgs sei mit jedem Mal schaler geworden, sagt Silvia. Immer habe sie mit großer Leidenschaft gearbeitet und gemeinsam mit ihren Geschäftsführerkollegen versucht, den Druck der Investoren vom Team abzuhalten. Irgendwann aber habe sie nicht mehr verdrängen können, dass sie sich mit jedem Meeting weniger wie eine Unternehmerin fühlte, sondern wie „die Erfüllungsgehilfin einer von nackten Zahlen und kaltem Geld getriebenen Maschine“.

Sie habe spät erkannt, dass sie sich hatte ausnutzen lassen, sagt Silvia. Und weil sie diese Erfahrung kein weiteres Mal machen wollte, habe sie entschieden, das Unternehmen zu verlassen.

Geschichten wie diese stimmen nachdenklich. Denn so sinnvoll die Zusammenarbeit mit Private-Equity-Investoren sein kann, so wichtig ist es, dass nicht nur kurzfristig gewinnmaximierend, sondern auch langfristig substanzerhaltend gearbeitet wird. Sonst verliert man Menschen wie Silvia, die ihre Energie nun lieber einem inhabergeführten, an nachhaltiger Entwicklung interessierten Unternehmen zur Verfügung stellen will.

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