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Gastbeitrag Warum der Krypto-Hype gerade erst beginnt

Symbolbild für Bitcoin, Ethereum und Ripple: Die Zahl der Kryptowährungen steigt stetig
Symbolbild für Bitcoin, Ethereum und Ripple: Die Zahl der Kryptowährungen steigt stetig
© Pixabay.com
Rund 70 Prozent hat der Kryptomarkt seit seinem Hoch Anfang Januar an Wert verloren. 500 Milliarden US-Dollar - weg! Ist Bitcoin & Co. am Ende? Mitnichten, meinen unsere Gastautoren

Der Hype zum Jahreswechsel hat das Krypto-Ökosystem überfordert: absurde Handelsvolumina haben die Krypto-Börsen an ihre Belastungsgrenzen gebracht, Support-Anfragen stauten sich auf, Hardware-Hersteller konnten die enorme Nachfrage nicht mehr stillen, das Bitcoin-Netzwerk war so verstopft von Transaktionen, dass die Gebühren in die Höhe schossen.

Gleichzeitig breitete sich eine gefährliche Goldgräberstimmung am Markt aus. Millionen von unwissenden Anlegern gierten plötzlich nach ihrem Stück vom Kuchen. Sie investierten mit vollkommen überzogenen Erwartungen in zum Teil dubiose bis betrügerische ICOs und hofften dabei nicht mehr auf Prozentzuwächse, sondern gleich auf Vervielfachungen ihres eingesetzten Kapitals. Die immer neuen Kursrekorde entfachten zudem enorme mediale Aufmerksamkeit. Der Bitcoin-Kurs zierte Titelseiten, Prominente traten als Sponsoren von zum Teil zwielichtigen ICOs auf, Rapper rühmten sich damit, im Schlaf mit Kryptowährungen Geld zu verdienen. Dass so eine völlig entfesselte Partystimmung einen üblen Kater nach sich ziehen würde, war absehbar – und gesund.

Marktbereinigung und Professionalisierung dringend notwendig

Die heftige Kurskorrektur der letzten Wochen leitet eine von außen betrachtet langweiligere Phase am Krypto-Markt ein, die jedoch enorm wichtig für das weitere Gedeihen des Ökosystems ist. Dienstleister wie etwa Börsen können nun endlich ihre Infrastruktur ausbauen , ihre Sicherheitsarchitektur anpassen und sich so für den nächsten Ansturm rüsten. Die unzähligen ICOs, die im letzten Jahr Geld eingesammelt haben, können und müssen nun endlich aus dem ihnen anvertrauten Kapital sichtbare Ergebnisse produzieren. Gleichzeitig setzt mit der Kurskorrektur und der abflauenden Euphorie auch eine Marktbereinigung ein. Luftbuden, die außer griffigem Marketing keine technologische Substanz haben, werden in dieser Phase aus dem Markt gespült.

Kein Ende in Sicht

Eine professionalisierte Infrastruktur, erste greifbare Anwendungen und ein Aussieben unseriöser Akteure – all dies sind Grundlagen dafür, dass Kryptowährungen mittelfristig ihren Weg in die Mitte von Gesellschaft und Wirtschaft finden. Denn abseits vom kurzzeitigen Hype schreitet die Entwicklung des Krypto-Ökosystems dieser Tage schnell voran, wie ein Blick auf die Old Economy zeigt.

Kaum ein DAX-Konzern, der nicht in seinem Innovation Lab erforscht, wie genau sich die Blockchain-Technologie für die eigenen Unternehmenszwecke nutzen lässt. Pilotprojekt um Pilotprojekt entsteht in den industriellen Herzkammern der Republik. Die Verzahnung von alter Industrie und Krypto-Startups hat längst Fahrt aufgenommen. Insbesondere in Verbindung mit dem Internet of Things, das für die deutsche Industrie von besonderer Bedeutung ist, bietet die Blockchain-Technologie eine Fülle von Möglichkeiten, um Wertschöpfungsketten zu optimieren. Der Bankensektor befasst sich längst intensiv mit Kryptowährungen und nutzt beispielsweise vermehrt die Kryptowährung Ripple, um interne Zahlungsströme effizienter abzuwickeln.

Auch der politische Betrieb hat Fährte aufgenommen. Allein der Fakt, dass es der Terminus Blockchain in den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD geschafft hat, ist ein Indikator dafür, dass die umwälzenden Potentiale von Blockchain-Technologie und Kryptowährungen auf höchster politischer Ebene angekommen sind. Mit dem Blockchain-Bundesverband ist gleichzeitig ein ernstzunehmender Ansprechpartner entstanden, der die Interessen des hiesigen Krypto-Ökosystems politisch vertritt und sich für eine sinnvolle Regulierung einsetzt.

Außerhalb von Deutschland verfolgen Länder wie Dubai oder Estland längst ambitionierte Blockchain-Projekte, die beispielhaft für die Zukunft der öffentlichen Verwaltung sein können. Auch der akademische Betrieb steht nicht still und schafft Lehrstühle, die die Erforschung der Blockchain-Technologie vorantreiben sollen. Diese Beispiele ließen sich beliebig fortführen und zeigen: Im Schatten der medialen Aufmerksamkeitsökonomie entsteht längst ein tragfähiges Krypto-Ökosystem.

Das Krypto-Ökosystem steckt noch in seinen Kinderschuhen

Niemand kann seriös absehen, ob der Krypto-Markt in den nächsten Monaten weitere Rücksetzer verkraften muss oder ob er bereits seinen Tiefpunkt erreicht hat. Für die langfristige Adaption von Kryptowährungen ist dies jedoch unerheblich. Viel wichtiger ist hingegen, dass die gegenwärtige Korrektur dabei hilft, unseriöse oder erfolglose Projekte aus dem Markt zu treiben und so die Spreu vom Weizen zu trennen. Diese Phase der Professionalisierung mag einige Zeit dauern, doch es gilt zu bedenken, dass sich das Krypto-Ökosystem in einem ähnlichen Entwicklungsstadium wie das Internet Anfang der 1990er Jahre befindet. Damals war die E-Mail die erste Applikation, die die abstrakte Idee Internet für eine Masse von Menschen greifbar gemacht hat. Selbiges gilt heute für Bitcoin als erste verständliche Anwendung des Krypto-Zeitalters.

Insgesamt gibt es aktuell rund 1.500 Kryptowährungen. Klar ist: Das Gros dieser Projekte wird scheitern. Es wird noch einige Zeit dauern, bis aus den unzähligen vielversprechenden Projekten einige wenige Anwendungen entstehen, die massentauglich sind. Welche der Kryptowährungen sich dabei durchsetzen werden, ist kaum vorhersehbar. Dass Kryptowährungen jedoch mittelfristig in die Mitte von Gesellschaft und Wirtschaft rücken werden, daran besteht kein Zweifel.

Mark Preuß ist Gründer und Geschäftsführer von BTC-ECHO, einer Medienplattform mit Fokus auf die Bereiche Bitcoin, Blockchain und Kryptowährungen. Sven Wagenknecht ist Chefredakteur von BTC-ECHO.

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