Noch nie war das Konsumklima in Deutschland schlechter. Zu diesem Ergebnis kommt das Marktforschungsunternehmen GfK im September dieses Jahres. Energiekrise und hohe Inflationsraten machen das Leben teuer und schüren Zukunftsängste. Viele Verbraucher halten sich entsprechend zurück, geben weniger Geld für neue Anschaffungen aus oder bilden Rücklagen für unerwartet hohe Rechnungen. Dass sich die Situation gerade für Menschen mit kleinerem oder mittlerem Einkommen weiter verschärfen dürfte, befürchtet etwa der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV). „Wir rechnen damit, dass wegen der deutlichen Preissteigerung perspektivisch bis zu 60 Prozent der deutschen Haushalte ihre gesamten verfügbaren Einkünfte – oder mehr – monatlich für die reine Lebenshaltung werden einsetzen müssen“, sagte DSGV-Präsident Helmut Schleweis kürzlich gegenüber der „Welt am Sonntag“.
Mit den hohen Lebenshaltungskosten könnte auch die private Altersvorsorge zu einem Luxus werden, den sich viele nicht mehr leisten können. Denn die Beiträge schmälern mal mehr, mal weniger das Nettogehalt. Mit den Ersparnissen könnten hingegen Schulden abgebaut oder stattdessen in die Kinder oder eine Immobilie investiert werden. Daher kommt vielleicht die Frage auf: Lassen sich Riester-Rente oder betriebliche Altersvorsorge eigentlich kündigen?
Wer kündigt, verliert investiertes Geld
Grundsätzlich gilt: Ist der Vertrag einmal geschlossen, ist der Vertragsnehmer bis zu seinem Renteneintritt an diesen gebunden. Das bestätigt auch Johannes Roch, Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Mainzer Kanzlei Labisch: „Die Kündigungsmöglichkeit der betrieblichen Altersversorgung durch den Arbeitnehmer ist in der Regel nicht vorgesehen.“ Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Roch zeigt auf, wie es im Einzelfall gehen könnte: „Abgesehen von den vertraglichen und gesetzlichen Möglichkeiten wären einvernehmliche Regelungen mit dem jeweiligen Vertragspartner zur Beendigung der betrieblichen Altersversorgung denkbar.“ Doch zieht eine Kündigung entsprechende Folgen nach sich, die für den Vertragsnehmer finanziell schmerzhaft werden können. Denn neben seiner privaten Altersvorsorge verliert er in den meisten Fällen auch investiertes Geld.
Der Reihe nach: Wer mit betrieblicher Altersvorsorge oder einer Riester-Rente für das Alter vorsorgt, zahlt mit Vertragsabschluss bis zum Renteneintritt an die entsprechende Versicherung monatliche Beiträge in gewünschter Höhe. Anreize, privat vorzusorgen, werden von staatlicher Seite gesetzt: So wird die betriebliche Altersvorsorge jährlich mit bis zu 144 Euro und die Riester-Rente mit bis zu 175 Euro bezuschusst. Darüber hinaus erhalten Sparer bei der betrieblichen Altersvorsorge auch Zuschüsse vom Arbeitgeber. Denn diese sind seit Beginn des Jahres 2022 dazu verpflichtet, sich mit mindestens 15 Prozent des Entgeltumwandlungsbetrages an der betrieblichen Altersvorsorge ihrer Angestellten zu beteiligen. Darüber hinaus werden Sparer steuerlich entlastet, sofern sie die Ausgaben in ihrer Steuererklärung geltend machen.
Vertrag ruhen lassen?
Was in Beratungen oft zu kurz kommt: Es fallen eben auch Kosten an – sowohl für die Riester-Rente als auch für die betriebliche Altersvorsorge. So werden mit Vertragsabschluss etwa die Provision für den Versicherungsvertreter, über den der Vertrag abgeschlossen wird, die Verwaltungsgebühren für das Versicherungsunternehmen sowie Depotkosten fällig. Genau hier liegt der Haken: Wird nun der Vertrag über betriebliche Altersvorsorge oder Riester-Rente gekündigt, muss dieser rückabgewickelt werden. In der Praxis bedeutet das, dass der Versicherungsnehmer nicht nur sämtliche Zulagen zurückzuerstatten hat, sondern auch die gesamten eingesparten Steuern und Sozialabgaben. Sind zum Zeitpunkt der Kündigung Vertragsabschlusskosten offen, die in den ersten Jahren meist anteilig mit den monatlichen Sparraten abgezahlt werden, wird auch dieser Restbetrag fällig.
Wer diese Kosten scheut, dem bleibt etwa bei der Riester-Rente die Alternative, den Vorsorgevertrag ruhen zu lassen. In vielen Fällen sei diese Option jedoch nicht sinnvoll, sagt Martin Ziemann, Rentenberater in Stocksee, und erklärt auch, warum: In der beitragsfreien Zeit verzichtet der Versicherungsnehmer auf sämtliche Zulagen, muss aber dennoch die jährlich anfallenden Verwaltungskosten und Depotkosten weiterzahlen. Im Vergleich dazu könne sich im Einzelfall eine Kündigung eher rechnen, sagt der Rentenberater. Darüber hinaus gibt er zu bedenken: Aufgrund der Inflation werde die vereinbarte Versicherungssumme voraussichtlich einen erheblichen Kaufkraftverlust erleiden. Ziemanns Rat: Vorab mit der Versicherung klären, wann und wie viel garantiert ausgezahlt wird. Mit einem Rentenberater berechnen, wie viel nach Abzug aller Forderungen übrigbleibt. Anschließend den Auszahlungsbetrag sinnvoll und inflationsgeschützt investieren, beispielsweise in eine Immobilie, die ein sinnvoller Baustein in der Altersvorsorge sein kann.