Alte Heizung, marode Fenster, schlecht gedämmte Wände? Wer ein Haus oder eine Wohnung neu kauft oder mietet, weiß nicht immer genau, was ihn erwartet. Der Energieausweis soll Käufern oder Mietern helfen, den Energieverbrauch von Immobilien besser einzuschätzen. Er ist seit Juli 2008 für alle Häuser und Wohnungen Pflicht , die vor dem Jahr 1966 gebaut wurden, für jüngere Gebäude gilt die Pflicht seit dem Jahr 2009. In beiden Fällen ist der Beleg für den Energieverbrauch der Häuser jeweils zehn Jahre lang gültig. Das bedeutet: In weniger als einem Monat laufen die ersten Energieausweise ab. Hunderttausende Immobilienbesitzer müssen sich dann um neue kümmern.
Ob ein neuer Ausweis bis zum Stichtag erforderlich ist, oder ob sich der Hausbesitzer mit dem Neuantrag noch etwas Zeit lassen kann, hängt davon ab, was er mit dem Gebäude vor hat. „Keinen Energieausweis brauchen Eigenheimbesitzer, für deren Haus die Baugenehmigung vor dem 1. Oktober 2007 erteilt wurde, und die ihr Haus selbst bewohnen“, sagt Stefan Materne, Energie-Experte des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Baut jemand neu, saniert ein Haus umfassend, will es verkaufen oder vermieten, dann kommt er um einen gültigen Energieausweis nicht herum. Denn Eigentümer sind gesetzlich verpflichtet, Energiekennwerte aus dem Energieausweis in der Wohnungsannonce anzugeben. Dazu zählen beispielsweise der Energiekennwert, der Brennstoff der Heizung – also etwa Gas oder Öl, das Baujahr des Gebäudes, die Energieeffizienzklasse sowie die Art des Energieausweises. Spätestens nach Vertragsschluss muss der Eigentümer den Ausweis dann unverzüglich an den Käufer oder Mieter übergeben. So sieht es die Energiesparverordnung (EnEV) vor. Andernfalls riskiert der Eigentümer ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro.
Energieausweise gibt es in zwei Varianten
Wer nun einen neuen Energieausweis beantragen möchte oder muss, hat die Wahl zwischen zwei Varianten: dem Verbrauchs- und dem Bedarfsausweis. „Der Verbrauchsausweis nennt den Energieverbrauch auf Basis der vergangenen 36 Monate, bereinigt um Wettereinflüsse“, sagt Peter Pfeffer, Vorstand des Magdeburger Finanzdienstleisters MCM Investor Management. Das Ergebnis ist somit stark vom Verhalten der Bewohner abhängig. Experten, etwa der deutschen Energieagentur (dena), empfehlen Eigentümern deshalb den Bedarfsausweis. Dabei berechnen Energie-Spezialisten anhand einer technischen Analyse aller Gebäudedaten den Energiebedarf und dokumentieren den „energetischen Zustand“ der Immobilie – unabhängig vom Nutzerverhalten. Diese Analyse können beispielsweise Ingenieure vornehmen, aber auch Energieberater oder Architekten. Sie beurteilen unter anderem die Qualität der Gebäudehülle wie Fenster, Decken und Außenwände, sowie die Heizung, und mit welchem Brennstoff sie läuft.
Für welche Variante sich Hausbesitzer entscheiden sollten, ist am Ende von der jeweiligen Immobilie abhängig – und nicht zuletzt von den persönlichen Wünschen des Eigentümers, sagt MCM-Vorstand Pfeffer. Der Verbrauchsausweis ist in der Regel günstiger und empfiehlt sich vor allem dann, wenn Eigentümer das Dokument lediglich benötigen, um ihrer Informationspflicht gegenüber Mietern oder Käufern nachzukommen. Der Bedarfsausweis dagegen eignet sich für Immobilienbesitzer, die sich wirklich genau über die energetischen Schwachstellen ihres Gebäudes informieren möchten und eine Sanierung planen.
Rund 20 Millionen Wohngebäude stehen in Deutschland, mehr als 80 Prozent davon wurden vor dem Jahr 1995 gebaut. Damals fristete das Thema Energiesparen beim Hausbau noch ein Nischendasein. Das änderte sich erst einige Jahre später. Dennoch entscheidet sich hierzulande jedes Jahr weniger als ein Prozent aller Eigentümer für eine Sanierung ihrer Immobilie, schätzt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in einer Studie. Dabei tun Hausbesitzer mit einer energetischen Sanierung in vielen Fällen nicht nur der Umwelt etwas Gutes, sondern auch dem eigenen Geldbeutel: Experten gehen davon aus, dass Hausbesitzer mit Investitionen an Dach und Fassade, Fenster und Heizungsanlage, ihre Energiekosten um bis zu 90 Prozent reduzieren können.