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Versicherungen Wie der Klimawandel die Versicherungsbranche verändert

Hotel Cafe Lang verlassen und stark beschädigt durch das Hochwasser
Die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal hinterließ verheerende Schäden. Auf den Klimawandel müssen sich Versicherte und Versicherungen einstellen
© IMAGO / Maximilian Koch
Naturkatastrophen sind Grund für Schäden in Milliardenhöhe, Jahr für Jahr. Geschuldet ist vieles davon der Klimakrise. Die Assekuranzen müssen ihr Geschäft klimaresilienter gestalten

Die Klimakrise betrifft nicht nur jeden einzelnen Menschen, sondern auch sämtliche Wirtschaftssektoren. Besonders deutlich bekommt die Versicherungsbranche den Klimawandel zu spüren: Der World Property an Casualty Insurance Report der Beratungsunternehmen Capgemini und Qorus, ehemals Efma, zeigt, dass Naturkatastrophen in den letzten 30 Jahren zu einem 3,6-fachen Anstieg der versicherten Schäden und einer Verdopplung der nicht versicherten Schäden geführt haben. Rund 40 Prozent der in der Studie befragten Versicherer sehen die Herausforderungen durch den Klimawandel als höchste Priorität an.

Doch wie wird der Klimawandel das Geschäft der Assekuranzen in Zukunft in der Praxis prägen? Und welche Veränderungen müssen Verbraucher in ihren Policen vornehmen?

Während sich Privatpersonen um ihren persönlichen Versicherungsschutz Gedanken machen, muss die Assekuranz strukturelle Veränderungen vornehmen. „Mit Erfolg nachhaltig werden jene Versicherer sein, die über eine starke Governance verfügen, belastbare Erkenntnisse aus Daten gewinnen und sich auf die Prävention von Risiken konzentrieren“, sagt Martin Fenyoe, Head of Sales bei Capgemini Österreich. „Zusätzlich müssen sie ihre Resilienz steigern, indem sie auch im Underwriting und bei Investionen auf Nachhaltigkeit setzen“, ergänzt er.

Versicherer müssen sich klimaresilient aufstellen

Der Report von Capgemini und Qorus schließt mit drei Handlungsempfehlungen für die Versicherer. Zum einen raten die Studienautoren dazu, Klimaresilienz in die Nachhaltigkeitsstrategie der Assekuranzen zu integrieren und dem Management klare Aufgaben zuzuweisen. Das Thema Resilienz sollte sich laut Studie in der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens wiederfinden, um so langfristig in die Strategie überzugehen. Außerdem sei es entscheidend, die Technologiestrategie neu zu definieren – dazu gehöre neben den eigentlichen Produkten auch das Kundenerlebnis.

Versicherer, die laut Capgemini und Qorus schon heute als Top-Performer in Sachen Klimaresilienz angesehen werden, weisen ganz bestimmte Charakteristika auf. Insgesamt 82 Prozent der Unternehmen aus dieser Gruppe hätten bereits einen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder eine gleichwertige Position – im Branchendurchschnitt sei das hingegen nur bei 52 Prozent der Unternehmen der Fall. 77 Prozent der Top-Performer haben Daten zu Klimarisiken in ihre Produkte und Services integriert, im Branchendurchschnitt sei das bei lediglich 29 Prozent der Fall. Außerdem setzen 53 Prozent gegenüber 27 Prozent im Branchendurchschnitt auf Datenquellen wie Satellitendaten, Remote-Sensoren, Wetterstationen, Geodaten oder ESG-Modelle.

„Obschon die meisten Versicherer die Auswirkungen des Klimawandels bestätigen, muss mehr getan werden, was die Entwicklung konkreter Klimaresilienzstrategien angeht“, schlussfolgert John Berry, CEO von Qorus. Kunden würden zunehmend darauf achten, wie sich der Klimawandel auf ihr Leben auswirkt. „Daher ist es wichtig, dass auch die Versicherer ihr Commitment zeigen, indem sie ihre Produktpalette weiterentwickeln, um sowohl die elementare Rolle von Nachhaltigkeit für unsere Branche zu würdigen als auch im sich kontinuierlich verändernden Markt wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Berry.

Das können Versicherungsnehmer jetzt tun

Dass sich Assekuranzen angesichts der Klimakrise neu aufstellen, ist richtig und wichtig für ihren Fortbestand. Doch was bedeutet das konkret für die Policen von Verbraucherinnen und Verbrauchern? Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst nicht mehr nur theoretisch. So hat etwa die Hochwasserkatastrophe in vielen Teilen Deutschlands im Sommer 2021 gezeigt, was Veränderungen im Klima in der Realität bedeuten können. Bestimmte Berufsgruppen, wie etwa Landwirte, sehen sich bereits seit Jahren mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert.

Welche Police für den Einzelnen Sinn ergibt, kommt immer auf den Gesamtkontext an. Eine Elementarschadenversicherung ist für all jene angebracht, die in einer Gegend mit großem Gewässer wohnen oder realistisch davon ausgehen müssen, dass Naturereignisse wie Starkwind, Starkregen oder Hagel ihr Eigenheim beschädigen könnten. Die gleiche Police ist dagegen für Mieter in der Innenstadt eher weniger sinnvoll.

Damit die Verantwortung nicht allein bei den einzelnen Verbraucherinnen und Verbrauchern liegt, haben die G7 dem globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken ins Leben gerufen. Er bündelt Aktivitäten im Bereich der Klimarisikoabsicherung und -vorsorge. Dadurch sollen Hilfen einfacher und schneller für Menschen und Behörden zugänglich gemacht werden, die diese im Katastrophenfall dringend brauchen. Der Schutzschirm baut dabei auf der InsuResilience Global Partnership auf, die sich weltweit für ein umfassendes und aktives Management von Klimarisiken einsetzt. Dabei fördert sie die Zusammenarbeit von Staaten, dem Privatsektor, multilateralen Institutionen, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie Forschungsinstituten. Das soll vor allem auch Entwicklungs- und Schwellenländer schützen, die am häufigsten von heftigen Klimakatastrophen betroffen sind. Ein Allheilmittel gegen den Klimawandel ist jedoch selbst die beste Police nicht.  

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