Voll ins Berufsleben zu starten, ist für viele ein Meilenstein. Gleichzeitig endet damit der Schutz vieler Familienversicherungen, denn sie sind häufig an Gehalts- oder Altersgrenzen gebunden. Berufsanfängerinnen und -anfänger sollten sich deshalb frühzeitig um die richtige Vorsorge kümmern. Doch nicht alle Policen brauchen sie wirklich.
Die gute Nachricht zuerst: In der wichtigsten aller Versicherungen landen Jobeinsteiger automatisch. In Deutschland besteht nämlich Krankenversicherungspflicht. Wer eine neue annimmt, wird automatisch über den Arbeitgeber versichert. „Gleichwohl ist es auch als Angestellte beziehungsweise Angestellter wichtig, sich um die eigene Versicherung zu kümmern, denn die gesetzlichen Kassen sind frei wählbar, und es gibt Beitrags- und Leistungsunterschiede“, erklärt Philipp Rehberg, Referent Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Haben Arbeitnehmer keine eigene Krankenkasse gewählt, versichern sie Arbeitgeber automatisch bei der letzten gesetzlichen Krankenkasse – also da wo sie familienversichert waren.
Ratsam: Private Haftpflicht und Berufsunfähigkeit
Nicht verpflichtend, aber laut Experten unverzichtbar ist eine private Haftpflichtversicherung. Denn wer anderen Personen einen Schaden zufügt, haftet mit seinem Privatvermögen in voller Höhe – ein existenzbedrohendes Risiko. Dabei sind selbst fahrlässige Handlungen mitversichert. Nur Schäden, die vorsätzlich verursacht werden, sind von der Haftpflicht ausgenommen. Hundebesitzer sollten zusätzlich eine Hundehalterhaftpflicht abschließen. Sie deckt durch den eigenen Hund verursache Schäden ab. In einigen Bundesländern ist diese Versicherung verpflichtend.
Ebenfalls sehr zu empfehlen ist aus Sicht des Verbraucherschützers eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese Versicherung zahlt eine monatliche Rente, sollte man aufgrund einer Erkrankung weniger oder überhaupt nicht mehr arbeiten können. In diesen Fällen greift zwar auch die gesetzliche Erwerbsminderungsrente – allerdings ist die Rente oftmals gering und die Auflagen sind hoch. Außerdem haben Angestellte in den ersten fünf Berufsjahren noch keinen Anspruch auf die gesetzliche Rente.
Möglichst früh versichern
Warum sich der Abschluss besonders in jungen Jahren lohnt: Je jünger und gesünder man ist, desto günstiger sind die Beiträge. Ein 25-Jähriger ohne Vorerkrankungen, der ausschließlich im Büro arbeitet, zahlt laut einem Vergleichsportal etwa 30 Euro pro Monat, während es bei einem gesunden 45-Jährigen schon 40 Euro sind – vorausgesetzt es sind keine Vorerkrankungen entstanden, die die Beiträge weiter erhöhen. „Wir halten es daher für wichtig und zweckmäßig, dass die Versicherung bereits in jungen Jahren und einem mutmaßlich guten Gesundheitszustand abgeschlossen wird“, argumentiert Rehberg.
Wer seine monatliche Belastung am Anfang niedrig halten will, kann eine niedrigere Rentensumme abschließen und auf eine Nachversicherungsgarantie achten. Nach einem besonderen Ereignis – beispielsweise Gehaltssprung, Immobilienkauf oder Familiengründung – können Versicherungsnehmer ihre Rentensumme auf Antrag erhöhen, ohne erneut eine Gesundheitsprüfung durchlaufen zu müssen.
Hände weg von Spar- und Versicherungskombinationen
Hat der Berufsstarter bereits eine Familie, kann sich zusätzlich eine Risikolebensversicherung lohnen. Sie wird an nahe Angehörige nach dem Tod des Versicherten ausgezahlt – dient also der Absicherung der Hinterbliebenen. „Das macht Sinn, wenn andere Personen von dem Einkommen der versicherten Personen abhängig sind“, sagt Rehbein. „Berufsstarterinnen und Berufsstarter brauchen diese Versicherung in aller Regel nicht.“
Kombinierte Spar- und Versicherungsverträge sind generell nicht sinnvoll, sagt Rehberg. Die Rendite-Prognosen der Versicherer seien in den vergangenen Jahrzehnten viel zu häufig nicht eingetroffen. „Die Produkte sind teuer und intransparent, der Todesfallschutz oft unnütz oder unzureichend.“ Der Profi rät stattdessen zu privater Vorsorge etwa über einen Sparplan auf einen breit gestreuten ETF.
Bevor sie aber Geld an der Börse investieren, sollten Berufsstarter sich zuerst um ihre Risikovorsorge kümmern. Das heißt: Die notwendigen Versicherungen abschließen und finanzielle Rücklagen bilden. „Nicht existenzbedrohende Risiken können zunächst unversichert bleiben“, sagt Rehberg. Damit meint er beispielsweise Zahnzusatz- oder Rechtsschutzversicherungen. Derartige Risiken sollten Berufsanfängerinnen stattdessen über eine finanzielle Rücklage in Höhe von zwei bis drei Nettogehältern absichern. „Wer noch nicht so viel verdient, sollte mindestens 2.000 Euro als Rücklage für unerwartete Aufwendungen bilden und nach Nutzung wieder auffüllen“, sagt Rehberg. Dafür empfiehlt er einfache und risikoarme Finanzprodukte wie Tagesgeldkonten.