Der Hype um Porsches Börsengang war riesig. In der Zeichnung rissen sich Anleger um die Porsche-Aktien - am Ende wurden sie zum Höchstpreis von 82,50 Euro ausgegeben. Wie verlief nun der Börsenstart?
CHRISTIAN W. RÖHL: Nicht so rasant, wie es der Hype im Vorhinein versprochen hat. Auf dem außerbörslichen Graumarkt lag die Aktie in den vergangenen Tagen bei 95 Euro. Gestartet ist sie nun bei 84 Euro. Das wird viele, die auf schnelle Spekulationsgewinne gehofft haben, enttäuschen. Es zeigt aber auch mal wieder: An der Börse wird man nicht schnell reich. Trotzdem hat es Porsche geschafft, über dem Emissionswert zu starten. Für Porsche ist es also durchaus ein erfolgreicher Start.
Und das trotz schwierigem Börsenumfeld. Anleger halten sich in letzter Zeit eher zurück, der DAX ist heute Morgen sogar gefallen. Wie konnte Porsche dem trotzen?
Die Marke Porsche hat einerseits große Strahlkraft und andererseits eine sehr stringente Strategie, vor allem was die Elektrifizierung angeht. Da gab es sicherlich einige Vorschusslorbeeren für. Außerdem gibt es viele Investoren, die bei einem so großen Börsengang gar nicht anders können als dabei zu sein. Viele haben sich in der Zeichnung auch eine attraktive Prämie versprochen. Porsche kommt auf einen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16,5. Das ist für eine Luxusmarke zwar wenig, für einen Autohersteller aber viel.
Porsche legte den größten Börsengang seit der Telekom vor über 25 Jahren hin. Damals wurde groß gefeiert. Haben heute die Korken geknallt?
Es wurden einige Porsche-Renner aufgebaut, das gehört einfach dazu. Früher waren die Auftritte allerdings weitaus größer. Vor 22 Jahren zum Beispiel, als der damalige CEO von Infineon, Ulrich Schumacher, mit einem Porsche an der Börse vorgefahren ist. Im Moment ist natürlich aber auch nicht die Zeit, wo man Champagner versprüht wie bei einem Formel-1-Rennen.
Wie bewerten Sie den Börsengang als Investor?
Ich habe auch ein paar Porsche-Aktien gezeichnet. Für den deutschen Kapitalmarkt ist es super, dass das Unternehmen wieder an der Börse ist und nicht nur in Hüllen wie Volkswagen oder der Porsche Automobil Holding verschwindet. Trotzdem sollte man das nicht überbewerten. Porsche bleibt operativ stark in der Volkswagen-Gruppe verankert. Außerdem handelt es sich jetzt nur um Vorzugsaktien, keine Stammaktien.
Lohnen sich Porsche-Aktien für Privatanleger?
Mit Porsche-Aktien wird man kein schnelles Geld machen können. Wer darauf spekuliert hat, dem rate, ich jetzt rauszugehen. Das hat ihm dann sicherlich ein schönes Mittagessen eingebracht. Generell traue ich Porsche zwar viel zu, aber man braucht einen langen Atem und sollte sich gut über das Unternehmen informieren.
Porsche-Chef Oliver Blume hoffte im Vorfeld, dass die VW-Tochter dem ganzen Markt Auftrieb verleihen werde. Er sprach von einem „Eisbrecher“. Halten Sie das für möglich?
Das ist unwahrscheinlich. Dafür ist Porsche gesamtwirtschaftlich nicht wichtig genug. Ich glaube auch nicht, dass eine einzelne Neuemission zu vielen steigenden Kursen führen kann. Vor allem, wenn sie wie im Fall von Porsche ausschließlich aus Altaktionären besteht, der Volkswagen AG. Außerdem muss sich die Aktie gegen einige Governance-Mängel durchsetzen: Die komplexen Strukturen des Unternehmens und Oliver Blume als Doppel-CEO von Porsche und Volkswagen.
Zu den hausgemachten Herausforderungen kommt, dass Deutschland in eine Rezession schlittert. Wird Porsche den guten Kurs trotz Schwierigkeiten halten können?
Man kann noch nicht sagen, wie sich der Markt für die Porsche AG entwickelt. Gerade jetzt, wo wir uns am Markt in einer Art Nebelwand befinden, müssen wir auf Sicht fahren. Heute konnte Porsche den Emissionspreis gegen alle verteidigen, die schnell raus wollten, denn mit dem schnellen Reichwerden hat es nicht geklappt. Aber jetzt muss sich ein Gleichgewicht finden. Da wird die schwierige Phase für die Autoindustrie schon mit reinspielen. Aber man darf auch nicht vergessen: Porsche ist sowohl Autobauer als auch Luxusmarke. Jemand, der sich für 100.000 Euro einen Porsche kaufen will, ist von der Inflation ohnehin weniger betroffen.

