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Aktien Warum Anleger bei Firmen auf das China-Geschäft schauen sollten

BMW-Produktion in China: Die deutschen Autobauer sind abhängig vom chinesischen Markt
BMW-Produktion in China: Die deutschen Autobauer sind abhängig vom chinesischen Markt
© IMAGO / Xinhua
Hält sich ein Unternehmen an ausländische Sanktionen, kann es in China künftig hart bestraft werden. Das neue Anti-Sanktionsgesetz könnte Geschäfte mit der Volksrepublik nahezu unmöglich machen – ein Risiko, das Anleger einkalkulieren sollten

Adidas, Nike und H&M – sie alle stoppten im vergangenen Jahr den Einkauf von Baumwolle aus der chinesischen Provinz Xinjiang. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch hatten angeprangert, dass Angehörige der unterdrückten Minderheit der Uiguren dort zu Zwangsarbeit herangezogen werden. Pekings Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Die Modekonzerne sahen sich einem tagelangen, wohl vom chinesischen Staatsapparat verordneten Sturm der Entrüstung gegenüber. Aus heutiger Sicht war das allerdings noch gar nichts. Denn jetzt könnten sich Unternehmen mit einer Entscheidung wie jener gegen Baumwolle aus Zwangsarbeit sogar strafbar machen.

Das neue Anti-Sanktionsgesetz, das die Volksrepublik diese Woche ohne große Vorankündigung erlassen hat, macht es möglich. Es umfasst 16 Artikel, von denen es insbesondere einer in sich hat. In Artikel zwölf heißt es: Einzelpersonen, Familien und Unternehmen müssen mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn sie Sanktionen, die sich gegen China oder seine Organisationen richten, umsetzen. Schlimmstenfalls droht ein Prozess vor einem der nationalen Volksgerichte.

„Es lässt sich zwar noch nicht abschätzen, wie stark ausländische Unternehmen tatsächlich von dem neuen Gesetz betroffen sind“, sagt Ferdinand Schaff, Referent in der Abteilung Internationale Märkte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Klar ist jedoch: Wendet die Volksrepublik Artikel zwölf tatsächlich an, dürfte das gravierende Folgen haben – für die internationalen Geschäftsbeziehungen, für ausländische Unternehmen und auch für deren Investoren. „Die chinesische Regierung baut pauschal neue politische und regulatorische Risiken für jene Unternehmen auf, die stark mit dem chinesischen Markt verwoben sind“, sagt Schaff.

Unternehmen könnten zwischen die Fronten geraten

Betroffen seien vor allem der Technologiesektor darunter die deutschen Automobilhersteller wie BMW, Audi und Daimler sowie die Textil- und Modebranche, sagt Schaff. Nach Ansicht des Chinaexperten besteht die größte Gefahr des neuen Gesetzes in einer möglichen Selbstzensur dieser Unternehmen. „Noch ist Chinas Verhalten eher eine Drohgebärde“, erklärt er. „Ob das Gesetz im Einzelfall wirklich angewandt wird, ist noch nicht abzusehen.“

Firmen, die sowohl auf dem chinesischen als auch auf dem US-amerikanischen Markt agieren, drohen mit dem Anti-Sanktionsgesetz zwischen alle Fronten zu geraten. Halten sie sich nicht an Chinas neue Regeln, droht ihnen dort der Prozess. Setzen sie Sanktionen des Westens nicht um, müssen sie wiederum mit empfindlichen Strafen in den USA rechnen. Viele Unternehmen warteten erst einmal ab, ob sich ein Konkurrent den neuen Regeln widersetze und was dann passiere, glaubt Schaff. Nur so lasse sich abschätzen, wie ernst die Chinesische Volkspartei es wirklich meint.

Macht Peking Ernst, könnten westliche Unternehmen dazu gezwungen sein, sich aus dem chinesischen Markt zurückzuziehen. „Geopolitische Spannungen zwingen uns, unsere Strategien hier zu überdenken“, bestätigt Charlotte Roule, Vorstandsmitglied der Europäischen Handelskammer. Diese Entwicklung steht in krassem Widerspruch zum derzeitigen Investitionsklima. Bis dato wollen insbesondere europäische Firmen ihre Geschäftstätigkeit im Wachstumsmarkt China eher noch ausbauen. Wie eine Umfrage der Europäischen Handelskammer von Anfang Juni zeigt, planen fast 59 Prozent der befragten Unternehmen weitere Investitionen in der Volksrepublik.

Malus für Unternehmen mit starkem China-Geschäft

Anleger sollten das Risiko, dass Unternehmen ihr Fernost-Geschäft einschränken oder gar komplett aufgeben müssen, bei ihren Investmententscheidung im Hinterkopf behalten. „Womöglich ist künftig ein China-Malus bei Unternehmen mit starkem China-Geschäft einzupreisen“, sagt Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege beim Fondsanbieter Flossbach von Storch. Statt nur auf die üblichen Kennzahlen zu achten, tun Investoren bald vermutlich gut daran, auch nachzuschauen, wie hoch der Anteil des China-Geschäfts am Umsatz eines Unternehmens ist und auf welchen Märkten die größten Wachstumshoffnungen der Geschäftsführung ruhen. Vor allem Anleger, die bereits einen größeren Anteil chinesischer Aktien im Depot haben, sollten sich nicht noch stärker von Pekings Politik abhängig machen.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber doch: Es ist nicht das erste Mal, dass China Drohgebärden in Richtung ausländischer Unternehmen vollführt. Vor zwei Jahren erließ die chinesische Regierung eine Art schwarze Liste, wonach das Land Maßnahmen gegen – so der Wortlaut – „unzuverlässige Unternehmen“ ergreifen wolle, die gegen chinesische Marktregeln verstoßen. Bislang gab es jedoch keine echten Konsequenzen für europäische Firmen.

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