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Immobilien Upcycling: Von der Mülltonne ins Wohnzimmer

Vor allem Möbel erlebten in den letzten Jahren ein Upcycling, aber auch beim Hausbau gewinnt der Trend an Beliebtheit
Vor allem Möbel erlebten in den letzten Jahren ein Upcycling, aber auch beim Hausbau gewinnt der Trend an Beliebtheit
© MASKOT / IMAGO
Stühle aus Stufen, Küchen aus Plastik: Beim Wohnen ist Upcycling angesagt. Der Trend ruft allerdings Betrüger auf den Plan

Irgendwann ist das Leben einer Rolltreppe zu Ende – zum Beispiel das der Rolltreppe an der U-Bahn-Station Zieglergasse in Wien. Diese hat allerdings eine zweite Chance bekommen: Der Designer Michael Hensel hat aus den ausrangierten Metallstufen extravagante Wohnzimmermöbel gefertigt. Käufer können sie für 400 bis 500 Euro pro Stück erwerben.

Wenn aus einer Rolltreppe eine Sitzgelegenheit und aus Sperrholz ein Esstisch wird, nennt man das Upcycling. Alte Dinge aufzuwerten war lange Zeit vor allem Öko-Freaks oder versponnenen Designern vorbehalten. Die Industrie tat sich damit schwer. Mittlerweile ist Upcycling aber in der Mitte der Wirtschaft angekommen.

Sogar Möbelriesen wie Ikea interessieren sich nun für Techniken, mit denen man Rohstoffe wiederverwerten kann. Vor drei Jahren begann der schwedische Möbelgigant damit, Elemente aus alten PET-Flaschen in seine Küchen zu integrieren. Vergangenes Jahr nahm Ikea zudem gegen Gutscheine alte Möbel zurück. Einen Teil davon will das Unternehmen aufwerten und wiederverkaufen.

Auch beim Hausbau kommen immer öfter wiederverwendete Stoffe zum Einsatz. Sogenannte Baustoff-Recycler schlachten abbruchreife Häuser aus und bieten die noch brauchbaren Teile ihren Kunden an. Manchmal wollen Liebhaber alter Baustoffe sogar intakte Häuser in ihre Einzelteile zerlegen. Der Umgang mit Baustellenschutt ist in Deutschland allerdings ein Streitthema. Wie „Spiegel Online“ jüngst berichtete , fordert das deutsche Umweltministerium eine Richtlinie, die die Bauwirtschaft dazu verpflichtet, Abfälle wiederzuverwerten. Innenminister Horst Seehofer (CSU) lehnt diese Forderung ab.

Bei Konsumenten kommt der Trend zum Wiederverwenden dagegen gut an. Upcycling ist für viele Menschen ein emotionales Thema und kann sich positiv auf Kaufentscheidungen auswirken, zeigt eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien) aus dem Jahr 2019. Die Forscher fanden heraus, dass allein das Wissen um die frühere Identität eines Produkts die Nachfrage danach um ein Vielfaches steigen lässt. In einem Upcycling-Store vervierfachten sich die Umsätze, nachdem Verkäufer auf Alter und Geschichte ihrer Waren hinwiesen. „Menschen mögen Produkte mit besonderer Geschichte, weil sie sich dann auch selbst besonders fühlen können“, sagt Studienautorin Bernadette Kamleitner vom Institut für Marketing und Konsumentenforschung an der WU Wien.

Das Problem an dieser Erkenntnis: Einige Unternehmen spiegeln ihren Kunden aus Marketinggründen Upcycling lediglich vor und führen den Trend damit ad absurdum. Sie lassen zum Beispiel auf alt gemachte Möbel billig im Ausland produzieren und verkaufen sie dann teuer an Upcycling-Fans. „Man muss kritisch sein. Gerade im günstigen Preissegment ist vieles nur künstlich auf alt gemacht“, warnt Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Wer echte Upcycling-Produkte kaufen will, muss genau hinschauen, um keine billigen Imitate zu erwischen. Ein Indiz für die Echtheit ist ein hoher Preis: „Echtes Upcycling ist sehr aufwendig und teuer. In den niedrigeren Preisklassen bleibt eher Vintage gefragt, also etwas, das nur so aussieht, als wäre es aus altem Material“, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie.

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