Aus der Landflucht wird im digitalen Zeitalter die Stadtflucht. Hohe Lebenshaltungskosten und knapper Wohnraum haben schon seit längerer Zeit dafür gesorgt, dass immer mehr Menschen in den Speckgürtel ihrer Metropole ausgewichen sind. Die Corona-Krise verstärkt diesen Trend. Denn der Boom des Homeoffice sorgt auch beim Wohnort für neue Flexibilität. In New York City zeigt sich dieser Trend besonders extrem. Aber auch hierzulande denken dieser Tage viele Städter über einen Wegzug nach.
Stadtflucht in der Corona-Krise
Stepstone hat mal nachgerechnet , wo sich dieser Schritt lohnt und wo nicht. Denn – Stichwort „Speckgürtel“: Nicht immer ist das Umland günstiger als die Metropole. Die Jobplattform hat sich die zehn größten deutschen Städte angeschaut. Die Durchschnittsgehälter und Lebenshaltungskosten (Ausgaben für Wohnen, Essen, Transport und Freizeit) wurden mit den Daten der umgebenden Landkreise verglichen. „Es zeigt sich: Wer auf dem Land wohnt und arbeitet, verdient oft weniger als in der Großstadt. In der Regel bleibt am Ende des Monats jedoch trotzdem mehr Geld übrig, da die Lebenshaltungskosten erschwinglicher sind“, stellten die Experten fest.
Bei dem Vergleich wird also angenommen, dass Betroffene nach dem Umzug auch einen neuen Job in der Nähe des Wohnorts antreten. Wer allerdings im Homeoffice die alte Stelle behält, für den zahlt sich der Wechsel vermutlich deutlich mehr aus.
Von der Stadt aufs Land: Hier lohnt sich der Umzug finanziell besonders
Für Stuttgarter haben die Experten keine gute Nachricht. Den überdurchschnittlich hohen Gehältern stehen überdurchschnittlich hohe Mietpreise gegenüber. Im umliegenden Landkreis Böblingen sieht es allerdings demnach kaum besser aus. Ein Umzug würde nur knapp 100 Euro mehr in die Haushaltskasse spülen.
In keiner der zehn untersuchten größten Städte Deutschlands haben Menschen am Monatsende laut Stepstone so viel Geld übrig wie in Essen. „Das hohe Durchschnittsgehalt von 61.836 Euro und geringe Lebenshaltungskosten – allen voran die günstigen Mietpreise – sorgen dafür, dass die Essener Arbeitnehmer fast 1300 Euro im Monat zur Verfügung haben“, teilte die Jobplattform mit. „Günstiger lebt es sich auch im Umland nicht. Sowohl im Ennepe-Ruhr-Kreis als auch im Landkreis Mettmann sind die Lebenshaltungskosten nicht günstiger als in Essen.“
Allein aus finanziellen Gründen lohnt sich ein Wegzug aus Dortmund ins Umland dem Vergleich zufolge hingegen kaum. Das liegt am guten Verhältnis von Gehalt und Lebenshaltungskosten in der Stadt. Im Schnitt bleiben den Dortmundern demnach rund 950 Euro pro Monat. Nur etwas mehr wäre es im Landkreis Unna oder im Ennepe-Ruhr-Kreis.
Für Kölner kann sich der Umzug laut der Analyse schnell bezahlt machen. Mit rund 597 Euro zur freien Verfügung stehen sie ohnehin im Vergleich der Metropolen nicht schlecht da. 234 Euro mehr können es aber den Angaben zufolge im Rhein-Kreis Neuss sein.
Auch in München sollte lieber sorgfältig gerechnet werden. Denn der Umzug lohnt sich nicht automatisch, warnen die Experten: „Viel schlechter sieht das Verhältnis von Gehalt und Lebenshaltungskosten im nahegelegenen Landkreis München aus – hier bleibt den Arbeitnehmern bei durchschnittlich 61.163 Euro im Jahr und Lebenshaltungskosten von über 3000 Euro im Monat am Ende rein rechnerisch fast nichts mehr übrig.“ Im Landkreis Freising seien es hingegen immerhin 490 Euro.
Im Falle von Leipzig gewinnt hingegen die Stadt gegen das Land. Den Leipzigern bleiben laut Stepstone im Schnitt 760 Euro monatlich zur freien Verfügung. Da würde man sich bei einem Jobwechsel und Umzug ins Umland oft verschlechtern: „Sowohl im Landkreis Nordsachsen als auch im Burgendlandkreis ist das Gehalt deutlich geringer und die Lebenshaltungskosten sind sogar höher. Ein Umzug in angrenzende ländliche Gebiete lohnt sich aus finanzieller Hinsicht daher nicht.“
Niedrige Gehälter, hohe Lebenshaltungskosten und ein brutaler Wohnungsmarkt treiben immer mehr Menschen aus Berlin heraus. Im Schnitt bleiben vom Gehalt den Angaben zufolge nur rund 250 Euro pro Monat übrig. Rund 610 Euro könnten es mit einem Umzug in den Landkreis Oder-Spree sein.
In Frankfurt am Main haben Einwohner im Durchschnitt sehr viel mehr Geld übrig als in Hamburg. „Trotz der sehr hohen Mieten bleiben den Arbeitnehmern in der Bankenstadt immerhin rund 700 Euro monatlich zur Verfügung“, rechnete Stepstone aus. Es gehe aber noch besser, zum Beispiel im Main-Kinzig-Kreis. „Hier verdienen die Menschen zwar jährlich über 10.000 Euro weniger – dafür bleibt ihnen monatlich durchschnittlich fast ein Drittel mehr vom Gehalt übrig als den Frankfurtern.“
Hamburg hat mit die höchsten Mietpreise in Deutschland. Die Folge: „Mit einem Gehalt von 59.111 Euro brutto im Jahr und Lebenshaltungskosten von rund 2614 Euro monatlich bleiben den Hamburgern monatlich nur 341 Euro zur freien Verfügung“, stellten die Experten von Stepstone fest. Ihnen zufolge lohnt sich deshalb ein Umzug in den Landkreis Stade. Zwar sei das Durchschnittsgehalt rund zehn Prozent niedriger als in der Hansestadt. „Dafür bleiben den Arbeitnehmern monatlich trotzdem rund 243 Euro mehr als den Hamburgern“, ergab die Vergleichsrechnung. Stade ist allerdings nicht gleich Stade. Der Landkreis grenzt im Südwesten an Hamburg, kurz hinter der Stadtgrenze befindet sich das Werksgelände von Airbus. In diesem Grenzbereich dürften die Stader Mieten deutlich über dem Landkreis-Durchschnitt liegen.