Wie auf einer Perlenschnur reihten sich verschiedene Modelle der Sport-Ikone vor der Frankfurter Börse auf. Insgesamt umfasst die Porsche AG 911 Millionen Aktien – in Anlehnung an das legendäre Sportwagenmodell 911. Der Familienclan Porsche-Piëch erstand die vollen 25 Prozent der angebotenen stimmberechtigten Stammaktien plus eine – und hält damit eine Sperrminorität.

Die Bronzeskulptur des Bullen symbolisiert den Börsenaufschwung. Vorstandschef Oliver Blume und sein Stellvertreter und Finanzschef Lutz Meschke beschwören ein erfolgreiches Porsche-Debüt trotz trübem Umfeld. Ein Teil der 911 Millionen Porsche-Aktien ist nun an der Börse öffentlich handelbar. Dem negativen Markttrend kann die Ikone sich aber nicht entziehen – ein Höhenflug bleibt aus. Am Markt platziert wurde die Aktie mit 82,50 Euro. Der Erstkurs lag mit 84 Euro 1,8 Prozent darüber. Nach einem rasanten Start gab der Kurs dann aber wieder nach.

Zur Feier des historischen Börsendebüts rollten einige selten zu sehende Porsche-Rennwagen in Frankfurt an. Der Sportwagenbauer bot ein spektakuläres Line-up seiner Modelle. Gespräche mit dem Rennstall Red Bull über eine mögliche Zusammenarbeit bei der Formel 1 wurden vor kurzem abgebrochen.

Der traditionelle Auftritt an der Börsenglocke: Oliver Blume und Finanzchef Lutz Meschke läuten erleichtert den Handel ein. Der Börsengang ist die größte Erstemission in Deutschland seit der Telekom im Jahr 1996 – und er verlief ordentlich. Knapp 9,4 Mrd. Euro wurden eingesammelt. Der Löwenanteil der Aktien ging an große Investoren. Im Vorfeld hatten sich vier Ankerinvestoren, darunter VW-Großaktionär Katar, knapp 40 Prozent gesichert. Privatanleger erhielten wegen der Überzeichnung des Angebots lediglich 7,7 Prozent des Platzierungsvolumens.

Im Handelssaal wird der mit Spannung erwartete erste Preis der Aktie angesagt. Die Porsche AG erreichte auf Basis des ersten Preises eine Marktkapitalisierung von rund 76,5 Mrd. Euro. Damit waren die Stuttgarter zum Start an der Börse wertvoller als Mercedes-Benz mit rund 58 Mrd. Euro und BMW mit 47 Mrd. Euro. Die Konzernmutter Volkswagen lag am Donnerstag mit 86 Mrd. Euro noch darüber.

Die Führungsebenen von Porsche und VW darf auf einen Geldregen aus Aktienboni hoffen. Von links nach rechts Michael Steiner (Vorstand für Forschung und Entwicklung), Barbara Frenkel (Vorständin Beschaffung), Detlev von Platen (Vorstand Vertrieb und Marketing), Albrecht Reimold (Vorstand Produktion und Logistik), Lutz Meschke (Vizevorstandschef und Vorstand Finanzen und IT), Andreas Haffner (Vorstand für Personal- und Sozialwesen) sowie der zweifache Vorstandschef von VW und Porsche, Oliver Blume, vor dem Gebäude der Börse.

Schon im März 2000 fuhr ein Porsche zu einem Börsengang vor. Mit einem Rennporsche kam der damalige Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies, Ulrich Schumacher, zum Börsendebüt zur Frankfurter Börse. Nach Höhen und Tiefen ist die Aktie heute etwa halb so viel wert wie zum Start vor 22 Jahren.
Das erinnert an Ferrari. Der Sportwagenhersteller ging bereits 2015 an die Börse und konnte seinen Wert seitdem vervierfachen.
Porsche bringt alles mit, um eine ähnliche Börsenkarriere hinzulegen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass die gesamtwirtschaftliche Lage damals besser war. Außerdem war auch Ferrari die erste Zeit an der Börse nicht der Superrenner. Auch diese Erfolgsstory wurde erst über die Zeit aufgebaut und zwar durch eine fundamentale Basis, sprich das operative Geschäft. Wenn Porsche in diese Fußstapfen treten möchte, müsste also auch das operative Geschäft so laufen. Dazu müsste Porsche endlich seine Governance-Strukturen an das Volumen der Kapitalisierung anpassen. Unternehmenswerte werden über Jahre hinweg und nicht innerhalb weniger Tage an der Börse geschaffen.
Dieser Beitrag ist zuerst auf ntv.de erschienen.