Die jüngste Kurskorrektur des US-Dollar gepaart mit den Bemühungen Pekings und anderer Länder, ihre Abhängigkeit vom Dollar zu verringern, haben zur Wiederbelebung von Spekulationen beigetragen, dass die Dominanz des Dollars über den internationalen Handel und der Finanzwelt ihrem Ende entgegengehen könnte. Zuletzt hat Frankreichs Präsident Macron bei seinem Staatsbesuch in China eine Abkehr vom Dollar ins Spiel gebracht.
Hinzu kommen weitere Möglichkeiten, die zur „Ent-Dollarisierung“ beitragen könnten, sagt Ricardo Evangelista, Senior Analyst bei Activtrades: „Die Einführung sogenannter digitaler Zentralbankwährungen, wie sie von diversen Notenbanken in Erwägung gezogen werden, könnten den Status des Dollar als bedeutendste Leit- und Reservewährung der Welt ebenfalls untergraben.“
Die Fakten sprechen allerdings noch für den Dollar, auch wenn der Greenback etwas an internationaler Bedeutung verloren hat. Er ist nach wie vor die beliebteste Währung im internationalen Zahlungsverkehr und bei den weltweiten Zentralbankreserven, was seinen Status als unbestrittene internationale Reservewährung widerspiegelt.
„Im vierten Quartal des vergangenen Jahres entfielen rund 58 Prozent der Devisenreserven der Zentralbanken auf den Dollar, während es Ende der 1990er-Jahre, als der Euro eingeführt wurde, noch rund 70 Prozent waren“, sagt Dennis Austinat, Deutschland-Chef der internationalen Multi-Asset-Plattform Trive. „Die Beliebtheit des Dollars als Währung zur Abwicklung internationaler Transaktionen hat sich in den letzten Jahren nur wenig verändert, auch wenn sie in den vergangenen Jahren seit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation etwas nachgelassen hat“, so Austinat.
Nach den jüngsten Daten der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT), die von Banken auf der ganzen Welt für den internationalen Zahlungsverkehr genutzt wird, wurde der US-Dollar für die Abwicklung von etwas mehr als 40 Prozent des internationalen Handels verwendet und lag damit knapp vor dem Euro als Zahlungsmittel.
China als Herausforderer
Mit der zunehmenden wirtschaftlichen Stärke Chinas wird darüber spekuliert, ob der chinesische Yuan den Dollar als Weltleitwährung ablösen könnte. Allerdings hat die chinesische Währung kaum Fortschritte bei der Verbreitung im internationalen Handel gemacht. Ihre Verwendung in den Währungsreserven hat auch nur leicht zugenommen, seit sie Ende 2016 von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in den Korb der Sonderziehungsrechte aufgenommen wurde.
Die von der chinesischen Regierung kontrollierte Zentralbank hat den Yuan fest im Griff, obwohl die Währung an Offshore-Hubs gehandelt wird. Denn sie kann nicht ohne Weiteres in andere Fremdwährungen umgetauscht werden. „Dies sind nach wie vor weit verbreitete Hindernisse für seinen Einsatz im internationalen Handel“, sagt Norbert Betz, Leiter der Handelsüberwachung der Börse München/Gettex.
Korrektur beim Dollar spricht nicht für Ablösung
Die Zahlen aus dem internationalen Zahlungsverkehr bestätigen, dass der US-Dollar nach wie vor die unangefochtene Leitwährung ist. „Abgesehen vom Euro, der seit seiner Einführung die zweite Geige spielt, gibt es keine andere Währung, die dem Dollar in Bezug auf Liquidität, leichte Konvertierbarkeit und Investorenvertrauen das Wasser reichen kann“, sagt Betz.
Um den Dollar abzulösen, bedarf es also mehr als das, was China aktuell bietet. Eine freie Wirtschaft mit einem funktionierenden Anleihemarkt mit entsprechender Regulierung plus einfachem Zugang für ausländische Investoren, sind die Minimalvoraussetzungen für eine weltweit akzeptierte Währung. Derzeit korrigiert der Dollar, hat aber 2022 kräftig aufgewertet und zeigt, dass der Greenback noch lange nicht am Ende ist.